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Unionspolitiker Hohmann fragt nach Gesamtumfang der deutschen Leistungen

 
     
 
Der bekannte Völkerrechtler Prof. Blumenwitz hatte sich vor einiger Zeit in einem Artikel mit der Frage der deutschen Vermögensverluste nach dem Zweiten Weltkrieg und den deutschen Reparationsleistungen befaßt.

Zu diesem Thema hat der Abgeordnete Martin Hohmann, CDU/CSU, eine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet. Auf seine Frage: "Wie groß, nach damaligem und heutigem Wert, waren die deutschen Reparationsleistungen nach dem Zweiten Weltkrieg aus Beschlagnahme von deutschem In- und Auslandsvermögen, deutschen Patenten, aus Demontage, Materiallieferungen (Entnahme aus laufender Produktion) und Enteignung mobiler und immobiler Vermögenswerte?" antwortete der Parlamentarische Staatssekretär Karl Diller:

"Die erbetenen Angaben über den Wert deutscher Reparationsleistungen nach dem Zweiten Weltkrieg sind in der gewünschten Form nicht möglich, da dem Bund entsprechendes Zahlenmaterial darüber nicht vorliegt. Das Ergebnis bisheriger Recherche
n über die finanziellen Auswirkungen des Krieges ist der beigefügten Zusammenstellung der ,Kriegsfolgeleistungen insgesamt‘ (Stand: 31. Dezember 1997) zu entnehmen, die damit auch einen Überblick über die Reparationen Deutschlands gibt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat es – zumindest für die Bundesrepublik Deutschland – keine dem Versailler Vertrag vergleichbaren Reparationsregelungen und damit auch keine nachvollziehbaren längerfristigen Reparationszahlungen gegeben. Vielmehr haben die Siegermächte einseitig Reparationen entnommen.

Verbindliche Aufzeichnungen darüber gibt es nicht. Verbindliche Angaben über von der ehemaligen DDR erbrachte Reparationen können ebenfalls nicht gemacht werden.

Ebensowenig können definitive Angaben zu den einzelnen Arten der von Deutschland erbrachten Reparationen oder gar eine Aufteilung nach deren damaligem und heutigem Wert gemacht werden. Lediglich in Form einer Zusammenfassung der in diesem Zusammenhang relevanten Bereiche, die jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, kann ein Überblick über deutsche Reparationen und andere in dieser Beziehung bedeutsame Leistungen nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben werden.

Die über Reparationen verfügbaren Zahlen sind nicht authentisch und beruhen im wesentlichen auf Schätzungen, da der Bund erforderlichenfalls auch nur auf die Literatur zurückgreifen kann, die den meisten wissenschaftlichen Bibliotheken zur Verfügung steht.

Darüber hinaus enthält die Zusammenstellung der Kriegsfolgeleistungen weitere Leistungen zur Bewältigung der Auswirkungen des Krieges, zu denen beispielsweise die im Rahmen des Lastenausgleichs gewährten Hilfen gehören. Auch insoweit liegen jedoch nur Zahlen aus einzelnen Bereichen vor.

Der gesamte Wert der von den Siegermächten in unmittelbarem Zugriffe genommenen Vermögenswerte sowie anderer deutscher Leistungen konnte bislang nicht festgestellt werden und wird nach Lage der Dinge wohl auch nicht mehr annähernd genau zu erfassen sein."

Bundesministerium der Finanzen. Kriegsfolgeleistungen: Insgesamt (Stand: 31. Dezember 1997):

Die finanziellen Auswirkungen geschehenen NS-Unrechtes und des Zweiten Weltkrieges insgesamt zu erfassen ist unmöglich. Die nachfolgende Aufstellung kann daher nur unvollständig sein. Sie beruht zum einen auf haushaltsmäßig erfaßten monetären Leistungen, die, wegen der gesetzlichen Vorgaben, regelmäßig nur einen Teil des tatsächlich entstandenen Schadens im Einzelfall wiedergeben, zum anderen auf nicht amtlichen Quellen und / oder Schätzungen.

Die Zusammenstellung berücksichtigt z. B. – soweit feststellbar – sowohl die eigenverantwortlichen Entnahmen der Siegermächte aus den Besatzungszonen, Reparations- und Restitutionsleistungen der Bundesrepublik Deutschland auf Grund gesetzlicher Vorgaben und zwischenstaatlicher Vereinbarungen, Leistungen aus dem Bereich der Kriegsopferversorgung sowie der Wiedergutmachung und Entschädigung von NS-Unrecht nach innerstaatlichem Recht.

