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Ja, nein, vielleicht doch, möglicherweise, ja, aber nur wenn ..." Wenn es um die stark umstrittene Ausbildungsabgabe geht, glänzt die SPD durch Unentschlossenheit. Seit weit über einem Jahr geistert die Diskussion um die Ausbildungsplatzabgabe durch die Republik, doch außer einigen Gewerkschaftern und dem linken Flügel von SPD und Grünen glaubt keiner an einen wirklichen Erfolg einer solchen Zwangsabgabe.
Die Idee, die dahinter steckt, ist an sich von edlen Motiven geleitet. Franz Müntefering verteidigt sein Vorwärtsdrängen bezüglich Ausbildungsplatzabgabe damit, daß es nicht gerecht sei, wenn junge Menschen gleich von der Schulbank in die Arbeitslosigkeit entlassen würden. Und da nur 30 Prozent der Unternehmen derzeit ausbilden würden, müsse der Staat hier regulierend eingreifen. "Wenn die Wirtschaft es schafft, ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, dann wird auch das Gesetz nicht zur Anwendung gelangen", beschwichtigt Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder verweist darauf, daß die Wirtschaft die Zukunft der Ausbildungsplatzabgabe selbst in der Hand habe. Schließlich würde diese nur greifen, wenn es zum 30. September noch eine Ausbildungsplatzlücke gäbe. "Wenn die Wirtschaft aber ihrer Verantwortung nicht nachkommt, muß der Gesetzgeber handeln. Und das wird er auch tun." Wie jedoch die geplante Ausbildungsplatzabgabe dann konkret aussieht, weiß noch keiner so recht.
"Wir wollen wissen, worauf wir uns in der politischen Debatte einlassen können. SPD und Grüne müssen ihre Rumeierei beenden", macht Rolf Kurz, Präsident des Bundesverbandes der Selbständigen (BDS), seinem Ärger Luft. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Georg Braun, droht sogar schon mit rechtlichen Schritten, sobald ein Gesetzesentwurf vorliege.
Glaubt man dem Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, so fanden 2003 gerade mal 2,7 Prozent der Bewerber keinen Ausbildungsplatz. "Die SPD plant wegen einer kleinen Minderheit mit meist schlechten Schulergebnissen eine teure Umverteilungspolitik, die Unternehmertum weiter unattraktiv macht", klagt Rolf Kurz vom BDS.
Michael Sommer, der Vorsitzende des DGB, bringt jedoch ganz andere Zahlen in die Diskussion. Bei ihm ist nicht die Rede von rund 20.000 fehlenden Ausbildungsplätzen im Jahr 2003, sondern gleich von 200.000, also dem Zehnfachen. Mit seinen erschreckenden Zahlen stachelt er die hin- und hergerissene Regierung zur Durchführung ihres Vorhabens an. Er fordert sogar eine möglichst hohe Ausbildungsplatzabgabe, denn "eine Peanuts-Abgabe würde nichts bringen".
Hermann Franzen, Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, hingegen kann solcherlei Äußerungen nur voller Unglauben zur Kenntnis nehmen: "Gegen jede ökonomische Vernunft versuchen ihre Befürworter die Ausbildungsplatzabgabe durchzusetzen." Das geplante "bürokratische Monster" würde nur zu weniger Ausbildungsplätzen führen, da viele sich lieber von der Ausbildungspflicht freikaufen würden, als sich mit den Aufgaben einer qualifizierten Ausbildung zu belasten. Die Realität würde dann weg von der angestrebten dualen Ausbildung hin zu betriebsfernen Bildungseinrichtungen in staatlicher Regie à la Planwirtschaft führen. Dies könne doch nicht erwünscht sein.
Eigentlich sollte die Ausbildungsplatzabgabe ja auch ein Geschenk an den durch die Reformen an seine Akzeptanzgrenzen gebrachten linken Flügel von SPD und Grünen sein. Doch während der sich über die nun endlich eintretende "soziale Gerechtigkeit" freut, paktieren andere SPD-Politiker offenbar mit den Vertretern aus der Wirtschaft. So äußerte sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis sehr ablehnend. In ihrem Bundesland habe man sich bisher mit der Wirtschaft immer einigen können. "Ich halte es für kontraproduktiv, eine Zwangsabgabe einzuführen", verkündet die SPD-Politikerin und sagt damit fast wörtlich dasselbe wie Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, für den "schon das ewige Gerede über eine Zwangsabgabe schädlich und kontraproduktiv" ist. Aber auch in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz teilt die SPD die abwehrende Haltung der Arbeitgeber- und nicht die der Arbeitnehmerverbände. Ja, sogar aus den Reihen der Arbeitnehmerverbände kommen kritische Stimmen. Jörg Hofmann, der Bezirksleiter der IG Metall in Baden-Württemberg, drängt auf eine tarifvertragliche Lösung.
Es scheint nahezu so, als hätte sich der Bundeskanzler mal wieder zwischen alle Stühle gesetzt. Einerseits die ideologischen Wünsche seiner linken Parteigenossen, andererseits die ökonomischen Argumente der Wirtschaft, die anmerkt, daß die wirtschaftliche Gesamtsituation und die unzureichende Vorqualifikation der Bewerber auch einer Beachtung bedürften.
Man kann angesichts der nachvollziehbaren Warnungen der Fachleute nur hoffen, daß Schröder die Ausbildungsplatzabgabe nicht wirklich durchsetzt, sondern allenfalls zur Beruhigung der eigenen Leute hin und wieder als leere Drohung aus dem Hut zaubert. Deutschland braucht keine weiteren bürokratischen Hürden. Der weltweite Wettbewerb ist "dank" Globalisierung schon hart genug. Nur wer Leistung bringt, kann bestehen - würde das auch für die Bildungspolitik gelten, wäre zumindest das Problem der unqualifizierten Bewerber passé. |
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