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Im umbruch?

 
     
 
Das Land wirkt immer noch rätselhaft. Es droht mit einem Nuklearprogramm, kann andererseits seine eigenen Menschen nicht ausreichend ernähren. Gleichzeitig wird das Bild einer paradiesischen Welt vermittelt, in der Partei und Bevölkerung den "Großen Führer" Kim Il-sung und seinen Sohn, den "Geliebten Führer" Kim Jong-il, wie Gottheiten verehren. Die wenigen ausländischen Besucher stehen ständig vor der Frage, was ist wahr, was inszeniert, was zufällig
? Um so größer wird die Neugier zu erfahren, wie man dort wirklich lebt, denkt und fühlt. Die 27 Autoren des Buches "Nordkorea", die als Journalisten, Künstler oder Mitarbeiter ausländischer Hilfswerke Nordkorea bereisten, konnten zumindest Einblicke erlangen.

Sind ihre Erinnerungen auch verschieden, so klagen sie alle über Einschränkungen in ihrer Bewegungsfreiheit im Lande. Selbst der Koordinator der Welthungerhilfe darf Projekte nur aufsuchen, wenn seine Voranmeldung genehmigt wurde! Ein Mitarbeiter einer großen Zeitung meinte, "als Eindruck bleibt eine Mischung aus Gefängnis und Kuriositätenkabinett, aus sozialistischem Größenwahn und dem Stolz einer leidgeprüften Nation". Dabei werden die Höflichkeit und die Gastfreundschaft der Menschen stets betont. Ein direkter Hunger konnte kaum festgestellt werden, wohl aber überaus deutliche Zeichen von Mangelernährung bei sehr vielen Kleinkindern. Das Mitglied der deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit stellt keine Ausnahme dar mit seiner Ansicht, daß in den vergangenen Jahren Hunderttausende verhungerten und noch heute jeder Dritte der 22 Millionen Nordkoreaner von Reis- und Getreidelieferungen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen abhängig ist! Als weiteres Problem gilt die Stromversorgung, wegen des Energiemangels sind selbst Flure und Zimmer der Krankenhäuser eiskalt. Abstoßend wird der Personenkult empfunden: Danach hat Kim Il-sung im Zweiten Weltkrieg selber die Japaner besiegt wie er auch im Bürgerkrieg 1950 bis 1953 die Uno-Truppen bezwang!

Die Führung Nordkoreas "kämpft hauptsächlich ums Überleben", urteilt ein polnischer Politikwissenschaftler. Zugleich stellen viele Besucher neuerdings in der Bevölkerung eine größere Offenheit, ein zunehmendes Interesse am Ausland fest. Nordkorea scheint ein Land im Umbruch zu sein. Eine Autorin hat sogar die Vision eines friedlichen, wiedervereinigten Landes. Warum sollte die Wiedervereinigung eines Tages nicht wahr werden, fragt sie. Oder bleibt sie doch nur eine Utopie?

Christoph Moeskes (Hrsg.): "Nordkorea", Ch. Links-Verlag, Berlin 2004, 239 Seiten, 15,90 Euro

 
     
     
 
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