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Trotz aller Bärbeißigkeit, mit der sie "ihren Joschka" gegen wachsende Kritik auch verteidigen mögen, eine Frage läßt auch die Phalanx der 68er und ihrer willigen Helfer zunehmend verlegen grübeln: Wer eigentlich ist Joschka Fischer? Genauer: Wofür steht dieser Mann außer für sich und seine getreuen Kumpane, die er von Beginn seiner politischen Karriere an so fürsorglich mit lukrativen Posten bedacht hat?
Fischers kategorische Worte zu den jüngsten amerikanisch-britischen Bombenabwürfen auf den Irak ließen seinen Parteifreunden den Atem stocken. Deutschland "hat das nicht zu kritisieren", donnerte der Außenminister seinen pazifistisch gesinnten Parteifreunden von Washington aus vor die Latzhosen.
Der atomtransportgezeichnete Umweltminister Trittin verlor als erster die Nerven und zettelte eine kleine Revolte an die indes schon nach Stunden erlahmen sollte. Doch dann der zweite Schreck: Im Jahre 1999 hat, wie jetzt bekannt wurde, die Bundesrepublik mehr Waffen exportiert als jemals zuvor. Eine stolze Bilanz für die friedensbewegten Grünen, die noch kürzlich skandiert hatten: "Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt!" Die gequälten Rechtfertigungsversuche etlicher Grünen-Politiker für den faktischen 180-Grad-Schwenk waren schlicht eine Farce.
Besonders unangenehm: Auch hier ist Joschka Fischer vorrangig verantwortlich. Waffenexporte gehen nicht am Außenamt vorbei.
Insbesondere sein fast unterwürfiges Gebaren gegenüber Washington aber läßt eine wachsende Zahl von Parteigängern an Vizekanzler Fischer verzweifeln. Jahrzehntelang war ihnen die Supermacht der Quell allen Übels. Kuba und Nicaragua, Perus "Leuchtender Pfad" und Vietcong alles, was den Yankees in die Quere kam, wurde ikonengleich verehrt. Doch kaum an der Macht, rieb man sich an der Basis der einstigen Ökopartei verdutzt die Augen. Soviel überschwengliche Loyalität wie die des Grünen Fischer konnten selbst die Machthaber im Weißen Haus kaum fassen. Da hatten ja sogar bürgerliche, von jeher atlantisch beheimatete Außenamtschefs mehr Rückgrat bewiesen am Throne des übermächtigen Verbündeten als "ihr" Joschka Fischer.
Die billigste Erklärung für Fischers Folgsamkeit gegenüber den USA sieht hierin nichts als seinen (alles andere überschattenden) Willen, an der Macht zu bleiben. Bereits als "Realo"-Führer war ihm keine Verrenkung verwegen, kein Bocksprung weit genug, um bloß oben zu bleiben.
Die jüngsten Enthüllungen über Joseph Martin Fischers Vergangenheit provozieren jedoch überdies zu einem weiteren, überaus alarmierenden Verdacht: Die US-Geheimdienste haben die Vietnam- und Friedensbewegung in Westdeutschland ohne Zweifel genauestens beobachtet ebenso wie alle anderen linksextremen Schwingungen in der Bundesrepublik, dem wichtigsten Frontstaat des atlantischen Bündnisses, an denen sich Fischer einst rege beteiligte.
Die Ost-Berliner Stasi war wie wir heute wissen nicht nur ein ebenso eifriger Beobachter, sondern nicht selten Beteiligter bei allerlei linksradikalen Strömungen in der Bonner Republik. Ihre Unterlagen über westdeutsche Agenten und Beobachtungsopfer gelangten bekanntlich unter dem Decknamen "Rosenholtz" kurz nach dem Zusammenbruch der DDR gleichfalls nach Übersee.
Die Vermutung liegt nahe, daß die US-Administration Dossiers über die linken Bewegungen im Nachkriegsdeutschland in einer Vollständigkeit archiviert hat, von der deutsche Untersuchungsausschüsse nur träumen können. Gut informierte Kreise in Berlin schieben die düstere Vermutung, daß hier der Name Fischer mehr als einmal auftaucht. Die bisherigen Enthüllungen über Fischers Vita zumindest lassen darauf schließen. Seine Praxis, stets nur das zuzugegeben, was ihm nachgewiesen wird, drängt überdies zu dem Gedanken, daß Joschka Fischer noch einiges zu verbergen hat.
Die "Welt" deutete bereits an, daß der Außenminister womöglich in seiner Amtsführung befangen sein könnte wegen seiner Vergangenheit. Von einer möglichen Erpreßbarkeit des deutschen Chefdiplomaten spricht indes noch niemand. Zumindest nicht öffentlich. Elisa Wachtner
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