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Geheimnisvolle Schniefkedose

 
     
 
Das Gehöft des Bauern Petereit lag inmitten rotlehmiger Felder, was wie ein Hohn anmutete. Denn seine eigenen Ländereien, weiter abgelegen, wiesen nur mäßigen Boden auf. Teilweise waren sie sogar sandig. Darüber hatte sich der Petereit schon viel geärgert, doch die Zeiten waren, seit er den Hof bewirtschaftete, nicht die besten. An Ankauf war nicht zu denken gewesen, obwohl sich einige Gelegenheiten geboten hätten.

Jetzt ging es allerdings aufwärts, spürbar wie lange nicht mehr, und das hatte, wie der Petereit zu wissen glaubte, seine besondere Bewandtnis.

Da war nämlich eines Tages eine Zigeunerin auf den Hof gekommen, die Petereits noch nicht kannten. Sie war viel jünger als die, die ihnen zweimal jährlich einen Besuch abstattete und immer mit einem größeren Stück Brot und einem Stück Speck rechnete, wofür sie dann die allerbesten Wünsche hinterließ.

Die bis dahin unbekannte Besucherin jenes Stammes ließ keinerlei derartige Bitten laut werden. Sie begann dem Bauern ohne jede Aufforderung und ohne abzuwarten, ob er einverstanden war, zu weissagen und mit darin einbezogenen Floskeln eine Schniefkedose anzupreisen, auf der ein Stein glitzerte, von dem besondere Kräfte ausgehen sollten. Für "nur" zehn Mark wollte sie ihm die kleine Dose überlassen. Und sie verhieß dem Bauern, daß wenn er dies "Klein-od" immer bei sich trüge, auf seinem Hof nichts mehr schiefgehen würde.

Anfangs lachte der Petereit, und seine Frau wehrte das Gehörte leicht schimpfend als Unsinn ab. Aber die Zigeunerin redete unbeirrt weiter. Und je mehr Gutes sie verhieß, desto gläubiger wurde der Bauer. Warum, so sagte er sich schließlich, sollte sich nicht so etwas mit dem Ding ergeben können. Von magischen Kräften war doch so manches schon zu hören gewesen. Nicht alles ließ sich vom Verstand her erklären. Zunächst schickte er die Zigeunerin zwar fort. Aber mit gemischtem Gefühl. Auch kamen ihm bald Überlegungen in den Sinn, daß das Wunderding möglicherweise Nachbarn erwerben könnten. Und wenn es tatsächlich so war, daß entsprechende Wirkungen von der kleinen Dose ausgingen, würde er es sich wohl nicht verzeihen, sie nicht selbst gekauft zu haben.

Er schlich der Zigeunerin heimlich hinterher. Erreichte sie bald, zahlte kommentarlos die zehn Mark, und das Wunderding verschwand in seiner Hosen
tasche. Da er ohnehin Schnupftabak schniefte, war die Dose auch noch nützlich. Seine Frau kam erst einige Zeit später dahinter, daß die Zigeunerin ihr "Ziel" erreicht hatte. Verständnislos schüttelte sie den Kopf und sagte: "Verstand kemmt nich met Jaohre - je öller, je dommer!"

Aber den Petereit störte das wenig, er glaubte an die Kraft seiner Errungenschaft. Ein halbes Jahr später hielt er sogar für bestätigt, was ihm an Wirkung von der Schniefkedose verheißen worden war; denn die Ernte war gut wie lange nicht mehr ausgefallen und das Vieh prächtig gediehen. Na, und ein Jahr nachdem die Dose mit dem funkelnden Stein sein geworden war, wurde er sogar Besitzer zweier rotlehmiger Landstücke in der Nähe seines Hofes, die zu erwerben ihm schon lange am Herzen gelegen hatten. Oh, es war schon etwas dran an der kleinen Schniefkedose, da gab es für ihn keinen Zweifel mehr! Er hätte sich gern einmal bei der jungen Zigeunerin für das Wunderding bedankt, das sie ihm überlassen hatte, aber die ließ sich auf dem Petereitschen Hof niemals mehr sehen.

Jahre zogen ins Land. Petereits ging es besser und besser. Da aber geschah etwas, das den Petereit fast zur Verzweiflung brachte. Er hatte seine Schniefkedose verloren! Und weil er so gar keine Ahnung hatte, wo es gewesen sein könnte, begann er in Haus und Hof eine Suchaktion, die nach Auffassung seiner Frau haarsträubend verlief. Doch alles war umsonst, die Schniefkedose blieb unauffindbar. Ganze zwei Monate lang. Erst da tauchte sie auf Umwegen wieder auf.

