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Ein Mangel an Sylt-Büchern, besonders an Sylt-Bildbänden, besteht wahrlich nicht. Wenn der Architekt und Künstler Christian Papendick – einer breiteren Öffentlichkeit bereits durch seine Fotographien in dem Buch „Die Kurische Nehrung“ auch als Fotograf bekannt – nun mit einem weiteren Sylt-Bildband hervortritt, dann muß es dafür einen Grund geben.
Papendick, der morgen seinen 80. Geburtstag feiert, hat Sylt in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Male besucht und diese Insel bis in die letzten Winkel durchstreift. Die Dünen und Dörfer, das Watt und die anbrandende Nordsee haben den gebürtigen Königsberger immer wieder an die unvergessene Kurische Nehrung erinnert, auf der er als Schüler vor und während des Krieges seine Ferien verbrachte und erste fotografische und malerische Gehversuche unternahm. Seit den 50er Jahren nun ist Sylt für ihn eine ähnlich faszinierende Landschaft geworden wie die über Jahrzehnte unerreichbare Kurische Nehrung. So wundert es nicht, daß der Augenmensch Papendick gar nicht anders konnte, als sich mit dieser vielgestaltigen Insel bildnerisch auseinanderzusetzen und ihre unvergleichliche Erscheinung in die Fotografie zu bannen.
Hier werden nicht wie in vielen schönen Bildbänden beziehungslos viele schöne Bilder in einem sterilen Ästhetizismus aneinandergereiht. Dieses Sylt-Buch hat einen roten Faden. Papendick nimmt den Leser an die Hand und führt ihn über die Insel. Das Sylt-Erlebnis beginnt bereits kurz hinter Hamburg. In seiner Texteinleitung begleitet er den Syltbesucher durch die Elbmarschen, die Kremper und Wilster Marsch, durch Dithmarschen und Eiderstedt. Der Reisende wird auf die herbe Schönheit der nordwestdeutschen Landschaft eingestimmt. Auch kurze Pausen in den alten Hafenstädten Tönning und Husum – mit Matjes- und Krabbenbrot – werden nicht vergessen.
Die Spannung auf Sylt steigt und erreicht ihren ersten Höhepunkt, wenn Papendick mit dem Leser über den Hindenburgdamm rollt und ihm seine Impressionen über das Wattenmeer und die Sylter Ostküste mitteilt – übrigens in einer Sprache, die seine Begeisterung für Nordfriesland und diese Insel verrät. Auf Sylt dann folgt das Buch einer klaren, nachvollziehbaren Gliederung. Es geht zuerst in den Süden, durch eine „wilde, fast unwirkliche Dünenlandschaft“ bis nach Hörnum und Hörnum-Odde – einem unbedingten „Muß auf der Insel“.
Zurück nach Norden verweilt Papendick zunächst in der herrlichen Strandlandschaft von „Sansibar“ und blickt auch in Herbert Secklers illustre Gourmetbar. Durch Rantum mit seinen in die Dünen geduckten Reetdachhäuser geht es dann in die Inselmetropole Westerland. Auf dem Weg von Wenningstedt über Kampen nach List beschäftigt er sich gleichermaßen gründlich mit den baulichen und landschaftlichen Höhepunkten. Das Haus von Kommandeur Hans Hansen Teunis und das Hotel „Strandhörn“, in dem Thomas Mann logierte, werden genauso gezeigt wie die „Sturmhaube“ oder die expressiv-abstrakten Strukturen des Roten Kliffs.
Auch in das prähistorische Ganggrab „Denghoog“ wird der Leser geführt. In List dann öffnet er ihm die Augen für die beispielhaft in die Landschaft eingefügten Reetdachhäuser der ehemaligen Wehrmachtssiedlung. Die Dünen des Listlandes und die Ödnis des Ellenbogens sind weitere fotografische, aber auch textliche Höhepunkte dieses Buches.
Im weiten Marschland“ um Archsum und Morsum im Osten der Insel endet das Buch, und das hat auch Logik. Denn hier verläßt der Sylt-Besucher die Insel und rollt wieder über den Hindenburgdamm zurück aufs Festland – nicht ohne, daß ihm Papendick noch ein paar Landschafts- und Wolkenbilder mit auf den Weg gibt. (A.L.)
Christian Papendick: „Sylt – Insel zwischen Sturm und Stille“, Husum Verlag, Husum, geb., 144 Seiten, 300 farbige Abbildungen, 39,95 Euro 5705 |
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