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Es gibt Bücher, die schon durch ihre Ausstattung sympathisch sind. Dieses ist ein solches Buch. Der Theiss-Verlag, der einer der führenden Verlage historischer und archäologischer Sachbücher ist, hat anläßlich seines 50jährigen Bestehens einen großformatigen Band über „Unsere Geschichte. Von der Urzeit bis zum Mittelalter“ herausgegeben. Der Journalist Wolfgang Korn hat Ergebnisse der neuesten Forschung in gut lesbare Form gebracht. Der dänische Maler Flemming Bau steuert schöne farbige Bilder über das Leben der Menschen in den vergangenen Jahrtausende n bei. Fotos von Fundstücken und historischen Gebäuden sowie Übersichtskarten runden das Bild ab. Wir erfahren von Funden aus älterer Zeit, so den Speeren aus der Gegend von Helmstedt, die belegen, daß schon vor etwa 400000 Jahren steinzeitliche Jäger in unseren Breiten gelebt haben. Im Laufe der Jahrtausende schwankte das Klima in Europa erheblich; Korn schildert anschaulich die Folgen. Langsam drang der Ackerbau von Süd nach Nord vor.
Vor zirka 4000 Jahren begann die Bronzezeit, von der viele Fundstücke erzählen. Vor sieben Jahren fanden Raubgräber im heutigen Sachsen-Anhalt die Himmelsscheibe von Nebra, die sich als die weltweit älteste Darstellung des Nachthimmels mit Mond, zunehmender Mondsichel und Sternen herausstellte. Sind die 8000 Jahre alten Funde Zeichen für einen einheitlichen Kulturstil der Menschen Norddeutschlands und das erste Merkmal für das Auftreten der Germanen? Der Autor tut sich - gemäß dem heutigen Zeitgeist - schwer mit dem Begriff „Germanen“. Für ihn sind die unterschiedlichen Familienverbände und Stämme ohne inneren Zusammenhalt, und Unterschiede zu den Menschen anderer Kulturregionen, etwa zu den Römern, erklärt er eher mit sozialen Verhältnissen. Den Rand der Komik streift er, wenn er berichtet, die Germanen seien einen Kopf größer gewesen als die Römer, weil sie mehr Schweinefleisch gegessen hätten. Die Römer hingegen bezeichneten die nördlich der Donau und östlich des Rheines lebenden Stämme als Germanen. Unstrittig ist jedoch, daß Süddeutschland von Kelten besiedelt war. Sie machten sich ebenso wie die Germanen in der Völkerwanderungszeit auf den Weg.
Gründe dafür könnten Überbevölkerung wie auch Klimaveränderung sein. Man bekommt in dem Buch einen guten Einblick in die auf germanischem wie keltischem Boden errichteten römischen Städte, die etwa 260 n. Chr. von den Römern geräumt wurden, wobei aber durchaus Einwohner der Römerzeit zurückblieben und gemeinsam mit Germanen die zerfallenden Städte bewohnten. Ein Kapitel ist den im Norden Europas lebenden Wikingern gewidmet, deren Eroberungs- und Raubfahrten zur See bis in die arabische Welt mit Nahrungsmittelmangel in ihren Heimatgefilden erklärt werden. Christianisierung und ihre Folgen, Weiterentwicklung der Landwirtschaft, Beginn des Bergbaus, Entstehung von Dörfern, Burgen und Städten ziehen an dem Leser vorbei. Als die Durchschnittstemperaturen sanken, verschlechterten sich die Ernteergebnisse. Aus Asien wurde die Pest nach Europa eingeschleppt, der ein Drittel der Einwohner zum Opfer fiel. Und hier endet das Buch, das gut geeignet ist, jungen Menschen einen Überblick zu verschaffen. Die Tatsache, daß der Preis des Buches für dessen aufwendige Ausstattung günstig ist, erleichtert die Kaufentscheidung. U. Meixner
Flemming Bau / Wolfgang Korn: „Unsere Geschichte - Von der Urzeit bis zum Mittelalter“, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2006, 130 farb. Abb., geb., 160 Seiten, 19,90 Euro 5672 |
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