Der Bauer Ennulat, ein Nachbar vom Petereit, war mit seinem Pferd zum Hufebeschlagen in der Schmiede gewesen. Dort hatte er, wie auch ein weiterer Bauer, der Baltruschat, warten müssen. Gemeinsam hatten sie sich zu einem Plausch zusammengesetzt.

Nach einer Weile reichte der Baltruschat dem Ennulat seinen Schnupftabak. Und als der Ennulat sich eine Prise nahm, erkannte er die Dose. Er griff danach, besah sie sich und sagte überrascht: "Wie kommst du an das Wunderding? Die gehört doch dem Petereit!"

"Was weiß ich! Ich fand sie vor einiger Zeit vor unserem Feld. Es war beim Runkelreißen."

Der Ennulat lachte. "Denn war dem Petereit wohl de Bix geplatzt und de Schniefkedos rausgefallen. Und ausgerechnet zwischen eure beiden Felder! Aber das Ding wirst abgeben müssen. Der Petereit hängt mit Leib und Leben daran."

Obwohl der Ennulat wußte, daß der Baltruschat und der Petereit zerstritten waren, stellte er diese Forderung. Allerdings konnte er dabei nicht ganz umhin, dem Baltruschat etwas von dem Geheimnis, das ihm der Petereit anvertraut hatte, preiszugeben. Das tat er vorrangig auch deshalb, weil er darin eine Möglichkeit sah, daß die beiden ihren Zwist über diesen seltsamen Umstand vielleicht beendeten. Dafür wurde es allemal Zeit, fand der Ennulat. Er schlug dem Baltruschat deshalb vor, dem Petereit die Schniefkedose hinzubringen. Doch der Gedanke war dem Baltruschat nicht behaglich. "Bring du se ihm!" bat er den Ennulat nach diesen Klarstellungen.

"Nei, Nei! Das mach man selber! Der Petereit wird sich sicher so sehr freuen, daß von euerm alten, dammligen Streit nuscht mehr auf den Tisch kommt!"

"Meinst?"

"Ganz bestimmt wird es so sein!"

"Gut wär ja, wenn die Dummheit bereinigt wird! Aber besser is vielleicht, wenn du mitkommst!"

Das lehnte der Ennulat nicht ab. Als ihre Pferde mit den neuen Eisen versehen waren, gingen sie.

Der Petereit sah die beiden mit ihren Füchsen schon von weitem kommen. Verwundert begab er sich zum Hoftor. Und als er erfuhr, was sie herführte, strahlte er. Höflich bat er die beiden Grenznachbarn herein. Mit einem Meschkinnes wurde dann das Reden erleichtert. Offen sprach der Petereit nun darüber, was ihm die Schniefkedose bedeutete. Dabei stellte er fest, daß der Baltruschat das gar nicht so unglaubwürdig fand. "Es gibt so manches, das sich nich erklären läßt!" äußerte er dem Petereit beipflichtend.

Forschend sahen sie nach dieser Übereinstimmung zum Ennulat hinüber, der unbeteiligt an seinem halbleeren Glas herumdrehte. Er merkte aber, daß man von ihm etwas wollte. Deshalb sagte er jetzt: "Ja, ja, seit heute meine ich auch, daß es mit der sonderbaren Schniefkedose seine Bewandtnis hat; denn ohne die gegebenen Umstände im Zusammenhang mit dem Wunderding wäre es doch bis zum jüngsten Tag nicht dazu gekommen, daß ihr beiden Dickschädel euch vertragen hättet!"

Der Petereit und der Baltruschat lächelten verschmitzt. Man prostete sich zu. Nach langer Zeit endlich wieder zu dritt.

Tilsit: Königin-Luise-Brücke Nach einem Pastell von Gisela Goetzke

 

Luftsprung
von Ottokar G. E. Wagner

Es suchte einst ein Adebar,

der magenknurrend gierig war,

nach Fröschen, seiner Lieblingsspeise,

um sich zu stärken für die Reise.

Doch eine Pogg, die er entdeckt,

hat ihm die Zung nur rausgestreckt

und sprang mit einem großen Schwung

ganz schnell auf einen Haufen Dung.

Nun stank sie sehr und sah, o Graus,

bekleistert nicht nach Frosch mehr aus.

Und weil sie so mit Mist beschmiert,

hat sich der Adebar geniert.

Er ließ die Pogg mit ihrer List

erhaben hucken auf dem Mist.
 
     
     
 
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