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General a. D. Heinz Trettner

 
     
 
Am 19. September beging General Heinz Trettner - nach den Generalen Heusinger und Förtsch der dritte Generalinspekteur der Bundeswehr - seinen 95. Geburtstag. Er hat die Bundeswehr in der Aufstellungsphase ganz wesentlich mit geformt. Trettner wurde 1907 in Minden als Sohn eines Hauptmanns und späteren Obersten geboren. Dem Westfalen sagt man wie dem Ostdeutschland Beharrlichkeit, Stehvermögen und Geradlinigkeit nach. Betrachtet man des Generals Lebensweg, so findet man viele Wesenszüge des Westfalen unter Beimischung guter preußischer Tugenden. Nach dem Abitur trat Trettner 1925 als Fahnenjunker in die Reichswehr ein, wurde 1929 Leutnant, schied aber 1932 wieder aus und erhielt eine zivile fliegerische Ausbildung. Nach Reaktivierung kam er zur Luftwaffe. Dort wurde General Student, Schöpfer der deutschen Fallschirmtruppe, auf ihn aufmerksam und holte ihn in seinen Stab. Er durfte den Aufbau der Fallschirmtruppe einleiten. Es folgten 14 Monate in der Legion Condor. In dieser Zeit erhielt er auch seine Generalstabsausbildung. Im Zweiten Weltkrieg
erlebte die junge Fallschirmtruppe am 10. Mai 1940 ihre Bewährung. In einer überraschend geführten Luftlandeoperation nahmen 77 deutsche Fallschirmjäger das von 780 belgischen Soldaten verteidigte Fort "Eben Emael" am strategisch wichtigen Albert-Kanal ein. Wenige Stunden später landete Major Trettner in einer Ju 52 der ersten Welle mit seinen Fallschirmjägern in Rotterdam und wurde mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet.

Im Mai 1941 mußte er mit der Luftlandung auf Kreta eine schmerzhafte Erfahrung machen. Er hatte die Einsatzplanung für die Operation erarbeitet und hoffte auf einen raschen Erfolg. Tief betroffen mußte er erleben, daß am Ende 3.250 Gefallene und 3.400 Vermißte zu beklagen waren. Es folgten Verwendungen im kurzen Wechsel als Chef des Generalstabes des XI. Fliegerkorps, im Einsatz nördlich von Smolensk, in Frankreich und Italien. Als Kommandeur der 4. Fallschirmjägerdivision kämpfte er mit seiner Division bei Nettuno und wurde im Wehrmachtsbericht genannt. Nach Beförderung zum Generalmajor wurde er mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet. Kurz nach der Beförderung zum Generalleutnant erlebte er am 3. April 1945 die Kapitulation in Italien. Auch ihm blieb der Weg in die Gefangenschaft nicht erspart, aus der er erst 1948 heimkehrte.

Nach dem Kriege baute er sich eine zivile Existenz auf. Er machte eine kaufmännische Lehre, wurde selbständiger Kaufmann und studierte Volkswirtschaft und Jura an der Universität in Bonn. Daneben absolvierte er einen französischen Sprachkurs in Paris und legte die Zwischenprüfungen in Betriebstechnik und Statistik ab, als andere Generale der Wehrmacht als Männer der Gründergeneration die Bundeswehr aufbauten. Erst im November 1956 trat General Trettner als Generalmajor in die Bundeswehr ein. Seine Kenntnisse auf wirtschaftlichem Gebiet führten dazu, daß er der erste deutsche Leiter der Abteilung Logistik bei SHAPE wurde. Dabei machte er - schon als Soldat - noch sein Examen als Diplomvolkswirt. 1960 wurde er Kommandierender General des I. Korps in Münster. Am 1. Januar 1964 wurde Trettner Generalinspekteur. Schon zweieinhalb Jahre später bat er um seinen Abschied und wurde am 25. August 1966 in den Ruhestand versetzt. Dazwischen lag eine Zeit großer Erfolge wie auch herber Enttäuschungen. Es war die Zeit der Krisen um die Bundeswehr. Die Luftwaffe hatte Probleme mit dem Starfighter. Ihr Inspekteur nahm den Abschied. Die Truppe litt darunter, daß in der Bundeswehr mehr verwaltet als geführt wurde.

Die Macht der Führung lag damals, so verstanden es die Soldaten, konzentriert beim Staatssekretär. Das war a priori konfliktträchtig. Staatssekretär Gumbel verstand seine Funktion im BMVg als dem Generalinspekteur übergeordnet. Er blockte häufig Lagevorträge beim Minister, dem wenig sicherheitspolitisch vorgebildeten Kai-Uwe von Hassel, ab. Und Ministerialdirektor Wirmer, von Gumbel gestützt, fühlte sich General Trettner auch übergeordnet. Der General aber hoffte, den Vorrang der Verwaltung in der Armee reduzieren zu können zum Vorteil der Truppe und nahm mit Schwung und Energie des erfahrenen Truppenführers seine Aufgabe in Angriff. Trettner dachte strategisch, er

kannte die entsetzliche Wirkung und die Bedeutung der atomaren Waffen. Gerade deshalb trat er dafür ein, einen solchen Einsatz auf deutschem Boden nicht zuzulassen. Als 1964 auf der Herbst-Sitzung des Nato-Militärausschusses Vorschläge zum mög- lichen Einsatz atomarer Minen diskutiert wurden, gab es Irritationen.

