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Das Päpstliche Theologische Kollegium in Breslau würdigte am 11. Januar die Verdienste Helmut Kohls um die Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Breslauer Universität. Pater Jan Krucina sagte bei der Zeremonie, Kohl habe nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Berliner Mauer die Integration Polens in den Westen unterstützt und die Wiedervereinigung Deutschlands friedlich herbeigeführt. In ihrem Zusammenhang hatte die Regierung Kohl die Oder-Neiße-Grenzlinie anerkannt.
Erzbischof Alfons Nossol würdigte die finanzielle Hilfe Deutschlands unter Kanzler Kohl für Breslau nach der Hochwasserkatastrophe im Juli 1997. Damals kamen in der Region 55 Menschen ums Leben.
Kohl war von den Worten sichtlich gerührt. Der katholische Pfälzer wurde in der Zeremonie mehrmals mit dem großen deutschen Kaiser Otto III. (9831002) verglichen, der vor 1000 Jahren "sehr ähnlich wie Helmut Kohl heute die Integration Polens in den Westen unterstützte". Otto III. habe durch seine Politik, hauptsächlich durch die von ihm initiierte Gründung des Bistums Gnesen, Polen an die westeuropäische Politik herangeführt.
Innerlich bewegt bedankte sich der Ex-Kanzler: "Der heutige Tag ist für mich sehr glücklich. Die Versöhnungsmesse in Kreisau im November 1989 symbolisiert für viele Polen und Deutsche einen neuen Anfang in den Beziehungen der beiden Völker. Ich möchte mich bei allen bedanken, die diesen Prozeß unterstützen." Gerne griff er auch den Vergleich mit Otto III. auf, seinen Zuhörern rief er zu: "Euch gehören die neuen 1000 Jahre, von euch hängt es ab, ob das eine Zeit des Friedens, der Brüderschaft und der Versöhnung sein wird." Die anschließende Messe wurde von Erzbischof Jozef Kowalcyk zelebriert, dem Gesandten des Papstes Johannes Paul II. in Polen.
Das Kollegium hatte Kohl am 16. Dezember die Ehrendoktorwürde einstimmig zugesprochen. Am selben Tag hatte er im Fernsehen eingeräumt, in den neunziger Jahren Parteispenden in bar gesammelt und an den offiziellen Kassen der CDU vorbeigeschleust zu haben. Die Breslauer Universitätsleitung hielt dessenungeachtet an der Ehrung des Ex-Kanzlers fest. Die Affäre habe nichts mit den Verdiensten Kohls um Europa und die polnische Westintegration zu tun, hieß es. Der Dekan der Theologischen Fakultät, Ignecy Dec, sagte dazu: "Das Wohl, das Kanzler Kohl für Europa getan hat, überwiegt weitaus jene Probleme, die er jetzt im eigenen Lande hat."
Zu der Zeremonie waren auch viele deutsche Journalisten gekommen, die wiederholt, aber ohne Erfolg den ehemaligen CDU-Chef zur Spendenaffäre befragen wollten.
Die Verleihung der Ehrendoktorwürde ist sozusagen die geistliche Würdigung; eine weltliche Ehrung durch den polnischen Staat hat Helmut Kohl schon im Herbst 1998 erhalten. Damals war er zum Ende seiner Amtszeit von den Polen als erster ausländischer Staatsmann mit ihrem höchsten Friedensorden, dem "Weißen Adler", geehrt worden.
Strittige Fragen wurden von dem Pfälzer bei der Verleihung in der Universität nicht angesprochen. Schließlich ist Breslau politisch und auch kirchenpolitisch ein heikles Pflaster. So war im Mai 1997 Papst Johannes Paul II. mit den Worten empfangen worden: Man begrüße ihn in der Stadt, die zweimal in ihrer Geschichte befreit worden sei: 1945 von den Deutschen und 1989 von den Kommunisten. Zu dieser Äußerung aber schwieg Kohl lieber. Friedrich Nolopp
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