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Machterhalt um jeden Preis

 
     
 
Morgens um drei war die Welt wieder in Ordnung: Bis in die frühen Morgenstunden hatten die Minister Trittin und Clement um heiße Luft gerungen. Genauer: um das als "Treibhausgas" verdächtigte Kohlendioxyd, das von Kraftwerken und sonstigen Produktionsstätten in die Atmosphäre geblasen wird und dort angeblich das Klima killt.

Der Ministerstreit, moderiert von Regierungschef Schröder, endete wie das legendäre Hornberger Schießen. Alle fühlten sich als Sieger, waren durchdrungen von der eigenen Großartigkeit, und das staunende Publikum applaudierte höflich - ohnehin hatte kaum jemand verstanden, worum überhaupt gestritten wurde. Ein veritabler "Sturm im Wasserglas" also, nach dessen Abflauen niemand wußte, ob das Glas nun halbvoll oder halbleer war.

Vorgeblich ging es mal wieder um die Umwelt, um das Klima - oder das, was Öko-Aktivisten
dafür halten; vielleicht meinen sie ja das Wetter damit. Diese Umwelt soll vor allen möglichen, teils realen, teils fiktiven, Gefahren geschützt werden, indem die Wirtschaft weniger Kohlendioxyd (CO2) ausstößt. Diese chemische Verbindung entsteht bei der Verbrennung von Kohle, Gas, Öl und sonstigen fossilen Stoffen, ist weder giftig noch sonstwie für den Menschen schädlich, steht aber im - bislang unbewiesenen - Verdacht, bei zu hoher Konzentration die Atmosphäre aufzuheizen und so die lebensfreundlichen Bedingungen auf der Erde zu verschlechtern.

Der Umweltminister will die Obergrenze der Emission von CO2 drastisch herabsetzen, der Wirtschaftsminister will sie möglichst hochhalten. Der eine will das Kli-ma schützen, der andere Wirtschaft und Arbeitsplätze. Beide wollen ihrem Ziel näherkommen, indem sie die Wirtschaft mit Emissionszertifikaten beglücken und einen staatlich reglementierten Handel mit Umweltverschmutzungs- Berechtigungen inszenieren. Alles klar?

Der Verdacht liegt nahe, daß es in Wahrheit nicht um die langfristigen Lebensbedingungen auf unserem Planeten ging, sondern um das Klima in Schröders Bundeskabinett. Das war zuletzt reichlich vergiftet, was im wesentlichen darauf beruhte, daß für Trittin die ideologischen Vorgaben seiner grünen Parteifreunde im Zweifelsfall wichtiger sind als ökologische Belange.

So war denn wieder einmal von einem vorzeitigen Aus für Rot-Grün die Rede. Der Umweltminister soll mit dem Bruch der Koalition gedroht haben, der Wirt- schaftsminister mit Rücktritt.

In diesem Polit-Poker hatte Wolfgang Clement die besseren Karten. Zu Recht setzte er darauf, daß die Grünen bislang noch jede Kröte geschluckt haben. In der Tat: Als Trittin einsehen mußte, daß er in dieser Sache nicht nur den Wirtschaftsminister, sondern auch den Kanzler gegen sich hatte, daß er also vor der Alternative stand, in der Sache nachzugeben oder die Regierungsbeteiligung aufzukündigen, wählte er den bequemeren und einträglicheren Weg: Machterhalt um jeden Preis.

Auch wenn der grüne Minister den in nächtlicher Runde erzielten Kompromiß nun schönredet: Die Ergebnisse liegen deutlich näher an Clements Vorgaben. Die Wirtschaft kann mit ihnen leben, und der Umwelt, dem "Klima", werden sie nicht schaden. Zumal jene Experten, die sich ihr Urteil nicht durch Ideologie trüben lassen, die Klimaschutz-Debatte mit ihren überhitzten Treibhaus-Phantasien im- mer skeptischer betrachten. Nicht von ungefähr wird in wissenschaftlichen Fachzeitschriften zunehmend Kritik an alternativen Lieblingsprojekten wie Windenergie oder Wasserstofftechnologie geübt.

Merke: Was jetzt noch ein "Sturm im Wasserglas" war, kann sich in der Politik zum kräftigen Gegenwind auswachsen.

 
     
     
 
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