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Keinen Zentimeter Land für Ausländer

 
     
 
Der Satz "von polnischem Blut und polnischem Boden" ist für Jur-czyk Gebot der Stunde. Gleich seine ersten Amtshandlungen richteten sich gegen den Verkauf von "polnischer" Erde an Ausländer.

Den so gut wie besiegelten Verkauf eines Gewerbegeländes an die deutsche Saller Gruppe wollte er rückgängig machen, obwohl das Unternehmen bereits fünf Millionen Zloty (umgerechnet etwa 2,5 Millionen Mark) bezahlt hatte. Die deutschen Kaufleute haben angedroht, im Falle des Vertrags
bruchs eine hohe Konventionalstrafe geltend zu machen. Daher hat nun der Stadtrat eingelenkt und gegen Jurczyk entschieden, an dem Geschäft festzuhalten.

Saller wird also wahrscheinlich auf 25 000 Quadratmetern einen Einkaufskomplex bauen und anschließend an eine Supermarktkette vermieten können. Doch auch wenn Marian Jurczyk eine Niederlage erlitten hat, den Krieg gibt er nicht verloren. Nun will er sich darauf konzentrieren, weitere Grundstücksverkäufe zu verhindern.

Politisch getragen wird Marian Jurczyk von einem breiten Bündnis linker Parteien und Gruppierungen. Inhaltlich versucht er Nationalismus und Sozialismus zu einer Einheit zu verschmelzen.

Früher zeichnete ihn neben seiner Skepsis gegenüber Ausländern auch ein kämpferischer Antikommunismus aus. Der "Walesa von Stettin", so nannten ihn seine Freunde. Wie Lech Walesa auf der Danziger Werft hatte er 1980 den Arbeitskampf auf der Stettiner Werft organisiert. Während aber der Danziger Karriere machte und sogar Staatspräsident wurde, wanderte Marian Jurczyk an den Rand des politischen Spektrums. Seine Rückkehr auf die politische Bühne verdankt er nun ausgerechnet den früheren Kommunisten.

Mit seinen eigenen Parolen hatte er bei der Wahl im Oktober nur sechs von 60 Sitzen im Stettiner Stadtrat erringen können. Zum Oberbürgermeister wurde er gewählt mit den 24 Stimmen der Ex-Kommunisten, die heute "Demokratisches Linksbündnis" (SLD) heißen. Sie verhinderten so die Wahl eines Kandidaten der Mitte-Rechts Parteien.

Die Begriffe links und rechts sind aber für Deutsche irreführend, denn ein polnischer Linker ist zumeist auch ein guter Nationalist und Ausländerfeind.

Die Wirtschaftsverbände in Stettin fürchten nun um das Ansehen ihrer Stadt. "Wenn wir ausländische Investoren ausschließen, werden wir eine Wirtschaftswüste", warnte Ökonomieprofessor Antoni Nowakowski in der Zeitung "Gazeta Wyborcza". Marian Jurczyk wolle nur einen Ausverkauf zum Billigtarif verhindern, beschwichtigte unterdessen sein Büroleiter Piotr Podzielny: "Stettin bleibt eine offene Stadt für Investoren.

Ob die Stadt jemals "offen" war für deutsche Investoren? Da haben Kaufleute aus Rostock und Spediteure aus Lübeck – beide Städte sind übrigens partnerschaftlich mit Stettin verbunden – ganz andere Erfahrungen gemacht. "Wenn man da Geschäfte machen will, dann muß man ganz vorsichtig sein. Die Ressentiments der Polen gegenüber den Deutschen sind enorm. Die fürchten immer gleich eine Re-Germanisierung", sagte ein alter Spediteur aus Lübeck.

Aber auch im "Haus Stettin" in Lübeck und im "Pommernzentrum" in Travemünde wird sicher so mancher Optimist die neue Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen müssen.

"Das Problem ist , daß viele Polen sich einfach nicht vorstellen können, daß die Deutschen wirklich auf diese alte deutsche Metropole verzichten wollen. Die Polen denken immer : Stettin war einer der größten deutschen Überseehäfen, Stettin war der Vorhafen von Berlin – die Deutschen müssen doch zurückkommen, das gebietet denen doch der nationale Anstand", kommentierte ein sachkundiger Kaufmann. Aber was weiß dieser schon von den verschlungenen Pfaden westdeutscher Nachkriegspolitik?

 

 
     
     
 
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