Es war die Zeit, als im Bündnis über einen Übergang von der bisherigen Strategie der "massiven Vergeltung" zur "Flexiblen Reaktion" nachgedacht wurde. In diesen Planungen war der Gebrauch atomarer Sprengkörper mit geringer Kilotonnen-Sprengkraft und begrenzter Strahlung eine von anderen Überlegungen. Trettner hat über diese Fragen intensiv nachgedacht. Seine Überlegungen trugen dazu bei, daß die Deutschen in den Prozeß der nuklearen Planung der Nato einbezogen und Mitglied der Nuklearen Planungsgruppe wurden. Es war auch Trettner, der damals ein Vetorecht für den Atomwaffeneinsatz von und auf deutschem Boden für notwendig hielt. Er hat im kleinen Kreis deutlich gemacht, daß er einem Einsatz von Atomwaffen von und auf deutschem Boden seine Zustimmung versagt hätte. Vor Übernahme seiner Aufgabe hatte General Trettner Minister von Hassel empfohlen, eine neue Spitzengliederung für das Ministerium zu erlassen und dabei die militärischen Abteilungen einem Soldaten, die zivilen einem Beamten zu unterstellen. Beide sollten gleichberechtigt und im gleichen Range sein. Der Minister schien aufgeschlossen, doch Staatssekretär Gumbel wollte eine Gleichstellung mit dem höchsten Soldaten der Bundeswehr nicht hinnehmen. Dieser Generalinspekteur aber wollte nicht akzeptieren, daß jede Planung einer sinnvollen Spitzengliederung der Bundeswehr auf Dauer an administrativen Blockaden scheitern sollte. Er verstand auch nicht, daß zehn Jahre nach Aufstellung der Bundeswehr der Generalinspekteur ohne Befehlsbefugnisse blieb. Doch es änderte sich nichts. Heute ist der neue Minister der Vorstellung Trettners näher gekommen. Noch 1972 betonte Minister Schmidt bei der Verabschiedung von General de Maizière genüßlich, wie es schien, daß, wie er sagte, "diesem Generalinspekteur kein einziger Soldat unterstanden habe". Im August 1966 kam es zum Konflikt. Der Generalinspekteur war von Bonn abwesend, als ihn die Nachricht erreichte, daß der Minister einen Erlaß zur Regelung gewerkschaftlicher Betätigung in der Truppe herausgegeben hatte, ohne den Generalinspekteur daran beteiligt zu haben. Die militärische Führung aber wollte die mögliche politisch orientierte Tätigkeit von Gewerkschaften innerhalb der Kasernen vermeiden. Die Frage der gewerkschaftlichen Betätigung in den Truppenunterkünften war vorher lange diskutiert worden. Nun wurde sie von der politischen Spitze entschieden, ohne Beteiligung des Soldaten! Die Entscheidung von Trettner, um seinen Abschied zu bitten, erschien so gesehen nur konsequent.

Bei Verbleiben im Amt hätte nicht nur sein Prestige gelitten, sondern die Institution Generalinspekteur hätte Schaden genommen. Seine Haltung war folgerichtig auch im Sinne Clausewitzscher Forderung, daß bei Beachtung des Primats der politischen Führung der Soldat an Entscheidungen, die die Truppe betreffen, zu beteiligen und zumindest anzuhören ist. Das war immer gute Praxis im deutschen Generalstab. Die Spitze des Ministeriums hatte dieses Prinzip verletzt. Trettner mußte zurück-treten, "weil er es als verantwortungsbewußter Soldat gelernt hatte, einen Auftrag zurückzugeben und als undurchführbar zu melden, wenn die Mittel für seine Durchführung in gar keiner Weise ausreichen", so schrieb er damals. Doch welcher Politiker hatte schon Clausewitz gelesen oder verstanden?

So wurde in Bonn die These vom Primat der Politik umgedeutet zum Vorrang der Administration. Trettner hat in der Bundeswehr Spuren hinterlassen. Unter seiner Verantwortung konnte die Aufstellungsphase der Bundeswehr erfolgreich beendet werden. Er kümmerte sich um den Abbau des Fehls an Unteroffizieren und eine verbesserte Ausbildung. Er bemühte sich, das Selbstwertgefühl des Soldaten zu stärken und an gute soldatische Traditionen anzuknüpfen. Die Bundeswehr war die einzige Armee der Welt, die keine Fahnen führen durfte. General Trettner korrigierte dies 1965. In seiner westfälischen Heimat, in Münster, wurden die neugeschaffenen Truppenfahnen an die Bataillone des Heers übergeben. Doch sein Bemühen um die Pflege einer sinnvollen militärischen Tradition blieb mit dem Traditionserlaß des Ministers hinter den Hoffnungen zurück. Trettner legte die Grundlage für die Fachoffizierlaufbahn. Auch hat er für die Bundeswehr einen neuen Planungsrhythmus von fünf Jahren geschaffen. Ein Schwerpunkt war dabei der Aufbau der Heimatschutztruppe. Damals eine richtungweisende Veränderung der Streitkräftestruktur! Er setzte auch durch, daß an die Spitze der Personalabteilung im Ministerium erstmals ein Soldat berufen wurde. Nach seinem Ausscheiden hat General Trettner sich mit öffentlichen Äußerungen zurück-gehalten.

Einmal konnte er nicht schweigen. Das war, als der Hamburger Millionenerbe Reemtsma und der Altkommunist Heer unter der Protektion des Münchner Oberbürgermeisters und der Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, die Verleumdungskampagne gegen den deutschen Soldaten in Form einer Wanderausstellung inszenierten. Da wehrte sich der General. Die meisten Soldaten waren ihm dankbar. Manche aber nahmen es übe
 
     
     
 
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