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In den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges wurde die Ostsee zu einem "Meer der Hoffnung" für mehr als zwei Millionen Menschen aus Ost- und Westpreußen, Danzig und Pommern. Frauen, Kinder und alte Menschen verließen aus Angst vor der Roten Armee ihre Heimat. Die deutsche Kriegsmarine setzte über 1.000 Schiffe zu ihrer Rettung ein. Das Schicksal der "Wilhelm Gustloff ", der "Steuben" und der "Goya" sind wohl die bekanntesten Tragödien der Flucht über die offene See. Sie hat der Überlebende der "Wilhelm Gustloff" Heinz Schön schon in einigen Dokumentationen vertiefend thematisiert. Der Autor, dessen Recherchen auf diesem Gebiet Einmaligkeit erlangen und auf die auch Günter Grass für seinen Roman "Der Krebsgang" zurückgegriffen hat, hat nun ein neues Buch herausgebracht. In "Die Tragödie der Flüchtlingsschiffe - Gesunken in der Ostsee 1944/45" führt er nicht nur die größten und spektakulären Fälle von untergegangenen Flüchtlingsschiffen an, sondern führt auch akribisch jeden kleinen Frachter an, der von den Alliierten versenkt wurde. Die zahlreichen menschlichen Tragödien, die er dabei aufführt, erschüttern.
So fragt Cäcilie Alshut am Ende ihres Erlebnisberichtes: "Kann es Grauenhafteres geben, als seine Kinder so elend sterben zu sehen, ohne ihnen helfen zu können?" Doch nicht nur, daß die Mutter ihre drei Kinder hat ertrinken sehen müssen, der Schmerz in den Augen ihres Mannes war, als erlebe sie alles ein zweites Mal. "Eines Tages im September 1945 steht mein Mann vor der Tür, aus der Gefangenschaft entlassen. Ein Wiedersehen - nicht mit Worten zu beschreiben. Er packte seine Mitbringsel aus, Süßigkeiten für die Kinder. Er schaute sich nach diesen um. Fragende Blicke treffen mich. Nun kommt für mich der schwerste Augenblick in meinem Leben. Ich muß ihm sagen, daß alle drei Kinder nicht mehr am Leben sind und daß sie ihr Grab auf dem Grund der Ostsee gefunden haben. Ein Grab, auf das wir niemals werden Blumen legen können."
Heinz Schön: "Die Tragödie der Flüchtlingsschiffe - Gesunken in der Ostsee 1944/45", MotorbuchVerlag, Stuttgart 2004, geb., zahlr. Abb., 255 Seiten, 24,90 Euro |
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