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Der in der Ukraine alltäglich stattfindende Machtkampf zwische ukrainischen und russischen Einflüssen findet auf verschiedensten Ebenen statt: auf de sprachlich-kulturellen, der parteipolitischen und wirtschaftliche sowie nicht zuletzt auf der religiösen.
Wie stark sich gerade auf der letztgenannten Ebene in der zweiten Augusthälfte die Konflikte zuspitzten, verdeutlichte am 24. August die Demonstration von über 300 Anhängern der beiden Flügel der "Ruch" sowie von Teilen der ukrainische Orthodoxie vor der wiederaufgebauten Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale in Kiew.
Die nationalistische n Parteigänger und die Gläubigen der Ukrainischen Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchat sowie der Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirch wandten sich gegen die alleinige Weihe des Gotteshauses durch den Metropoliten Wolodimir Dieser repräsentiert die dem Partriarchat Moskaus unterstellte Ukrainische Orthodox Kirche.
Nach Ansicht der Demonstranten hätte die Zeremonie, die in Anwesenheit von Präsiden Leonid Kutschma Bestandteil der offiziellen Feiern zum neunten Jahrestag der ukrainische Unabhängigkeitserklärung war, von Vertretern aller drei orthodoxen Kirchen des Lande gemeinsam durchgeführt werden müssen.
Daß dem Kiewer Protest eine neuerliche Absage an alle Vereinigungsbemühungen seiten der an Moskau gebundenen Hauptströmung der Orthodoxie in der Ukraine vorausgegangen war steigerte die Wut der Demonstranten noch mehr. Immer wieder skandierten sie die Losun "Raus mit der Moskauer Kirche aus der Ukraine!"
Mitte August hatte Präsident Kutschma, unterstützt von mehreren Bischöfen aus de Westukraine, ein Telegramm an Alexij II. als dem Patriarchen von Moskau und ganz Rußlan geschickt, in dem er um die Gewährung einer Autonomie für die ihm unterstellt Ukrainische Orthodoxe Kirche bat.
Auf einer viertägigen Versammlung von etwa 150 Bischöfen in Moskau wurde diese Gesuch wenige Tage später nicht einmal als prüfenswert erachtet. Man erklärt lediglich, daß weltliche Autoritäten sich nicht in Kirchenangelegenheiten einmische sollten.
Obwohl die Russische Orthodoxe Kirche ihrer ukrainischen Schwester im Jahre 1992 ein eigene Bischofssynode zubilligte sowie das Recht, selbst Bischöfe zu weihen und ohn Rücksprache Heiligsprechungen vorzunehmen, ist diese Autonomie eine bloß inoffizielle Weder taucht sie im Namen auf, noch ist sie im Bewußtsein der breiten Bevölkerun verankert. Dies liegt auch daran, daß sie als Kirche für die große Zahl der in de Ostukraine lebenden Russen wahrgenommen wird.
Während die Regierung in Kiew und die beiden anderen ukrainischen orthodoxen Kirche für eine Aufhebung der Spaltung unter dem Dach einer unabhängigen Ukrainische Orthodoxen Kirche eintreten, will das Moskauer Patriarchat nur eine "Rückkehr de Schismatiker" unter ihre Fittiche akzeptieren.
Daß der Streit auch international Kreise zieht, zeigt die Unterstützung des Kiewe Standpunktes durch den Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomäus I. Dieser genieß traditionell einen bevorzugten Status in der weltweiten Orthodoxie und streitet die Zugehörigkeit der Ukraine zum kanonischen Gebiet der Russischen Orthodoxen Kirch energisch ab.
Ähnlich hatte sich Bartholomäus I. bereits 1996 in bezug auf Estland verhalten, als sich einige Mitglieder der Estnischen Orthodoxen Kirche von Moskau abwendeten und sic statt dessen dem Patriarchat Konstantinopels unterordneten.
Während der Kirchenkampf in der protestantisch geprägten Baltenrepublik vo untergeordneter politischer Bedeutung war, berühren die aktuellen Streitereien in de Ukraine das Selbstverständnis dieses labilen Staatsgebildes. Nur wer sich darüber in klaren ist, kann auch die Empörung der 3000 national-ukrainischen Demonstranten vor de Kiewer Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale verstehen.
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