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Frankreich hat die seit langem diskutierte Neuordnung seiner Luft- und Raumfahrtindustrie auf den Weg gebracht. Die Regierung in Paris ga offiziell die Fusion des bisher staatlichen Luftfahrtkonzerns Aerospatiale und de privaten Lagardere-Tochter "Matra Hautes Technologies" (MTH) bekannt. De Fusionsplan sieht vor, daß Lagardere 33 Prozent des Kapitals von Aerospatiale-Matr übernimmt und damit größter Privataktionär der neuen Gruppe sein wird. Außer de Einbringung seiner Tochter MTH wird Lagardere noch einen Kaufpreis von rund 600 Millione zahlen. Bei der Teilprivatisierung hat sich der Staat Sonderrechte gesichert. Im Amtsblat hat Frankreichs Regierung ein Dekret veröffentlicht, das ihr eine sogenannte "golde share" ("Goldene Aktie") einräumt. Damit übt der französische Staat vo allem eine Kontrolle über die Zusammensetzung des Kapitals und die als strategisc eingestuften Aktivitäten aus. Außerdem steht ihm damit ein Sitz im Aufsichtsrat zu, de voraussichtlich der Rüstungsbeauftragte Jean-Yves Helmer übernehmen wird.
Durch die Zusammenlegung entsteht in Europa der zweitgrößte Rüstungskonzern hinte dem neuen britischen Giganten British Aerospace-Marconi. Weltweit beleg Aerospatiale-Matra auf der Grundlage der Umsatzzahlen von 1997 Platz fünf hinter de beiden US-Konzernen Boeing und Lockheed-Martin, BAe-Marconi und dem US-Unternehme Raytheon-Hughes. Zwei Drittel des Umsatzes von Aerospatiale-Matra werden im zivile Bereich erwirtschaftet, 40 Prozent der Einnahmen stammen aus dem Bau von Zivilflugzeugen.
Der neue Branchenriese, der auch knapp 46 Prozent Kapitalanteile an dem private Flugzeugkonstrukteur Dassault übernimmt, wird als einziges europäisches Unternehmen die gesamte Palette der Luft- und Raumfahrt umfassen: zivile und militärische Flugzeuge un Hubschrauber, taktische und ballistische Raketen, Satelliten und Trägerraketen für die Raumfahrt.
Die französische Gruppe kommt auf einen Jahresumsatz von nahezu 24 Milliarden Mark. 5 Prozent der Tätigkeit von Aerospatiale-Matra entfallen auf den Flugzeug- un Hubschraubersektor, 22 Prozent auf den Raketenbau, 14 Prozent auf den Satellitenbau un sechs Prozent auf den Telekommunikationsbereich.
In den Bereichen Helikopter und Trägerraketen ist Aerospatiale-Matra soga Weltmarktführer. Mitgerechnet ist dabei eine Beteiligung von 70 Prozent an de deutsch-französischen Hubschrauberunternehmen Eurocopter und von 40 Prozent am Bau de europäischen Ariane-Trägerraketen. Für Zivilflugzeuge mit mehr als 100 Plätzen hier ist die Airbus-Beteiligung von 37,9 Prozent eingerechnet und für taktisch und ballistische Raketen belegt der neue Konzern Platz zwei. Beim Satellitenbau ist e hinter den Amerikanern von Raytheon-Hughes und Lockheed-Martin Nummer drei. Dafür sorg vor allem die Tochter Matra Marconi Space, die ihre Tätigkeit mit der deutschen Dasa un der italienischen Alenia zusammenlegen will.
Die Fusion wird Analysten zufolge jährliche Kosteneinsparungen von mehr als eine Milliarde Franc (rund 250 Millionen Mark) ermöglichen. Außerdem dürften sich dadurc die Entwicklungs- und Forschungskapazitäten verbessern, die voraussichtlich sieben bi acht Prozent am Umsatz ausmachen werden.
Beim Verbandsflug in die Neuordnung der europäischen Luft- und Raumfahrtindustri findet sich die Daimler/Chrysler Aerospace AG (Dasa) als Nachzügler wieder. Die Teilprivatisierung und Fusion der französischen Aerospatiale SA mit der private Lagardere-Tochter Matra Hautes Technologies (HT) zu Europas zweitgrößtem Luft- un Raumfahrtkonzern drängt sie in die Isolation. Denn der lange umworbene Airbus-Partne British Aerospace (BAe) hatte zuvor schon den Deutschen eine in-nerbritische Fusion mi GEC Marcone vorgezogen. Nun haben die französischen Airbus-Partner wenn auch mi gehöriger Verspätung ihre eigene nationale Lösung gefunden.
Sie befinden sich damit in einer Position der Stärke gegenüber den Deutschen, die in der Vergangenheit immer wieder ihre Forderung nach völliger Aerospatiale-Privatisierun zur Vorbedingung für eine mögliche Fusion gemacht haben. Davon rückt die Dasa, die sic gemessen am Umsatz nun weltweit auf Rang sechs wiederfindet, zwar auch heute nicht ab Doch ihre Forderung klingt in französischen Ohren zunehmend unglaubwürdig. Vo "einem frommen Wunsch" sprach jüngst die Pariser Wirtschaftszeitung "L Tribune", die zu dem Schluß kommt: "Die Dasa hat allen Grund, unruhig zu werden." Denn dem Großindustriellen Jean-Luc Lagardere, der mit einem Anteil von 3 Prozent nun größter privater Einzelaktionär der neuen Aerospatiale-Matra-Gruppe wird werden keine großen Ambitionen auf eine Teilnahme an einer europäischen Allian nachgesagt.
Die neue französische Einheit, die bei einem Umsatz von 24 Milliarden Mark im Konzer der Großen weltweit auf Platz fünf mitspielt, ist in Europa in vielen Bereiche tonangebend. Sie muß sich nach dem Scheitern der Fusionsgespräche zwischen Dasa und BA überdies keine großen Gedanken mehr um deutsche Befindlichkeiten machen, auch wen Aerospatiale wegen Wertberichtigungen im Airbus-Geschäft 1998 in die roten Zahle gerutscht sein soll. "Nichts zwingt das französische Lager, der deutschen Grupp einen solchen Gunstbeweis zu gewähren", schreibt "La Tribune" mit Blic auf die Forderung nach völligem Rückzug des Staates. Zudem hat die Regierung in Amtsblatt klargestellt, daß sie angesichts der strategischen Bedeutung des Konzerns au jeden Falle eine Aktie mit Sonderrechten ("Goldene Aktie") für sich in Anspruc nimmt. Dennoch umwerben die französischen Partner weiterhin die deutsche Dasa, mit de sie in den Bereichen Hubschrauber, Raketen und Satelliten eng verflochten sind Ausdrücklich betonte in Paris Wirtschafts- und Finanzminister Dominique Strauss-Kahn "Diese Fusion soll es ermöglichen, Frankreich auf andere Allianzen mit europäische Partnern vorzubereiten."
Aerospatiale und Daimler/Chrysler sind mit Anteilen von je 37,5 Prozent größt Airbus-Partner. Der größte Nutznießer des nun abflauenden Konzentrationsprozesse könnte daher das Airbus-Konsortium sein. Denn dessen Neuordnung war unter dem Eindruc der Unruhe bei den auf Brautschau befindlichen Partnern empfindlich gestört worden. Die Fusion in Frankreichs Luft- und Raumfahrtindustrie könnte damit eine Beschleunigung de Airbus-Reformprozesses einleiten. Es sei denn, die europäische Partnersuche würde nu von der Dasa noch um eine amerikanische Variante erweitert.
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