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Es war einmal", so beginnen die meisten Märchen. "Es war einmal", so könnte man auch eine Geschichte beginnen, die davon erzählt, daß man sich eben nicht mehr zusammensetzt, um Märchen zu erzählen. "Verstaubt, viel zu grausam, viel zu blutrünstig", so empören sich die Gegner. Die Befürworter ziehen die Schultern hoch und lassen nur ein gedehntes "Jaaa ..." hören. Die Zeit sei eben nicht märchenhaft, und außerdem habe man viel zu viel zu tun, um auch noch Märchen zu erzählen. Jung und Alt, Groß und Klein sitzen heute lieber vor der Flimmerkiste und lassen sich auf elektronischem Weg in die Welt der meist modernen, aber dadurch nicht minder grausamen Märchen entführen. Die Zeiten, da Prinzen und Prinzessinnen, da Dornröschen und Schneewittchen von allen geliebt wurden, sind längst vorbei. Selbst Kermit, der Frosch, oder Jim Knopf, der Lokomotivführer, sind bereits in der Mottenkiste verschwunden. Die Helden von heute tragen ganz andere Namen. Märchen sind da schon lange nicht mehr gefragt.
Doch halt: Einem Mann ist es gelungen, die Menschen wieder für Märchen zu interessieren. Einem Mann, der schon vor 200 Jahren das Licht dieser Welt erblickte und der in diesem Jahr nicht nur von seinem Vaterland Dänemark gefeiert wird: Hans Christian Andersen. Viele Veröffentlichung en in den Medien, aber auch auf dem Büchermarkt haben sein Werk wieder in Erinnerung gerufen. Bei der Deutschen Grammophon Literatur ist nun auch ein Hörbuch erschienen: Der Kaiser und die Nachtigall (60 Minuten, 21 Euro). Der bekannte Modemacher Wolfgang Joop liest darauf die beiden Märchen "Die Nachtigall" und (natürlich) "Des Kaisers neue Kleider", während der Countertenor Andreas Scholl eigens für diese Produktion komponierte Musik singt. Entstanden ist eine überaus poetische Einspielung, wenn auch die nicht ausgebildete Stimme von Joop ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. Zauberhaft und geradezu süchtig machend dagegen die Stimme Scholls in der Komposition "Ich habe Tränen in den Augen des Kaisers gesehen". Eine märchenhafte Einspielung auf CD, die nicht unbedingt für kleine, unbedingt aber für große Märchenfans ein Hörvergnügen ist. |
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