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Es ist gut, wenn man zu seinen Wurzeln zurückkehrt, wenn man das erhält oder wieder aufbaut, was die Vorfahren einst erstellt haben. Das ist wahre Kultur!
Die das sagten, waren keine Politiker, anläßlich einer "Sonntagsrede" vor den Vertrieben und auch keine sogenannten Kulturschaffenden. Es waren unsere russischen Bauarbeiter auf dem Richtfest in Arnau! Sie ließen es sich nicht nehmen, mit mir ein Glas Sekt darauf zu trinken, um mir auch noch zu versichern, wie stolz sie seien, an einer solchen Arbeit mitzuwirken! Eines Kommentares, so meine ich, bedürfen diese Worte nicht! Sie kamen von Herzen, gingen zu Herzen und sind über alles Vergangene hinweg schlicht völkerverständigend!
Wir haben es also tatsächlich geschafft, noch zu Ende des Jahres 2000 Richtfest unseres ersten Bauabschnittes zu feiern. Das war für uns fast wie Weihnachten! Waren wir erst Ende November zu Baubesprechung en in Königsberg, war es für uns selbstverständlich, die Reise noch einmal einige Tage später extra für das Richtfest anzutreten. Dieses Mal dann allerdings nicht mit dem Auto, sondern erstmalig per Flugzeug, und zwar über Kopenhagen! Wie ein Zebra zeigte sich die Ostsee mit langen windgepeitschten Schaumstreifen, als sich die Fokker 50 der SAS der Samlandküste näherte. Ein wunderschönes Schauspiel zum Auftakt.
Wir haben ein zünftiges Richtfest nach alter deutscher Bauhandwerkstradition gefeiert. Der Bauunternehmer hat oben auf dem Turm unter dem Richtkranz stehend kurze Ansprachen gehalten. Er hat sich bei den Auftraggebern, dem Denkmalschutzamt, für den interessanten Auftrag bedankt, er lobte die fachkundige Unterstützung durch den Hauptarchitekten aus Moskau und dankte auch dem Kuratorium Arnau, das all diese Arbeiten erst möglich machte. Am Schluß hat er auch einen Wodka auf die Schutzheilige der Kirche, nämlich Katharina, getrunken, die sich "artig mit einem abendlichen Sonnenstrahl auf den Kirchturm bedankte". Wie üblich hat er dann das Glas auf dem Boden zersplittern lassen: möge das uns weiterhin Glück bringen!
Ungefähr vierzig Personen labten sich anschließend mit Wodka, Bier, Sekt und belegten Broten. Auf Einladung des Denkmalschutzamtes waren verschiedene Persönlichkeiten erschienen. Wir hatten noch unsere persönlichen Freunde dabei: aus der evangelischen Kirche, unsere rußlanddeutschen Freunde, die wir seit langem in der Landwirtschaft unterstützen, und unsere Dolmetscher! Die Presse war durch Journalisten der "Komsomolskaja Prawda" vertreten. Ein sehr positiver Artikel mit Würdigung der russisch-deutschen Zusammenarbeit erschien bereits am nächsten Tag mit Fotos in der Zeitung!
Immer wieder wurden wir natürlich gefragt, wie es weitergeht mit der Restaurierung, wenn der erste Bauabschnitt fertig ist. Und ebensooft mußten wir antworten, daß der Fortschritt mit der Finanzierungsfrage verknüpft ist. Natürlich hoffen wir wieder auf einige Fördermittel. Auf jeden Fall können wir jedoch mit dem zweiten Bauabschnitt, dem Nordeingang, zumindest beginnen, wenn das Frühjahr wetterbedingt wieder Maurerarbeiten zuläßt. Sehen wir also mit Optimismus in die Zukunft! Ulla Schroeder
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