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Weltverbesserer unter sich: In der Kongreßhalle am Berliner Alexanderplatz tritt ein Sonderparteitag der PDS zusammen. Einziger Tagesordnungspunkt: Umbenennung der früheren SED in "Linkspartei". Damit Lafontaine-Fans (West) und SED-Nostalgiker (Ost) besser zueinander finden.
Draußen demonstrieren andere Welt- verbesserer gegen die PDS. Die Grünen bangen um ihr Ansehen als Gutmenschen . Sie wenden sich gegen die "Fremdarbeiter-Rhetorik" Oskar Lafontaines. Den haben die Grünen auf ihre Plakaten geklebt. Daneben steht "Stoppt rechte Stimmungsmache". "Ihr seid die neue FDP! Verpißt Euch!", brüllt einer der PDS-Genossen zurück.
Drinnen ist die Stimmung trotzdem gut. An diesem Wochenende haben Meinungsforscher erstmals zwölf Prozent für die neue Linkspartei gemessen. In den Neuen Ländern haben Gysi und Co. sogar die Union als stärkste Kraft abgelöst. Das bringt regen Zulauf: Auf den Gängen drängeln sich Parteimitglieder und -sympathisanten, die nur Gäste sind und nicht in den Saal dürfen. Sie verfolgen die Rede des Vorsitzenden Bisky mit Spannung an etlichen Bildschirmen.
Gespenstisch vertraut klingen die Sprüche, die unter den Versammelten umherlaufen. Es geht mal wieder gegen das "kapitalistische BRD-System". Nach "rechter Stimmungsmache" hört sich das nicht an. Eher schon nach den Wutausbrüchen des seligen Karl-Eduard von Schnitzler in seinem "Schwarzen Kanal". Viele der Genossen schreiben eifrig mit. Auch das ganz so wie früher - damals, bei der SED-Parteiversammlung. Dennoch (oder gerade deswegen?) hat es Oskar Lafontaine vorgezogen, selbst nicht zu erscheinen. Er tritt lieber mit Gregor Gysi vor der Kamera auf. Auf die Geneigtheit der Medien kann er bauen. Hier auf dem Parteitag hat er vielleicht Angst, das letzte bißchen Sympathie seiner neuen Freunde zu verlieren. PDS- Größen gaben sich erstaunlich viel Mühe, Lafontaines "Fremdarbeiter"-Parole kleinzureden - was darauf schließen läßt, daß die Sprüche des Saarländers bei den Postkommunisten keine Freude ausgelöst hatten.
Statt dessen ist der Anführer der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG), Klaus Ernst, erschienen. Als der Ex-Sozialdemokrat die PDS-Delegierten mit "Liebe Genossen" anspricht, erntet er tosenden Applaus. Hier haben sich Zwei gefunden: der Sozialismus West verkörpert durch den Gewerkschaftsfunktionär Ernst und der Sozialismus Ost in Form der SED-Nachfolger. Jetzt wächst offenbar zusammen, was zusammengehört.
Im Rückenwind der Umfragen traut man sich wieder was: Ein Teilnehmer des PDS-Parteitags in Berlin forderte ganz offen die Spaltung Deutschlands. |
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