Unter dem Vorbehalt, daß die zur Verfügung stehenden Zahlen zum Teil unvollständig sind, oft nur auf Schätzun- gen und/oder nichtamtlichen Quellen beruhen und somit weder absolute Genauigkeit beanspruchen können noch als offizielle Aussagen gewertet werden dürfen, ist ohne Berücksichtigung der umfangreichen Gebietsverluste mit ihrer wirtschaftlichen Kapazität von folgenden bisherigen Leistungen auszugehen:

Deutsche Restitutions-, Reparations- und Entschädigungsleistungen (ohne innerstaatliche Leistungen, vgl. dazu II.)

1. Westliche Besatzungszone

Die von der Pariser Reparationskonferenz 1946 für die Abrechnung der Reparationen in der "Westzone" (d. h. Bundesrepublik Deutschland und westliches Auslandsvermögen) eingesetzte Inter-Alliierte Reparationsagentur (IARA) hat in ihrem Abschlußbericht im Jahre 1961 die von ihr erfaßten und verteilten Werte auf rund 520 Millionen Dollar nach dem Kurswert von 1938 beziffert. Diese Zahl ist jedoch zu niedrig gegriffen.

Ausgegangen werden muß hier von folgenden Leistungen:

1.1 Ablieferung von Münzen und Barren aus Edelstahl sowie ausländischen Valuten (Proklamation der Oberbefehlshaber der Besatzungsstreitkräfte vom 20. September 1946, Abschnitt V Nr. 15; ABL des Kontrollrates Nr. 1, S. 8–19): Wert nicht bekannt.

1.2 Restitution von Vermögensgegenständen; Dienstleistungen zur Wiederherstellung zerstörter Gegenstände und Beseitigung von Schäden (Proklamation vom 20. September 1945, Abschnitt VI).

1.3 Entnahme von Industrieausrüstungen, anderen Ausrüstungsgütern und Handelsschiffen (Pariser Abkommen vom 14. Januar 1946, Art. 1, Kategorie B). In der Begründung zum Reparationsschädengesetz vom 12. Februar 1969 (BT vom 23. Dezember 1967, S. 77 ff.) werden die Reparations- und Restitutionsschäden im Bundesgebiet auf insgesamt 4,782 Milliarden RM (Wert 1938) geschätzt.

1.4 Holz- und sonstige Zwangsexporte aus der laufenden Produktion: 0,4 Milliarden RM (BT-Drucksache V/2432, S. 88 ff.).

1.5 Urheberrechte: 0,1 Milliarden RM (BT-Drucksache V/2432, S. 77 ff.).

1.6 Beschlagnahme gewerblicher Schutzrechte (Patente, Warenzeichen, Handelsmarken) sowie Herstellungsverfahren und Forschungsergebnisse im In- und Ausland (Londoner Abkommen über die Behandlung deutscher Patente vom 27. Juli 1946):

Nach einer Schätzung der Notgemeinschaft für reparationsgeschädigte Industrie vom Frühjahr 1951 betrug der Wert der im gesamten Reichsgebiet beschlagnahmten Patente und Gebrauchsmuster 12–15 Milliarden RM und der Wert der Warenzeichen etwa 3 Milliarden RM: der Gesamtwert der im In- und Ausland beschlagnahmten deutschen Schutzrechte wird mit 17–20 Milliarden RM angegeben, davon kamen zwei Drittel den westlichen Siegerländern und ein Drittel der Sowjetunion zugute.

(Am Abend der Demontage – Sechs Jahre Reparationspolitik, herausgegeben vom Bremer Ausschuß für Wirtschaftsforschung, Bremen 1951, S. 126 f.)

1.7 Reparationsschäden in den deutschen Ostgebieten, Umsiedlungsschäden (ohne Ansprüche nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG) in der Fassung vom 2. Juni 1993, vgl. RT-Drucksache V(2432, S. 77 f. – Tabelle Nr. 1c), d), f) und h): 1,312 Milliarden RM.

