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Das "Alte Europa" hatte sich längst daran gewöhnt: Wann immer technologisches Neuland erschlossen wurde, war ihm die Rolle des andächtig staunenden Zuschauers beschieden. Meist waren es die Amerikaner, manchmal auch die Japaner, die dem "Volk der Dichter und Denker" und seinen Nachbarn zeigten, wo es lang geht in Richtung Zukunft.
Das gerade erst begonnene Jahr 2005 scheint hier eine Zeitenwende zu signalisieren. Innerhalb weniger Tage machten europäische Wissenschaftler und Techniker mit zwei spektakulären Großprojekte n auf sich aufmerksam, bei denen der Rest der Welt nur noch andächtig staunend zuschauen konnte. Am 14. Januar tauchte die unter wesentlicher deutscher Beteiligung gebaute und gesteuerte Raumsonde Huygens in die für uns Erdenkinder bislang undurchsichtige Atmosphäre des Saturnmondes Titan ein, legte eine weiche Landung hin und sendete sensationelle Bilder aus einer wirklich anderen Welt, 1,3 Milliarden Kilometer von uns entfernt.
Vier Tage später, am 18. Januar, durfte die Öffentlichkeit die ersten staunenden Blicke auf den neuen Super-Airbus A 380 werfen. Der - noch nicht, aber bald - fliegende Riese bedeutet ein neues Kapitel der Luftfahrtgeschichte. Wenn er im März erstmals abhebt, beendet er das nunmehr 35 Jahre andauernde Monopol des Jumbo-Jet Boeing 747 als weltweit größtes Passagierflugzeug. Die Dimensionen sind imposant: Länge 73 Meter, Spannweite 80 Meter, Startgewicht 560 Tonnen, Reichweite 15.000 Kilometer.
Je nach Ausstattung können 555 bis 853 Fluggäste Platz nehmen, die Tanks fassen 310.000 Liter, der Verbrauch soll bei vergleichsweise günstigen 3,3 Liter pro Passagier und 100 Kilometer liegen. Die Grundversion ohne Extras kostet 280 Millionen Dollar; bislang sind 149 Aufträge unterzeichnet, mehr als je zuvor bei einem Flugzeug, das noch keinen Meter abgehoben hat.
An der Vorstellungszeremonie in Toulouse nahmen Frankreichs Staatspräsident Chirac, Deutschlands Kanzler Schröder, Großbritanniens Premier Blair und Spaniens Regierungschef Zapatero teil. Diese vier Länder bauen den A 380 gemeinsam, in ihnen hat Airbus derzeit 50.000 Mitarbeiter, Tendenz steigend.
Allein in Hamburg freuten sich 10.000 Airbus-Beschäftigte über die Präsentation. Hier hat der A 380 bereits 1.900 neue Arbeitsplätze gebracht, weitere 2.000 werden bis 2008 erwartet. Hinzu kommen 2.000 neue Stellen in Zulieferbetrieben sowie kräftige, auch arbeitsmarktintensive Impulse in Handel und sonstigen Dienstleistungsbereichen. All dies war bis vor wenigen Wochen noch fraglich, weil einige Grundbesitzer den Ausbau des Werks Finkenwerder blockierten.
Airbus A 380 und Huygens - zwei spektakuläre technologische Erfolge, an deren Zustandekommen deutsche Forscher und Ingenieure, Manager und viele tausend Mitarbeiter beteiligt sind. Sie zeigen, daß das "alte Europa" wohl doch noch nicht zum "alten Eisen" zählt. Juliane Meier
Europa im Aufwind: Am 14. Januar landete die europäische Raumsonde Huygens weich auf dem Saturnmond Titan; am 18. Januar wurde der Super-Airbus A 380 der Öffentlichkeit präsentiert. Fotos (2): ESA/Reuters
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