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Kriminelle Energie

 
     
 
Die jüngste Bonner Parteispendenaffäre geht weit über die bisherigen Korruptionsskandale hinaus und droht sich zu einer Staatsaffäre auszuweiten Nur noch unbedarfte Gemüter wollen glauben, daß eine Million Mark des Waffenhändler Karlheinz Schreiber erforderlich gewesen wäre, um 36 deutsche Spürpanzer vom Typ Fuch nach Saudi Arabien exportieren
zu können. Das Panzergeschäft war politisch gewollt, un das war bekannt.

Leute wie Schreiber werfen nicht dem CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep ein Million Mark vor die Füße, wenn das Geschäft ohnehin zustande kommt. Es ist auch nich mehr entscheidend, was Kiep mit der Million machte. Das interessiert nur noc Steuerfahnder und Staatsanwälte. Jetzt kommt es nur noch darauf an, mehr Details zu erfahren, wie Kohl diese Republik und seine Partei regierte und wer über Geldzahlunge Einfluß nehmen konnte.

Kohl regierte – und die bisher bekannten Fakten lassen keinen anderen Schluß zu – das Land und seine CDU wie ein absolutistischer Fürst. Er verteilte Geld un Posten, er hielt sich nicht an die Gesetze, die er für seine Bürger erließ. Auch da Parteiengesetz ist kein Gesetz zweiter Klasse, gegen das beliebig verstoßen werde könnte. Gerade die politische Klasse müßte sich, will sie Glaubwürdigkeit bewahren besonders präzise an die Gesetze halten. Kohl jedoch praktizierte in der CDU kei "patriarchalisches System", wie sein Nachfolger Wolfgang Schäubl verniedlichend darstellte, sondern agierte mit "krimineller Energie". Das Zita stammt von einem CDU-Präsidiumsmitglied, das seinen Namen nicht genannt wissen möchte.

Ehe die neuerliche Affäre hochkochte, hatte die politische Welt für die Christdemokraten glänzend ausgesehen. Wahlen wurden in Serie gewonnen, selbst auf de schwierigen Berliner Hauptstadtgelände kam die CDU bei der Abgeordnetenhauswahl über 4 Prozent. Die Fehler der rot-grünen Koalition trugen ein übriges dazu bei, den Glanz de Union zu verbessern. Für Schäuble schien nicht nur die Kanzlerkandidatur, sondern selbs die Kanzlerschaft zum Greifen nahe. Seine Generalsekretärin Angela Merkel schaffte es der Partei einen modernen Anstrich zu geben. Dabei gelang sogar der Spagat, sic einerseits modern zu geben und andererseits konservative Wähler nicht zu vergraulen.

Doch jetzt holt die Affäre die CDU ein. In der Gunst der Öffentlichkeit stürzte zunächst Kohl ab, die Partei selbst liegt nach jüngsten Umfrage noch vor der SPD. Das kann sich schnell ändern, denn Schäuble, Merkel und de niedersächsische CDU-Vorsitzende Christian Wulff, um die wichtigsten Gegner des alte Kanzlers zu nennen, mußten schnell erleben, daß das System Kohl wie eh und j funktioniert.

In Präsidium und Vorstand hielt eine Mehrheit weiterhin zu ihrem ehemalige Vorsitzenden und heutigen Ehrenvorsitzenden. Kaum jemand wagte ein offenes kritische Wort. Kohl hielt einen Bericht über die Aussage des CDU-Wirtschaftsprüfers Weyrauch vo der Augsburger Staatsanwaltschaft eine Woche lang vor Schäuble geheim. Eine Desavouierun des Nachfolgers. Das System von geheimen Konten, über die Transfers in noch nicht gena bekannter Höhe abgewickelt wurden, bedauerte Kohl. Und er übernahm die politisch Verantwortung.

Die Übernahme der Verantwortung wird jedoch nicht reichen, wenn die Union als politische Kraft erhalten werden soll. Es geht Schäuble nicht mehr allein darum Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, sondern die Existenz der Partei zu retten. Solang Kohl jedoch wie eine Bleiplatte auf der CDU liegt, sind Erfolge nicht zu erwarten. De Oggersheimer ist zu einer Altlast geworden. Sein Wirken dürfte bald vo Untersuchungsausschuß des Bundestages bis ins Detail untersucht werden – vermutlic mit weiteren unangenehmen Erkenntnissen.

Wenn es nicht doch noch zu einer schnellen Aufklärung kommen sollte, kann die CDU die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein un Nordrhein-Westfalen abschreiben. Das würde den Druck auf Schäuble verstärken, der sic nicht nur den Vorwurf gefallen lassen muß, seinen Vorgänger nicht abschütteln zu können, sondern auch noch als erfolgloser Wahlkämpfer dastehen würde. Die Macht – im Oktober noch zum Greifen nah – wäre in unerreichbare Ferne gerückt.

Auch die Modernisierung der Partei würde steckenbleiben. Generalsekretärin Merke kann ohnehin die Arbeit des letzten Jahres als vergebliche Mühe abschreiben. Der Klein Parteitag am 13. Dezember, eigentlich gewidmet der Familienpolitik, wurde komplett von de Spendenaffäre überlagert.

Nach der Bundestagswahl wurde oft gefragt, warum die CDU nicht das Schicksal de italienischen oder belgischen Christdemokraten ereilte, die zerbrachen. Die Antwort wir in diesen Tagen deutlich: Kohl hielt seine Partei wie eine Klammer zusammen. Diese Klamme hält nicht mehr. Und vielleicht wird Kohl auch noch das Auseinanderbrechen seiner Parte erleben.
 
     
     
 
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