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Mehr als achtzig Selbstmordanschläge sollen in den letzten Wochen vereitelt worden sein, berichtet der israelische Rundfunk. Einer kam durch. Zwölf Unschuldige riß er mit in den Tod, darunter mehrere Kinder. Das war in Jerusalem. Auch auf palästinensischer Seite gab es danach Tote. Die israelische Armee rückte wieder in Bethlehem und in Dschenin, die Hochburg der Islamisten, ein. Als erste Vergeltungsmaßnahme wurde das Haus, aus dem der Attentäter kam, gesprengt, obwohl die Familie wohl nichts von den Plänen des Sohnes wußte. Noch sieben weitere Häuser wurden gesprengt. Das ist das Gesetz der Intifada. Ein Gesetz von Haß und Tod auf beiden Seiten.
Es gibt jenseits dieser Kriegslogik noch zwei Gründe, die es der israelischen Regierung derzeit nahelegen, mit unbarmherziger Härte vorzugehen. Der erste Grund ist der Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Zum zweiten Mal hat die Al Kaida vor einigen Tagen in einem Tonband ihren Kampf mit dem der Palästinenser gegen Israel verknüpft. Offenbar bestehen Querverbindungen zwischen Hamas und Al Kaida. Das haben die israelischen und amerikanischen Geheimdienste immer vermutet. Das Tonband belegt den Verdacht, und in diesem Sinn gehört das Vorrücken der israelischen Armee zum Präventivkrieg gegen den Terror. Washington wird da keine Einwände haben. Der Weltöffentlichkeit schuldet man die Mahnung an Jerusalem, es nicht zu übertreiben. Die Frage ist nur, ob sich die Armee auch wieder so schnell zurückzieht oder jetzt erst einmal wartet, wie es im Irak weitergeht.
Der zweite Grund ist die innenpolitische Situation in Israel. Im Kriegskabinett Scharon sitzt mit Außenminister Netanjahu nicht nur ein Scharfmacher, sondern auch ein Rivale des Premiers im Ringen um den Parteivorsitz und somit um den Anspruch auf das Amt des Regierungschefs. Scharon konnte nicht anders, als einmarschieren. Netanjahu hätte ihn sofort als Daladier oder Chamberlain bloßzustellen versucht. Doch Appeacement ist zur Zeit nicht angesagt. Das gilt auch für den neuen Chef der Arbeiterpartei Amran Mizna. Folgerichtig befürwortete er den Einmarsch. Seine Devise: Den Terror bekämpfen, als gäbe es keine Verhandlungen und verhandeln als gäbe es keinen Terror. Schließlich mache man Frieden mit seinen Feinden. Das hat etwas Schizophrenes, aber die ganze Lage ist sowieso nicht zu begreifen.
Gewiß, irgendwann werden Israelis und Palästinenser wieder Wege der Versöhnung finden müssen. Irgendwann wird man den Kindern der Palästinenser sagen müssen, daß Morden Zukunft tötet. Und den israelischen Kindern, daß auf einer Scholle genügend Platz ist für zwei. Aber jetzt, nach dem neuen Attentat auf Kinder in Jerusalem und der zunehmenden Instrumentalisierung von Kindern durch die Hamas-Terroristen, steht der Führung in Jerusalem das Blut im Kopf und die Wahl im Nacken. Es ist die Zeit des Hasses. Da ist vorerst kaum Raum für Friedensliebe. Die Zeit für neue Initiativen kommt nach einem etwaigen Krieg gegen den Irak. |
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