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Ein mit Kontrasteffekten glänzend operierendes Riesenfresko, dessen Figuren sich mir, gewiß nicht zufällig, am stärksten eingeprägt haben", nannte der bekannte Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki den historischen Roman "Ein Kampf um Rom" von Felix Dahn. Und auch Günter Grass bezieht sich in seiner "Blechtrommel" auf die Helden der Gotensaga. Selbst für das Kino wurde der Stoff bearbeitet, von keinem Geringeren als Robert Siodmak, der 150.000 Komparsen einsetzte! Auch der "Eiserne Kanzler", Otto von Bismarck, der von solcher Art Lektüre ansonsten nicht begeistert war, soll Dahns Roman gleich zweimal gelesen haben ...
In Königsberg war es, wo Dahn diesen großen deutschen Historienroman vollendete. Ganze Generationen von Jungen haben ihn geradezu verschlungen und sich von dem Heldenkampf der Gotenkönige Totila und Teja gefangennehmen lassen. "Ein Kampf um Rom" gehörte einst zu den meistgelesenen Büchern. Und auch heute wird er die Leser noch in seinen Bann ziehen. Das dachten sich jedenfalls die Verantwortlichen bei dtv und gaben dieses "letzte große Beispiel des geschichtlichen Romans des 19. Jahr-hunderts" nach der Erstausgabe, Leipzig 1876, neu heraus (mit einem Essay zu Leben und Werk des Autors von Hans-Rüdiger Schwab. 1.128 Seiten, brosch., 12,50 Euro).
Der vor 170 Jahren, am 9. Februar 1834, in Hamburg als Sproß einer Schauspielerfamilie geborene Felix Dahn gilt einerseits als einer der "bedeutendsten Vertreter der deutschen Staats- und Rechtsgeschichte", andererseits aber wird er auch als letzter Vertreter des sogenannten "Professorenromans" von der Literaturgeschichte gewürdigt. Seine Balladen und Gedichte, seine Romane und Novellen füllen Bände, so umfaßte 1899 die erste Gesamtausgabe seiner poetischen Werke 21 Bände. Kein Wunder, daß der Hamburger einst als Erfolgsschriftsteller gefeiert wurde.
Felix Dahn studierte in München und Berlin Jura, wandte sich aber zugleich auch den schönen Künsten, besser der Literatur, zu und war Mitglied von Dichtergesellschaften, so von "Das Krokodil" in München und von "Tunnel über der Spree" in Berlin. 1862 wurde Dahn Privatdozent für Rechtsgeschichte an der Universität München, bis er 1863 nach Würzburg ging, wo er eine Professur erhielt. Im Jahr 1872 folgte er dann dem Ruf an die Königsberger Albertina und richtete sich am Pregel häuslich ein. Wirklich begeistert war er zunächst nicht von dem Klima, das ihn in seiner neuen Umgebung erwartete, seine großen Erfolge aber sollte er in Königsberg feiern, und so reimte Felix Dahn humorvoll: "Der Wind, der Wind ist ein himmlisches Kind - aber am Pregel ist er ein Flegel."
Dahn heiratete Therese von Droste-Hülshoff, eine Nichte der Annette von Droste-Hülshoff, und schrieb Dramen, die in Königsberg uraufgeführt wurden. Eng befreundet war er übrigens mit einem anderen Juristen, der sich der Literatur verschrieben hatte: Ernst Wichert (1831-1902). Auch Wichert schrieb historische Romane wie etwa "Heinrich von Plauen" (1877) oder "Der Große Kurfürst in Preußen" (1887).
Felix Dahn kam es zweifellos zugute, daß er über umfangreiche und fundierte historische Kenntnisse verfügte. Sie waren die Grundlage für seine Romane und Novellen, aber auch für seine Balladen. Noch heute kennt der eine oder andere Leser "Die Mette von Marienburg", hat er die Verse doch in der Schule auswendig lernen müssen.
Dahns historische Werke wurden sogar in andere Sprachen übersetzt. Es war vor allem die Zeit der germanischen
Völkerwanderung, die der Hamburger in den Mittelpunkt seines Schaffens stellte. Weit spannte er den Bogen - von den Anfängen bis hinein ins Mittelalter, und wo das Dunkel der Geschichte nicht erforscht war, da ließ er seine Phantasie spielen.
1888 folgte Felix Dahn dem Ruf nach Breslau an die dortige Universität. Sein Haus am Schweidnitzer Stadtgraben wurde bald zu einem geselligen Mittelpunkt. Das mag nicht zuletzt auch an seiner Frau Therese gelegen haben, die ihm zur treuen Mitarbeiterin wurde und die nach seinem Tod am 3. Januar 1912 ihren "Salon" glanzvoll weiterführte.
Seine letzte Ruhestätte fand der Schriftsteller und Historiker auf dem Friedhof der Breslauer Maria-Magdalenen-Gemeinde. Damals schon lag sein Bestseller in der 126. Auflage vor. Und man darf gewiß sein: Selbst im 21. Jahrhundert werden die Abenteuer und Verwicklungen der Helden von einst die Leser in ihren Bann ziehen. |
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