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Eine Frau zwischen Kohl und Schäuble

 
     
 
Ich wäre für dich durch dick und dünn gegangen. Weshalb sollte ich ein Komplott gegen dich schmieden", brach es während des Kreuzverhörs vor dem Untersuchungsausschuß aus Brigitte Baumeister heraus. Der so Gescholtene war Wolfgang Schäuble. Er war vor dem CDU-Spendenskandal Duzfreund von Brigitte.

Das Buch "Was kostet die Macht?" soll Aufschluß über den Spendensumpf geben, der Angela Merkel an die Spitze der Union katapultiert hat. "Ich hatte recht und er das stabilere Netzwerk und die besseren Nerven", summiert die frühere Schatzmeisterin der CDU die damaligen Vorgänge.

Wer ist die Frau, die von der Bild-Zeitung mit "wilden Sexgerücht
en" während des CDU-Spendensumpfes konfrontiert wurde? Brigitte Baumeister ist die typische CDU-Karrierefrau. Unter der Protektion von Männern wie Helmut Kohl gelangte sie an die Spitze der Macht. Infolge ihrer Verstrickung in den Spendenskandal stürzte sie tief. Mit ihrer Partei verbindet sie heute nichts mehr.

Sie ist Naturwissenschaftlerin. An der Konstruktion des Daches des Münchner Olympiastadions hat sie als junge Frau mitgewirkt. Auch deswegen, glaubt sie, denke sie "wie ein Mann". Machtbewußt ist sie zudem, auch wenn sie das nicht von sich behauptet.

In die Politik ist sie aus Opposition zu den 68ern gelangt. Über die Frauenunion gelangte sie in die große Politik. Schon bei der Schilderung des Starts ihrer Karriere beginnt Brigitte Baumeister mit der Legendenbildung. So schreibt sie: "Je höher ich aufstieg, desto mehr mußte ich mich anpassen." Wer oder was hat sie denn dazu gezwungen, sich anzupassen?

1990 kam der karrieretechnische Quantensprung: Brigitte Baumeister wurde in Böblingen in den Deutschen Bundestag gewählt. Der tagte erstmals im Berliner Reichstag, "von dem soviel Unheil für die Welt ausgegangen war", wie sie politisch korrekt anfügt. Auch von "deutschen Allmachtsphantasien" faselt die 57jährige.

Zunächst begab sie sich auf die Suche nach Assistenten. Sie wurde schnell fündig. Schließlich waren die Grünen gerade an der Fünf-Prozent-Klausel gescheitert. So arbeitete sie mit früheren Beschäftigten der Grünen-Fraktion.

Kanzler Kohl förderte Brigitte Baumeister nach Kräften. Sie wurde Schatzmeisterin der Partei. Und sie hat sich nichts gedacht, als sie beobachten mußte, daß Kohl-Mitarbeitern "Umschläge mit Schecks" in die Hand gedrückt wurden.

Jetzt - im nachhinein - fiel ihr ein, daß Akten verschwunden sind aus dem Amt, dem sie vorstand. Sie versucht, sich als Sauberfrau aufzuspielen, die Licht in das Dunkel gebracht habe. Zum Beispiel in den Fall Müller.

Hannes Müller war ein schlichter Handelsvertreter, der Spenden für die CDU sammelte. Er tat dies vielleicht auch aus Überzeugung. Vor allem aber, weil er 40 Prozent Provision einstrich. Den Vertrag hat Baumeister gekündigt - jedoch nicht, ohne Müller zuvor einen Scheck im Wert von mehr als einer Million Mark persönlich übergeben zu haben.

Baumeister befürchtete, so ihre Biographie, "Teil des Systems" zu werden, wenn sie diese Dinge nicht unterbinde. Sie war jedoch Teil des Systems. Sie hat mit allen verkehrt: Uwe Lüthje, Horst Weyrauch, Walther Leisler Kiep und auch mit Dieter Holzer. Von Karlheinz Schreiber hat sie sich duzen lassen.

Dafür nimmt sie Helmut Kohl, so weit es geht, in Schutz. Er hat während der Krise zur ihr gestanden, das hat sie nicht vergessen. Dafür läßt sie Wolfgang Schäuble im denkbar schlechtesten Licht erscheinen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Buch.

"Im nachhinein denke ich, daß ihn nicht nur meine mütterlich-sorgende Seite anzog", läßt sie den Leser wissen. Es kommt noch besser: "Und ich deutete Zeichen nicht oder falsch. Wenn wir beispielsweise im Fond seines Wagens saßen, kam es vor, daß er meine Hand nahm, eine liebenswerte Geste." Brigitte Baumeister spekuliert, Schäuble habe sie "als Frau besitzen" wollen.

Realitätsnaher wirkt dagegen ihre Schilderung der Vorgänge um die 100.000-Mark-Spende des Waffenschiebers Karlheinz Schreiber. Es spricht einiges dafür, daß in der Tat sie das Geld von Schreiber entgegengenommen hat - und nicht Schäuble.

Später wurde diese Frage zum Fallstrick für Brigitte Baumeister. Schäuble war Parteivorsitzender, die Union glaubte ihm, nicht der früheren Schatzmeisterin. Die menschlichen Defizite Schäubles, die Baumeister schildert, konzentrieren sich einzig und allein auf sein Verhalten im Spendenskandal.

Aber ist da nicht mehr? Schäubles Verhalten während des Einigungsprozesses, also die Lüge hinsichtlich der Enteignungen, ist kein Thema für Baumeister. Die Regierungsfraktionen haben wenigstens noch andere Patzer Schäubles entdeckt, zum Beispiel seine falschen Aussagen im Schalck-Golodkowski-Ausschuß.

All das vermißt der Leser von "Welchen Preis hat die Macht?" genauso wie eigene politische Visionen der Frau. Sie ist eine Karrieristin, die von dem System, das sie gefördert hat, schließlich unsanft "entsorgt" wurde. Ihre Verbitterung ist insofern verständlich.

Aber ist sie nicht selbst schuld? Ist sie nicht selbst "groß geworden" in dem System, in dem "nahezu jeden Tag neue Skandale und Hiobsbotschaften die Lage in Deutschland diktieren"? "Niemand hakt nach, niemand verlangt Konsequenzen", moniert sie. Hat Brigitte Baumeister in den sechs Jahren als Schatzmeisterin nachgehakt? Nein, sie hat sich arrangiert. R. Gläser
 
     
     
 
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