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Sie gingen durch den Park. An einem Ostermorgen. Sie, die Frau, und er, der Mann. Die Sonne schien schon recht warm, richtig vorsommerlich, und es war, als sei es pures flimmerndes Gold, das da aus den Zweigen der Bäume tropfte. Erstes Bunt zaghafter Frühlingsblumen ragte scheu aus dem Waldboden.
Sie hatten einander eingehakt, schritten an diesem herrlichen Ostermorgen über den leise knirschenden Kies, wunschlos und zufrieden. "Ostern", sagte die Frau. "Ja, Ostern", sagte der Mann. Da sahen sie eine Bank stehen. Eine einfache Holzbank mit einer Rückenlehne. "Erinnerst du dich?" fragte der Mann. "Die Bank", sagte die Frau. "Ja, diese Bank hier. Komm, wir wollen uns setzen, denn es ist unsere Bank." Die Frau lächelte. Sie sagte: "Hier saßen wir auch an jenem Ostermorgen - bald nachdem wir geheiratet hatten. Weißt du noch, wir fanden erst nicht den Mut zu heiraten, da du in deinem Beruf für die damaligen Verhältnisse nicht genug verdientest?" - "Es ist aber alles gutgegangen", erwiderte der Mann. "Ein oder zwei Gehaltserhöhungen ..." - "Und dann", fuhr die Frau fort, "ja, ich erinnere mich noch genau ... An einem Ostermorgen, da nahmen wir Abschied und hatten Angst, daß es wirklich ein Abschied sein könnte. Nach den Feiertagen solltest du operiert werden. Ein heikler Eingriff ..." - "Hinterher", sagte der Mann, "war es dann doch nicht so schlimm." - "Und noch früher ...", die Frau schmiegte sich an ihn, "an einem Abend ... auf dieser Bank ... Statt der Sonne schien der Mond, weißt du noch? Wir kannten uns noch gar nicht so lange ... Wir beide, ganz allein ... und etwas Neues erwachte in uns ..."
"Die Liebe", sagte der Mann. "Da hast du mich das erste Mal geküßt, auf dieser Bank." - "Und es ist alles gutgegangen ..." Sie schwiegen. Und nur aus der Ferne kam das fröhliche Lachen einiger Kinder.
Plötzlich lachte auch der Mann und meinte: "Und noch früher ... kaum, daß wir laufen konnten, die Bank war noch ganz neu, unsere Bank ... da kamen deine und meine Eltern hierher in den Park. Auch an den Ostertagen. Sie haben es uns erzählt. Sie versteckten für uns Kinder allerlei Süßigkeiten unter den Bäumen und im Gebüsch ... Weißt du noch ...?"
Das fröhliche ferne Lachen kam näher. "Ja", sagte die Frau. Sie lächelte. "Sieh, und das ist doch das Wesentliche - wir haben uns immer bemüht, dem Leben die guten Seiten abzugewinnen. Die süßesten ..." - "Es ist uns nicht immer leicht gefallen", sagte der Mann. "Aber es ist uns gelungen", fügte die Frau hinzu. Hierauf schwiegen sie wieder.
Dann ergriff die Frau erneut das Wort: "Hörst du sie?" - "Wen? Die Vögel? Ja, ich höre sie. Einige von ihnen sitzen hier oben im Baum, über uns ..." - "Die meine ich nicht", sagte die Frau. "Ich meine die Kinder. Ihre Stimmen. Ihr Lachen. Sie kommen immer näher, sie kommen genau auf uns zu ... Jetzt kannst du sie sehen, dort vorn, bei den Eichen ..." Und dann kamen sie wirklich daher, die Kinder. Eine fröhlich lachende Kinderschar. Und sie suchten zwischen dem ersten Bunt zaghafter Frühlingsblumen nach all jenen Süßigkeiten, die die Erwachsenen für sie versteckt hatten. Und das Leben selbst ...
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