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Gemeinsam für Deutschland

 
     
 
Vor etwa einem Jahr erregten großformatige Anzeigen in führenden Tageszeitungen Aufsehen, in denen ein "BürgerKonvent" unter dem Kriegsruf "Wir mischen uns ein!" die Bürger aufrief, ihre Unzufriedenheit mit den heutigen Verhältnissen in Deutschland zu artikulieren, sich eine fundierte Meinung zu bilden und, ohne das System zu verändern, den untätigen und mutlosen Parteipolitikern Beine zu machen. Der BürgerKonvent stellte fest, daß die Bürger "verdrossen sind, wie selten zuvor". Die Gründe: steigende Abgaben, hohe Arbeitslosigkeit
, überbordende öffentliche Schulden, ein Übermaß an Regulierungen, verkrustete Organisationen sowie eine kraft- und ideenlose Politik.

Viele tausend Bürger bekundeten nach Veröffentlichung der Anzeigen ihre Sympathie. Häufig trat der Sprecher und Initiator, der renommierte Wissenschaftler Prof. Dr. Meinhard Miegel, in Fernsehsendungen auf, veröffentlichte ein kritisches Buch über die "deformierte Gesellschaft" und legte den Finger in die offenen Wunden unseres Staates. Dabei bestach er durch Sachkenntnis wie durch sachliche Formulierungen.

Die vergangenen Monate hat der BürgerKonvent genutzt, um Mitglieder zu werben - es sind bislang 2.700 in ganz Deutschland - und örtliche BürgerKonvente zu gründen, so in Berlin, in Bonn, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Nordhessen, München, im Erzgebirge und in Stuttgart.

Nun sollte der Hamburger BürgerKonvent ins Leben gerufen werden. Man hatte dazu Interessenten und Mitglieder aus Hamburg und Schleswig-Holstein in den großen Saal der Handwerkskammer eingeladen. Wohl an die 100 Damen und Herren waren erschienen, offenkundig überwiegend dem wohlsituierten Bürgertum zuzurechnen. Prof. Miegel erläuterte, daß der BürgerKonvent keine unpolitische Bewegung sei, die sich nur aus einem "Anti" heraus speist. Sie wolle selbstbewußte Bürger animieren, sich zu Wort zu melden, um die Reformpolitik nicht allein den Parteipolitikern zu überlassen. Es sei von weiten Kreisen der Deutschen noch nicht begriffen worden, daß sich die allgemeine Lage unseres Landes grundlegend geändert habe und daß es sich nicht nur um eine temporäre Krise handele. Von dieser Ahnungslosigkeit hätten auch die Demonstrationen vor einigen Wochen gezeugt, bei denen Transparente gezeigt wurden mit dem Text "Die Reformen sind nur Mist. Es soll bleiben, wie es ist." Wird diese Forderung erfüllt, dann "bleibt bei uns kein Stein mehr auf dem anderen". Die Politiker müßten endlich ihre Ratlosigkeit bekennen in der Hoffnung, damit den Ideenreichtum der Bürger freizusetzen. Davor aber haben sie sich bisher gescheut. Solidarität aller Deutschen fehle zur Zeit, doch sei sie dringend erforderlich, um die Krise noch rechtzeitig aufzufangen.

Dazu will der BürgerKonvent zunächst engagierten Mitgliedern die Möglichkeit geben, die Probleme zu erkennen, um daraus zu lernen. Projektgruppen von sachkundigen Mitgliedern sollen sich ernsthaft mit den anstehenden Sachproblemen beschäftigen, um dann konkrete Vorschläge, die über parteiliche Engstirnigkeiten hinausgehen, zu unterbreiten. Ausgehend von Mitgliedern, soll dann die öffentliche Diskussion in Gang gesetzt werden - nicht zuletzt, um weitere Mitglieder zu gewinnen. Am Ende stünde dann das Handeln, wobei Miegel von spektakulären Demonstrationen abriet. Vielmehr sollten die Arbeitsgruppen des BürgerKonvents "Hefeteig" im Volk werden, so Einfluß auf die Politik nehmend.

Miegel betonte, daß seine Initiative nicht den Ehrgeiz habe, eine neue Partei zu werden. Über allem stünde die Unabhängigkeit.

In der lebhaften Diskussion überwog zunächst die Ansicht: in diesem verkrusteten System, in dem alles fest in der Hand von Parteien und anderen Interessenverbänden ist, sei nichts zu ändern. Man lobte die Ziele und Bemühungen des BürgerKonvents, glaubte aber, daß es den Politikern vorrangig um den Machterhalt gehe und daß daher alles unterdrückt werde, was ihn gefährden könnte.

Es wurde gefragt, woher das Geld für die notwendigen Reformen kommen solle, wenn das Wachstum fehle. Miegel: "Wir müssen auch reformieren, wenn das Wachstum ausbleibt. Es bleibt nichts anderes übrig, als daß jeder einzelne seine Ansprüche senkt, denn die Leistungen der öffentlichen Hand werden auf keinen Fall im bisherigen Umfang aufrecht-erhalten werden können."

Immer wieder wurde das "Krebsgeschwür der Parteienallmacht" angesprochen, das sich unter anderem darin ausdrückt, daß höchste Ämter, zum Beispiel bei Gerichten, nach Parteigesichtspunkten vergeben werden.

Mehrere Diskussionsteilnehmer ließen erkennen, daß sie bisher der CDU angehört hätten, nun aber ohne jede Hoffnung auf Änderungsmöglichkeiten ausgetreten und ins Lager der Nichtwähler abgetrieben seien. Als einer der Hauptgründe für die fehlende offene Diskussion wurde die "politische Korrektheit" angesprochen, die inzwischen zur Unterdrückung der freien Meinungsäußerung geführt habe. Auch dagegen will der BürgerKonvent angehen. Auf die Frage, welche die Grundidee des BürgerKonvents sei, antwortete Miegel: "Deutschland zukunftsfähig machen."

Es gelang ihm, die Resignation bei vielen zu überwinden, so daß von den Mitgliedern die Gründung des BürgerKonvents Hamburg beschlossen wurde. Es fanden sich ohne Mühe acht Koordinatoren, die den BürgerKonvent Hamburg leiten wollen. Sie wurden auf ein Jahr gewählt. Man gründete Projektgruppen zu den verschiedenen Sachfragen, die sogleich ihre Arbeit aufnehmen wollen. In der nächsten Zeit steht die Gründung weiterer regionaler BürgerKonvents bevor, unter der Devise "Deutschland ist besser als jetzt".

Deutschland bewegt sich: Das sähe zumindest Prof. Dr. Meinhard Miegel gern. Der von ihm mit ins Leben gerufene BürgerKonvent will die Bürger dazu motivieren, dabei zu helfen, Deutschland über alle Parteigrenzen hinweg wieder zukunftsfähig zu machen. Allerdings sind Deutschlands Bürger überwiegend träge. Foto: BürgerKonvent

 
     
     
 
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