1.8 Einsatz deutschen Auslandsvermögens einschließlich Vermögen im neutralen Ausland (vgl. Kontrollratsgesetz Nr. 5 vom 30. Oktober 1945, ABI, des KR Nr. 2, S. 27–31). Die Abrechnung erfolgte nach den Richtlinien der IARA vom 21. November 1947 (vgl. Böhmer-Duden-Janssen, Deutsches Vermögen im Ausland, herausgegeben vom Bundesministerium, der Justiz, Bd. 1 , S. 20 ff.; Bd. 3, S. 26 ff.). Erfaßt wurden Grundbesitz, Unternehmen, Beteiligungen an ausländischen Unternehmen (Aktien usw.), gewerbliche Schutzrechte sowie Guthaben. Der Wert (ohne gewerbliche Schutzrechte, vgl. dazu oben Nr. 1.6) wird in der Begründung zum Reparationsschädengesetz (BT-Drucksache V/2432, Tabelle S. 78 Nr. 1e) mit 13,042 Milliarden RM angegeben.

Summe 1.1–1.8 (Wert 1938, soweit bezifferbar); 39,636 Milliarden RM

Im Rahmen der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz, dem Bundesrückerstattungsgesetz, dem Abkommen mit Israel und diversen Globalverträgen u. ä. sowie nach den Härteregelungen) hat die Bundesrepublik bis zum 31. Dezember 1997 rund 102,1 Milliarden DM gezahlt. Rund 80 vom Hundert der Leistungen (ca. 81,7 Milliarden DM) gingen ins Ausland.

Hierin sind Leistungen in Milliardenhöhe für Wiedergutmachung in der Sozialversicherung und in der Kriegsopferversorgung nicht erfaßt; soweit sind genaue Zahlen statistisch nicht feststellbar.

Darüber hinaus wurden Leistungen zur Entschädigung der luxemburgischen, elsässischen und lothringischen Zwangsrekrutierten in Höhe von etwa 0,3 Milliarden DM erbracht.

Den Republiken Estland (1995) und Litauen (1996) wurden je zwei Millionen DM für die Unterstützung humanitärer Investitionen zur Verfügung gestellt, die den individuellen Bedürfnissen von dortigen NS-Opfern nahe kommen sollen. Eine entsprechende Vereinbarung mit der Republik Lettland steht noch aus. Individualentschädigungen werden über die Stiftungen "Verständigung und Aussöhnung" in Moskau (Republiken Lettland und Litauen) und Minsk (Republik Estland) abgewickelt.

Zu berücksichtigen sind ferner die Leistungen der Bundesrepublik nach Art. 4 Londoner Schuldenabkommen, durch die Vorkriegsschulden des Reiches erfüllt wurden; sie betrugen insgesamt 14 Milliarden DM.

Summe 1.1–1.9 (soweit bezifferbar): 135,6 Milliarden DM

Auf Grund einer Verpflichtungsermächtigung im Bundeshaushaltsplan 1997 stellt die Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1998 bis 2000 einen Betrag in Höhe von insgesamt 80 Millionen DM für Zuschüsse an einzurichtende Stiftungen "Verständigung und Aussöhnung" in den mittel- und osteuropäischen Staaten zur Verfügung, mit denen Globalentschädigungsabkommen bislang noch nicht geschlossen wurden.

Darüber hinaus wird die Bundesrepublik Deutschland dem 1997 errichteten Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds einen Betrag in Höhe von 140 Millionen DM zur Verfügung stellen.

Die Mittel werden der Finanzierung von Projekten gemeinsamen Interesses dienen. In Betracht kommende Projekte sollen insbesondere Opfern nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen zugute kommen.

2. Sowjetische Besatzungszone

Der Wert der Entnahmen aus der Sowjetzone und späteren DDR betrug nach Schätzungen des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen (vgl. DDR-Handbuch, herausgegeben vom BM für innerdeutsche Beziehungen, Bd. 2, 3. Auflage, Köln 1985, Stichwort "Reparationen") insgesamt 6,1 Milliarden Mark (der DDR). Nach kritischer Auswertung dieser Unterlagen schlüsseln sich die geschätzten Beträge der Reparationsleistungen seit Kriegsende bis 1953 wie folgt auf:

