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Kein Kahlschlag im Handwerk

 
     
 
Rund 80 Prozent aller Handwerksunternehmen verbleiben im Bereich der Meisterpflicht Nach langem Gezerre im Vermittlungsausschuß ist zum 1. Januar 2004 eine neue Handwerksordnung in Kraft getreten. Zusätzlich zu den bereits im Vorfeld der Zusammenkunft des Vermittlungsausschusses genannten 29 Berufen sind nun zwölf weitere Handwerke in der sogenannten Anlage A der Handwerksordnung enthalten. Für die dort verzeichneten Berufe ist die Meisterprüfung Voraussetzung zur unternehmerischen Selbständigkeit. Bei den zwölf zusätzlichen Berufs
bildern handelt es sich um Branchen mit umsatzstarken und beschäftigungsintensiven Betrieben, so zum Beispiel Fleischer, Friseure, Maler und Lackierer. Insgesamt dürften somit rund 80 Prozent aller Handwerksunternehmen im Bereich der Meisterpflicht verbleiben. Außerdem wurde beschlossen, daß Altgesellen sich künftig nach sechs Jahren ohne Meisterbrief in allen Gewerben selbständig machen können. Voraussetzung soll der Nachweis einer vierjährigen Tätigkeit in "leitender Position" sein. Außerdem wird das Inhaberprinzip abgeschafft. Betriebe, die ein zulassungspflichtiges Handwerk ausüben, können jetzt auch von allen Einzelunternehmern oder Personengesellschaften geführt werden, die einen Meister als Betriebsleiter einstellen. Zudem wird Ingenieuren, Hochschulabsolventen und staatlich geprüften Technikern der Zugang zum Handwerk erleichtert. Die Bundesregierung erhofft sich von der Reform vor allem die Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen, wie sie in einer Mitteilung erklärt: "In den letzten Jahren hat das Handwerk immer weniger ausgebildet. Ohne die Neuregelung hätte sich dieser Trend verstärkt, denn: viele Unternehmen finden keinen Nachfolger. 

Die Neuregelung sorgt dafür, daß mehr Betriebe gegründet werden und ausbilden können." Dieter Philipp, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, weist zwar darauf hin, daß die Bundesregierung auf Betreiben der Opposition und seines Verbandes im Vermittlungsausschuß die Reformvorhaben deutlich nachgebessert habe, "allerdings weisen die Gesetze zur Handwerksordnung nach wie vor schwerwiegende Defizite auf, die eine erfolgreiche Entwicklung unseres Wirtschaftsbereiches behindern und die insbesondere die wichtige Rolle des Handwerks für die berufliche Qualifizierung in Deutschland für die Zukunft erschweren. Dies ist angesichts der wachsenden Bedeutung von Bildung und Qualifizierung im weltweiten Wettbewerb um so unverständlicher." Philipp spricht von einer "Dequalifizierungspolitik", die kontraproduktiv sei: "Insbesondere durchbrochen wird das Prinzip der geprüften Qualifikation bei der sogenannten Altgesellenregelung." Insgesamt ist der befürchtete Kahlschlag im Handwerk ausgeblieben. Der neu gefaßte Rechtsrahmen des Handwerks zeugt aber immer noch nicht von einem in sich schlüssigen Modernisierungskonzept der Bundesregierung. Unklar bleibt etwa im Zusammenhang mit der Altgesellenregelung, wer die notwendigen kaufmännischen Kenntnisse der Gesellen und ihre Eignung als Ausbilder vor dem Schritt in die Selbständigkeit prüfen soll. Außerdem ist der Begriff "leitende Position" dehnbar und bedarf der Präzisierung. Die zum Teil mit harten Bandagen geführten Auseinandersetzungen zwischen "Superminister" Wolfgang Clement und der Handwerksorganisation zeigen eines deutlich: Die Neue Mitte hat immer noch keinen Zugang zum handwerklichen Mittelstand gefunden. Christian Klein
 
     
     
 
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