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METHODEN DER HUMANGENETIK

 
     
 
ZWILLINGS- UND FAMILIEN-FORSCHUNG. Die Humangenetik verfugt über eine untrügliche Methode, (v. Verschuer), um festzustellen, ob an der Ausformung eines Merkmals Erbanlagen beteiligt sind: die Zwillingsmethode. Es gibt zwei Arten von Zwillingen: i, Eineiige (monozygotische, identische) Zwillinge (EZ), die in einem frühen Stadium der Embryonalentwicklung aus der Teilung eines aus einem einzigen befruchteten Ei hervorgegangenen Keims entstehen, daher erbgleich und phänotypisch sehr ähnlich sind. 2. Zweieiige (dizygotische, nicht-i d e n t i s c h e) Z w i l l i n g e (ZZ), die aus zwei gleichzeitig oder kurz nacheinander befruchteten Eiern entstehen und daher nur eine durchschnittliche Geschwister-Gengemeinschaft und Geschwisterähnlichkeit aufweisen. Die beiden Gruppen können durch die polysymptomatischeÄllnlichkeitsanalyse, d. h. durch den Ahnlichkeitsvergleich in zahlreichen Merkmalen, darunter Blutgruppen, Kopf- und Körpermaße, Haar- und Augenfarbe, Hautleisten, Ohr, physiognomische Formmerkmale, gut getrennt werden. Bei der Untersuchung eines Merkmals auf Erbbedingtheit wird geprüft, wie oft bei den beiden Paarlingen der Zwillingspaare Konkordanz (Übereinstimmung) oder Diskordanz (Verschiedenheit) auftritt. Zeigen EZ deutlich höhere Anteile von Konkordanz als ZZ, so weist dies auf die Beteiligung von Erbanlagen bei der Entstehung des Merkmals hin. Unterschiede zwischen EZ können auf Meßfehlern oder auf Umweltwirkung beruhen (Modifikationen). Aus der Größe der durchschnittlichen Unterschiede zwischen den Paarlingen von EZ-Paaren kann auf den Grad der U rn w e l t 1 a b i l i t ii t oder U ni w e l t s t a b i l i t ii t der Merkmale geschlossen werden. Völlig umweltstabil sind z. B. die Blutgruppen, relativ umweltlabil die Körpermaße und unter ihnen vor allem das Körpergewicht. Die Zwillingsmethode zeigt jedoch nicht das volle Maß der Modifizierbarkeit eines Merkmals, da auch bei getrennt aufgewachsenen EZ die Umwelt nicht maximal verschieden ist. So hat die säkulare Körperhöhensteigerung (Wachstum) eine stärkere Modifizierbarkeit der Körperhöhe erwiesen, als aus Zwillingsuntersuchungen hätte geschlossen werden können.

Auch über den Erbgang eines Merkmals und damit über die beteiligten Gene vermag die Zwillingsforschung nichts auszusagen. Dies ist nur durch Familienuntersuchungen möglich. Wegen der geringen Nachkommenzahlen beim Menschen müssen dabei jeweils die Kinder aus einer größeren Zahl von Familien zur Prüfung von Mendel-Verhältnissen zusammengefaßt werden. Untersuchungen an Rassenmischlingen ersetzen das beim Menschen nicht mögliche Kreuzungsexperiment durch Kreuzungsbeobachtung. Die umfangreichsten Untersuchungen dieser Art, die den Erbgang einer Reihe von Rassenmerkmalen geprüft haben, sind die über die R e h o -b o t h e r Bastards, Nachkommen von Holländern und Hottentotten in Südafrika (Eugen Fisch e r,1913), über die Mestizen von K i s a r (malaiischer Archipel, R o d e n w a l d t,1927) und über die M u l a t t e n, Kreuzungen zwischen Weißen und Negern in Jamaica (Davenport und Steggerda, 1929).

ERBLICHKEIT MORPHOLOGISCHER MERKMALE. Zwillings- und Familienuntersuchungen zeigen eine überwiegende Erbkomponente für die Maß e und Proportion en des Gesamtkörpers und seiner Teile. Am W a c li s t u m sind zahlreiche Einzelgene Körpergewicht Brustumfang Körperhöhe Schulterbreite Kopflänge Kopfbreite beteiligt, zum Teil als übergeordnete Steuerungen, die über hormonale oder nervöse Regulationssysteme wirken. Aus der Erbpathologie sind auch Einzelgene bekannt, die zu charakteristischen Störungen des Wachstums und damit auch von Körpergröße und Proportionen führen und deren normale Allele daher offenbar für ungestörtes Wachstum notwendig sind (u. a. C li o n -drodystrophie = Zwergzonchs mit Verkürzung und Verplumpung der Extremitäten infolge gestörter Knorpelbildung; Hanhartscher Zwergwuchs = Wachstumshemmung vom 3. Lebensjahr an u. a.). Es ist möglich, daß extreme rassische Wuchs-formen, insbesondere der Rassen-Zwergwuchs, auf Genen beruhen, die zu solchen anomalen Mutanten in Beziehung stehen (E. Fischer).

Umweltstabil und in ihrer erwachsenen Ausprägung in geringem Grade von Wachstumsmodifikationen abhängig sind die physiognomischen Formmerkmale, die in der Rassensystematik eine große Rolle spielen (Stirnbildung, Lage des Augapfels, Form und Stellung der Lidspalte, Deckfaltenform, Mongolen falte; Brauenform; Nasenprofil, Form des Nasenflügels und des Septums; Stellung der Wangenbeine; Höhe und Profilform der Hautlippen, Breite und Form der Schleimhautlippen; Kinnform u. a.). Das gleiche gilt für die Ha a r f o r. m, die u. a. die drei Rassenkreise trennt (Kraushaar der Negriden, straffes Haar der Mongoliden, schlichtes, welliges oder lockiges Haar der Europiden), das H a u t l e i s t e n s y s t e m, das große regional-rassische Unterschiede aufweist, die Merkmale des Ohrs und die Iris s t r u k tu r. Alle diese Merkmale sind daher auch für die. Zwillings- und für die Abstammungsdiagnose wichtig (- Vaterschaftsnachweis).

Die P i g m e n t a t i o n von Haut, Augen und Haar, ein weiteres Hauptmerkmal der Rassensystematik, ist gleichfalls weitgehend umweltstabil, weist jedoch einige Altersveränderungen auf (Nachdunkeln von Haar- und Augenfarbe in farbgemischten Bevölkerungen, hellere Hautfarbe der neugeborenen als der erwachsenen Negriden). Familien-, insbesondere auch Bastarduntersuchungen zeigen eine deutliche Tendenz zur Dominanz der jeweils stärkeren Pigmentationsgrade (D av e n p o r t, Fleischhacker, Ruggles-Gates, Tillner u. a.). Es handelt sich jedoch nicht um einfache Dominanz-Rezessivitäts-Verhältnisse, sondern um die Beteiligung von jeweils mehreren Genen, die denen anderer Säugetiere (Kaninchen, Hund, Schaf, Rund, Schwein) weitgehend homolog sein dürften (Steiniger). Es gibt auch erbliche Störungen der Pigmentbildung (Albinismus = vollständiger oder unvollständiger Pigmentmangel; M e l a n i s m u s= lokale Überproduktion von Pigment). Beziehungen zu den rassisch gehäuften Pigmentationsvarianten, insbesondere des Albinismus zur D e p i g m e n t a t i o n in Nordeuropa, sind möglich, aber im einzelnen noch nicht geklärt.
 
     
     
 
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