2.1 Verluste an Sach- und Kunstwerten durch Beuteaktionen: 2,00 Milliarden Mark

2.2 Verluste durch Demontagen: 5 Milliarden Mark

2.3 Leistungen, die mit erbeuteten Banknoten bezahlt wurden: 6 Milliarden Mark

2.4 Leistungen, die mit Besatzungsgeld bezahlt wurden: 9 Milliarden Mark

2.5 Warenlieferungen aus der laufenden Produktion, soweit sie über R.-Konten verrechnet wurden: 34,70 Milliarden Mark

2.6 Nebenkosten der R.-Lieferungen: 2,85 Milliarden Mark

2.7 Stopp-Preissubventionen an deutsche und SAG-Betriebe für R.-Lieferungen: 3,30 Milliarden Mark

2.8 Ausstattung der SAG-Betriebe mit Umlaufmitteln (vor 1950) und Kapitalentzug 1952/53: 1,00 Milliarden Mark

2.9 Rückkauf der SAG-Betriebe: 2,55 Milliarden Mark

Summe 2.1–2.9: 66,40 Milliarden Mark

Bei einem Dollarkurs von 4,20 betrug die Gesamtentnahme aus der Sowjetzone bzw. DDR bis 1953 15,8 Milliarden Dollar. In dieser Zusammenstellung sind nicht enthalten: rund 16 Milliarden Mark Besatzungskosten für die Zeit bis Ende 1953, der Nutzen aus der Arbeitsleistung nach der Sowjetunion verbrachter deutscher Spezialisten und der Kriegsgefangenen, der Nutzen aus dem Uranbergbau, aus der Tätigkeit der sowjetischen Handelsgesellschaften in der DDR und aus der Auswertung deutscher Patente (etwa 6 Milliarden RM, vgl. Nr. 1.0).

Innerstaatliche Leistungen

Die folgenden Leistungen sind oder waren für kriegsbedingte Personenschäden und Vermögensverluste (einschließlich der Vermögensverluste in den Ostgebieten) und zum Ausgleich indirekter Kriegsfolgen deutscher Staatsangehöriger bestimmt:

1. Leistungen im Rahmen der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (vgl. I, Nr. 1.9): 20,4 Milliarden DM

2. Lastenausgleich (einschließlich Reparationsschäden und Restitutionsschäden): 143,5 Milliarden DM

3. Allgemeines Kriegsfolgengesetz (Leistungen an durch das Reich geschädigte Personen und schließlich Leistungen nach § 233a SGB VI und zur Beseitigung von Gefahren im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 AKG): 3,8 Milliarden DM

4. Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz: 2,8 Milliarden DM

5. Häftlingshilfegesetz: 2,7 Milliarden DM

6. Kriegsopferversorgung (Bundesversorgungsgesetz inklusive aller Nebengesetze) 405,7 Milliarden DM

7. Versorgung nach Art. 131 GG (einschließlich Leistungen nach § 233a SGB VI): 173,6 Milliarden DM

8. Leistungen nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (ohne Vertriebenenzuwendung, vgl. hierzu 9): 0,44 Milliarden DM

9. Vertriebenenzuwendungsgesetz: 2,1 Milliarden DM

10. Bundesvertriebenengesetz: 0,9 Milliarden DM

Summe 1.–10.: 755,9 Milliarden DM

In den vorgenannten Leistungen sind auch solche enthalten, die auf Grund der Überleitung einzelner Regelungen auf das Beitrittsgebiet dort nach der Wiedervereinigung erbracht wurden.

In welcher Höhe von Kriegsende bis zur Wiedervereinigung in der ehemaligen DDR nach dort geltendem Recht Leistungen erbracht wurden, ist nicht bezifferbar, die Leistungen erreichen bei weitem nicht die westdeutschen Leistungen.

Private Initiativen, die im Zusammenhang mit Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkrieges ergriffen wurden:

Folgende Unternehmen haben im Hinblick auf die seinerzeit dort eingesetzten Zwangsarbeiter Zahlungen an die Conference on Material Claims against Germany – Claims Conference –, das Deutsche Rote Kreuz und weitere Verbände geleistet (BT-Drucksache 11/6286):

1. I. G. Farbenindustrie: 27,0 Millionen DM

2. Krupp: 10,0 Millionen DM

3. AEG: 4,0 Millionen DM

4. Siemens: 7,0 Millionen DM

5. Rheinmetall: 2,5 Millionen DM

6. Feldmühle Nobel AG (als Rechtsnachfolgerin der Friedrich Flick Industrieverwaltung KG a. A.): 5,0 Millionen DM

7. Daimler Benz AG: 20,0 Millionen DM

Summe 1.–7.: 75,5 Millionen DM (DOD)

 
     
     
 
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