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Sie war die Grande Dame der Orientalistik. Als Annemarie Schimmel 2003 81jährig verstarb, hinterließ sie nicht nur zahlreiche Veröffentlichungen zu dem ihr ein Leben lang am Herzen liegenden Thema, sondern auch einen noch zu bergenden Schatz, dessen sich die Islamwissenschaftlerin Gudrun Schubert annahm. In "Ein Buch namens Freude - Gedichte von Frauen aus der islamischen Welt" hat sie nun die von Annemarie Schimmel über Jahrzehnte zusammengetragenen und aus dem Arabisch en, Türkischen, Persischen, Usbekischen, Urdu und Sindhi übersetzen Gedichte islamischer Frauen veröffentlicht.
"Hand in Hand möcht ich mit dir durch das Leben wandern - und du möchtest mir einen Ring durch die Nase ziehen und mich mitzerren. Berauscht von Liebesentzücken möchte ich ganz mich dir schenken - und du willst mich, wie Gott, formen und brechen", heißt es im Gedicht von Attiya Dawood, die zu den vielen im Buch angeführten zeitgenössischen islamischen Dichterinnen gehört. Aber auch die Tochter des Propheten Mohammed, Dichterinnen aus der Frühzeit des Islam, Prinzessinnen und mittelalterliche Mystikerinnen kommen in dem 100 Arbeiten umfassenden Werk zu Themen wie Glaube, Liebe, Zwänge und Pflichten zu Wort.
Kurz vor ihrem Tod ließ Annemarie Schimmel Gudrun Schubert noch ein bewegendes tadschikisches Gedicht zukommen: "Dieses Leben hat gar keinen Sinn, nein, dies Leben hat gar keinen Sinn. Ich hab es satt - dieses bohrende Fragen, dieses sengende, drängende Fragen, dieses Fragen - keinen Sinn. Und doch, wenn es keinen Sinn gibt, weshalb ist das Blatt so wunderbar schön vor seinem Tod?" Gudrun Schubert hatte danach gar keine Wahl mehr, sie mußte sich der seelenvollen Hinterlassenschaft der Verstorbenen annehmen. Fritz Hegelmann
Annemarie Schimmel: "Ein Buch namens Freude - Gedichte von Frauen aus der islamischen Welt", Beck, München 2004, 137 Seiten, 19,90 Euro |
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