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Gedanken zur Zeit: Auch nur Schall und Rauch

 
     
 
Ohne Zweifel würden sich Gerhard Schröder und mit ihm seine Genossen nach der Bundestagswahl am 22. September von den Kommunisten tolerieren lassen oder gar mit ihnen koalieren, wenn nach dem Wahlergebnis anders eine SPD-Kanzlerschaft nicht fortgesetzt werden könnte. Das "ohne Wenn und Aber" Schröders aus dem sogenannten Fernsehduell und alle anderen wortreichen Versicherungen, nach denen ein wie auch immer geartetes Bündnis mit der PDS nicht in Frage käme, sind Schall und Rauch - so wie sie das vor fünf Jahren in Sachsen-Anhalt
waren und dann vor den Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, wo jetzt rot-blutrote Koalitionen sozialistische Gemeinsamkeiten verkör- pern. Sicherten doch solche Ko-alitionen und Tolerierungen lange Zeit Schröders Mehrheit im Bundesrat. Und dieser Bundesrat ist nun einmal verfassungsgemäßer Teil der Bundespolitik.

Der Parteivorsitzende der SPD, der solche Koalitionen und Tolerierungen auf Länderebene zuließ und förderte, bewies damit, daß das Zusammenwirken mit den Kommunisten auch bei der Gestaltung der Bundespolitik von der SPD praktiziert und gern akzeptiert wird. Nach dem Motto "Man kann ja nicht wissen, wozu das einmal gut sein kann" ist bei Schröder schon seit langem ein Schmusekurs mit der in PDS umgenannten SED angesagt. Man erinnert sich, daß Gerhard Schröder einst dem kommunistischen Politbüromitglied Egon Krenz brieflich "Durchstehvermögen" wünschte und ihm nach einem Besuch in der DDR mitteilte: "Besonders war ich von Erich Ho-necker beeindruckt." Auf der Basis dieser "Jugendsünden" war die skandalöse Einbeziehung der "Brüder in Marx" in die Volksfrontregierungen auf Länderebene in Berlin, Schwerin und vormals Magdeburg folgerichtig.

Kein Wunder, daß sich die Kommunisten bemüßigt fühlen, die Tradition des Briefeschreibens an die Genossen von der SPD wieder aufzunehmen. Schrieben doch Gregor Gysi und André Brie an den "lieben Oskar Lafontaine" und schlugen vor, eine Zusammenarbeit "in Schlüsselfragen aktueller Politik und gesellschaftlicher Reformen offen zu diskutieren". Sie sehen "gemeinsame Verantwortungen und Möglichkeiten" für einen "linken Aufbruch" von SPD und PDS und wollen "strategisch zusammenarbeiten", "ohne den Reichtum ihrer Unterschiede aufzugeben".

Nach Ansicht des Sprechers der SPD-Linken und Bundestagsabgeordneten Detlev von Larcher haben die beiden Briefschreiber mit Oskar Lafontaine allerdings den falschen Adressaten gewählt: "Wenn man mit der SPD kooperieren will, muß man an den amtierenden Parteichef Gerhard Schröder schreiben", riet von Larcher den Genossen in Marx von der PDS.

Gerhard Löwenthal, der legendäre langjährige Chef des "ZDF-Magazins", der den Kampf für ein in Freiheit wiedervereinigtes Deutschland zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat, wußte allerdings kürzlich zu berichten, daß der nach von Larcher "richtige Adressat" Schröder sich bereits Anfang Mai dieses Jahres immerhin sieben Stunden lang mit der PDS-Führung, unter anderem mit Gysi, Claus und Zimmer, zu strategischen Überlegungen getroffen und dabei auch in den Geburtstag der Gabi Zimmer hineingefeiert habe. Es kann sehr wohl sein, daß dabei auch Anregungen zum Briefschreiben gegeben worden sind.

Jedenfalls deutet alles darauf hin, daß der tapfere Kampf Kurt Schumachers gegen die "rot- lackierten Faschisten", wie er die Kommunisten nannte und gegen die im Jahr 1946 erfolgte Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED protestierte, von Schröder längst verraten worden ist. Dabei ist es makaber, daß die SPD ihre Kooperationen mit der PDS einen "Beitrag zur inneren Einheit Deutschlands" nennt - und zweifellos auch so bezeichnen würde, wenn das demnächst der Fortführung von Schröders Kanzlerschaft diente. Makaber ist dieser Schmusekurs mit der PDS deswegen, weil damit die SPD um der eigenen Machtausübung willen mit den rund zwanzig Prozent Kommunisten und ihren Mitläufern gemeinsame Sache macht, die es in der DDR gegeben haben mag und die in ihrem Herrschaftsbereich ungefragt die übrigen achtzig Prozent der Menschen zum "Sieg des Sozialismus" führen wollten. Wenn die Kooperation mit diesen zwanzig Prozent ein "Beitrag zur inneren Einheit" sein soll, dann identifiziert die SPD die Unterdrücker von einst mit den von diesen Unterdrückten und bestätigt im nachhinein ihrem heutigen Koalitions- und Kooperationspartner "die führende Rolle der Partei".

Das Paktieren mit der PDS als notwendigen "Beitrag zur Überwindung der inneren Spaltung Deutschlands" zu tarnen offenbart die dreiste Heuchelei der SPD, die damit ihre Argumentationslinie für die Zeit nach der Bundestagswahl vorbereitet. Darum auch konnte schon im vorigen Jahr ihr Chefideologe Peter Glotz die Linken seiner Partei trösten, die den "Neue-Mitte-Kurs" beargwöhnen, sie müßten ihre bisherigen Enttäuschungen nur noch "für eine Weile" ertragen. Nach der Wahl, so muß man daraus schließen, könne man die Wählertäuschung aufgeben und die ökonomische und ge- sellschaftliche Umgestaltung Deutschlands weiter betreiben - und sei es mit den Genossen von der PD
 
     
     
 
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