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Eigentlich wollte man Zuversicht verbreiten, Impulse sollten vom globalen Dorf in den Graubündner Bergen ausgehen. Eine Umfrage der weltweit tätigen Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Price Waterhouse Coopers hatte vorsichtigen Optimismus für das kommende Geschäftsjahr unter rund tausend Managern ausgemacht. In Davos wurde die Umfrage vorgestellt, aber von Zuversicht war nichts zu spüren. Dabei hieß das Thema in diesem Jahr "Building Trust - Vertrauen schaffen".
Vertrauen in was, in wen? Diese Fragen blieben offen. Die rund 1.000 Teilnehmer der globalen Manager-Aristokratie und ihre politischen Gesprächspartner hatten natürlich viel Stoff für Diskussionen, nicht zuletzt die Kriegsgefahr im Mittleren Orient. Aber sie hatten keinen Maßstab für die Orientierung in dieser Krisenzeit. Man befaßt sich seit einigen Jahren schon mit Themen, die etwas menscheln. Die großen Firmenzusammenbrüche durch Betrug und Bilanzfälschungen haben auch dem Markt-System und ihren Repräsentanten, den Managern, viel Vertrauen gekostet. Shareholder-value ist zum Schimpfwort geworden, die ideologischen Kräfte, die nach dem Zusammenbruch des Kommunismus eingeschlafen waren, erwachen wieder. Das Weltsozialforum in Porto Alegre bildet die Alternativ-Veranstaltung zu Davos. Es ist in der Tat höchste Zeit, das menschliche Antlitz der Marktwirtschaft zu entdecken und der Welt vorzustellen.
Aber wo ist es? In Davos sucht man es vergebens. Auch in den Statements von Porto Alegre offenbaren sich überwiegend ideologische Vorbehalte, bis hin zum Haß auf den homo davosiensis. Mit solchen Krämerseelen ist kein Staat zu machen. Der Ansatzpunkt für eine menschlich orientierte Neuordnung oder Reform der Marktwirtschaft ist die Arbeit in ihren beiden Komponenten, der objektiven und der subjektiven. Denn über die Arbeit findet der Mensch seine Identität im sozialen Raum. Nur: Das Menscheln allein genügt nicht. Wer sich mit solchen Dimensionen befassen will, braucht ein bestimmtes Menschenbild, am besten vom Menschen als Person und nicht nur als Funktionsträger. Das ist für eine globale Veranstaltung schon ein Wagnis.
Die Ratlosigkeit der Davosianer rührt aber auch daher, daß die Politik als gestaltende Kraft heute offensichtlich überfordert ist. Die Binde-und Orientierungskraft von Gesellschaftsmodellen hat nachgelassen, ja sie ist geschwunden. In der unübersichtlichen Vielfalt gesellschaftlicher Organisationsformen liegt aber auch eine Chance. Die Wirtschaft, das heißt die Unternehmer, sollten sich mit jener Institution beschäftigen, die noch immer und hoffentlich auch weiterhin das Fundament jeder Gesellschaft ist, die Familie. Wir brauchen eine neue Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Familie. Das wäre mal ein Thema für Davos. Aber dafür ist die Veranstaltung politisch zu korrekt, haben die Teilnehmer zu wenig Sensus für die Nöte der Gesellschaft. Es fehlt die Anbindung an die Wirklichkeit im Tal. Deshalb werden die Entscheidungsfinder auch ratlos und trotz der global gefaßten Kontaktbörse unter sich bleiben. Diese Partnerschaft ist vor allem ein Thema für den Mittelstand. Hier im Tal der Wirklichkeit findet die Begegnung statt, die Zukunftsperspektiven eröffnet, nicht oben in den Bergen von Davos. |
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