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Wenigstens in einem Bereich kann das krisengeschüttelte Europa weltweit seine Spitzenstellung verteidigen - im Tourismus. Von 760 Millionen Ankünften von Reisenden aus dem Ausland zog es 415 Millionen auf den alten Kontinent, was somit 55 Prozent aller Touristen weltweit ausmachte.
Insgesamt ist die Reiselust trotz Terrorismus, Umweltkatastrophen und Wirtschaftsproblemen im vergangenen Jahr um 9,5 Prozent angestiegen. In der gleichen Höhe wuchs auch die Zahl der Deutschlandbesucher. Von den 20,1 Millionen Urlaubern und Geschäftsreisenden stammten drei Viertel aus Europa. Vor allem die Niederländer (2,9 Millionen) zog es über ihre östliche Grenze, aber auch die Briten (1,8 Millionen) erwiesen sich beim Reisen als unerwartet deutschfreundlich. Es folgten die Schweizer (1,4 Millionen) und die Italiener (1,2 Millionen). Von den Nichteuropäern lagen die Amerikaner mit 2,3 Millionen Deutschlandbesuchern an der Spitze. Trotz starken Euros war dies ein Zuwachs um 14 Prozent.
Den größten Anteil der Touristen in Deutschland stellen aber immer noch die Deutschen selber. 96 Millionen Reisende durchkreuzten ihr eigenes Heimatland. Hierbei bevorzugte ein Drittel von ihnen die süddeutschen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg .
Doch die Heimatliebe der Deutschen ist nur begrenzt. Viele von ihnen zieht es dann doch über die eigenen Grenzen hinweg. Zur Überraschung aller war Spanien 2004 allerdings nur das Lieblingsland Nummer 2. An der Spitze lag nämlich Österreich. Es folgten Italien, Frankreich und die Türkei.
Diese ungebrochene Reiselust ins Ausland spürt auch Hans Eichel in seiner Kasse. Nicht nur, daß sich in Zeiten schlechter Konjunktur die Menschen ihren Urlaub im wahrsten Sinne des Wortes vom Munde absparen und somit die schwache Binnennachfrage weiter schwächen, gaben die Deutschen 2004 auch noch 58 Milliarden Euro ihres Geldes außerhalb des Landes aus, während auswärtige Besucher vergleichsweise geringe 22 Milliarden Euro in deutschen Hotels und Gaststätten ließen. Ein Defizit von 36 Milliarden Euro, das angesichts der schwachen Binnennachfrage ein Fiasko für den heimischen Markt darstellt.
Trotzdem profitiert dieser nicht unbeachtlich vom Geschäft mit den Urlaubern. Zehn Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung wurden 2004 im Tourismussektor erbracht. Im Vergleich zu Spanien, das 20 Prozent seines Bruttoinlandproduktes auf diesem Sektor erwirtschaftet, ist dies zwar wenig, aber immerhin beschäftigt die Branche rund vier Millionen Menschen in Deutschland.
Und das Reisen geht weiter. Von Januar bis Mai 2005 konnte Deutschland abermals fünf Prozent mehr Auslandsgäste zählen als im Januar bis Mai 2004. Inwieweit das ruhige Land sogar vom Terror profitiert, werden Vergleichszahlen zeigen. |
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