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Im Sommer des nun zu Ende gehenden Jahres schien die Frage der Entschädigung sogenannter Zwangsarbeiter geregelt zu sein. Die deutsche Regierung verpflichtete sich durch Gesetz, fünf Milliarden Mark in einen Stiftungsfonds zu zahlen, die deutsche Wirtschaft steuerte weitere fünf Milliarden zu, dann kamen noch einige Nachschläge, die von polnischer Seite verlangt wurden, weil angeblich der Umrechnungskurs von DM in Zloty für die Polen ungünstig war.
Als das alles geschehen war, sollte für die deutschen Firmen Rechtssicherheit herrschen: weitere Wiedergutmachungsforderungen, die von manchen auch als Reparationen gedeutet wurden, seien, so erfuhr die deutsche Öffentlichkeit, mit Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes im Reichstag ausgeschlossen.
Und als dann noch Stuart Eizenstat, der ehemalige stellvertretende US-Finanzminister und Chefunterhändler der amerikanischen Seite bei den Verhandlungen, der sich hohe Verdienste um die jüdischen Organisationen erworben hatte, vom Bundespräsidenten mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet wurde, ebenso wie sein Mitarbeiter, der US-Botschafter James Bindenagel, da schien es nun ganz sicher, daß weitere Forderungen an Deutschland beziehungsweise an deutsche Firmen nicht mehr erhoben werden. Alle Wiedergutmachungsverpflichtungen waren erfüllt, manche sogar mehrmals.
Es war jedoch ein Scheinfrieden.
Zunächst hatte einer der in den USA lebenden Kläger gegen eine deutsche Firma (Hochtief AG) zugesagt, angesichts der Vertragsverhandlungen seine Klage zurückzuziehen. Als das verlangte deutsche Gesetz verabschiedet war und die Deutschen gezahlt hatten, klagte er aber dennoch. Dabei hatte sein Anwalt Barry Fischer sein Honorar in Höhe von 726.356 Mark bereits kassiert, obwohl die Einstellung des Verfahrens die Voraussetzung für die Zahlung gewesen war. Jetzt weigerte er sich, wie das Nachrichtenmagazin „focus“ (26/2001) meldete, sein Honorar zurückzuzahlen. Statt dessen will er die Klage weiter verfolgen.
Und nicht nur das: In USA tagt seit 1958 eine „Internationale Kommission zur Prüfung der Forderungen von Holocaust-Überlebenden“ unter dem Vorsitz von Lawrence Eagleburger. Dieser hat jetzt vor einem Kongreßausschuß in Washington den europäischen Versicherungen mangelnde Zusammenarbeit vorgeworfen. Angeblich hätten die Versicherungen ihre Pflicht, Policen von Holocaust-Opfern auszuzahlen, nicht ordnungsgemäß erfüllt.
Die deutsche Seite weist jedoch darauf hin, daß die Eagleburger-Kommission bislang „überwiegend unzurei- chend belegte Anfragen“ vorgelegt habe. „Dagegen hätten die deutschen Versicherungen dreißig Jahre lang jeden nachgewiesenen Versicherungsanspruch im Rahmen der Wiedergutmachung entschädigt.“ Außerdem habe das Luxemburger Abkommen und das Restitutions-Globalabkommen mit der Jewish Claims Conference alle erbenlosen und nicht angemeldeten Ansprüche geregelt. Trotzdem hätten die deutschen Versicherungen darüber hinaus der Zwangsarbeiter-Stiftung mehr als eine halbe Milliarde Mark zur Verfügung gestellt. Davon sind allerdings 350 Millionen DM gar nicht für die Entschädigung verwendet worden, sondern in einen „humanitären Fonds“ geflossen. Nun stehen noch 200 Millionen Mark für Entschädigungsansprüche zur Verfügung, obwohl es nur belegte Ansprüche in Höhe von zehn Millionen Mark sind. Die restlichen 180 Millionen werden von der Kommission für die Deckung ihrer Spesen beansprucht.
Damit nicht genug. Die amerikanische und die israelische Seite versuchen seit längerem, zusätzliches Geld zu bekommen, wie die „Frankfurter Allgemeine“ (FAZ) vom 10. November 2001 berichtete. Begründung: Die Honorare der Mitglieder der Eagleburger-Kommission sowie die Konferenzen, Dienstfahrten usw. hätten hohe Kosten verursacht. Die Rede ist von weiteren 70 Millionen Dollar. Allein der Vorsitzende Eagleburger bekommt im Jahr ein Gehalt von 350.000 Dollar, wie der „FAZ“ zu entnehmen ist, während er laut „Welt“ vom 11. Juli 2001 sogar jährlich eine knappe Million Mark kassiert. Das Kapitel Wiedergutmachung ist offensichtlich längst noch nicht abgeschlossen.
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