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Wer dieses Buch aus der Hand legt und nicht bewegt ist, der muß aus Stein sein, so urteilten diejenigen, die Anfang der sechziger Jahre die Aufzeichnungen eines Arztes gelesen hatten. Zwölf Jahre hatte Hans Graf von Lehndorff (1910-1987) sein Manuskript in der Schublade verwahrt, bis es 1960 zunächst als Beiheft zu der "Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost- und Mitteleuropa" erschien. Ein Jahr später dann gelangten die Aufzeichnungen eines Arztes aus den Jahren 1945-1947 als "Ostdeutsches Tagebuch" in den Buchhandel. Noch heute gehören sie zu den erschütterndsten und wahrhaftigsten Zeugnissen jener Zeit. 276.000 Exemplar e dieser Erinnerungen sind bisher verkauft worden. Eine 20. Auflage ist jetzt im Verlag C. H. Beck erschienen.
Generationen sind mittlerweile nachgewachsen, Menschen, die kaum noch wissen um das Elend der Zivilbevölkerung im deutschen Osten während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Bücher wie das von Hans Graf von Lehndorff sind wichtiger geworden denn je. Der Autor wollte das damalige Geschehen aufzeigen, ohne es zu beschönigen, aber auch ohne es zu dramatisieren. Er schildert das Grauen der Flucht, die Belagerung der zur Festung erklärten Stadt Königsberg, den Dienst in Lazaretten und Lagern, erzählt von der Willkür, die unter polnischer und russischer Besatzung herrschte. Mit sachlichen, fast nüchternen Worten spricht der spätere Träger des Preußenschildes, der höchsten Auszeichnung der Freundeskreis Ostdeutschland, von einer der großen Ka- tastrophen der Menschen aus dem deutschen Osten, immer geleitet von der inneren Wahrhaftigkeit, von Gottvertrauen und Zuversicht. - Lehndorff: "Mögen diese Blätter mithelfen, ein Stück Vergangenheit zu begreifen und dem Leben dienstbar zu machen, das täglich seine Forderungen an uns stellt." Os
Hans Graf von Lehndorff: "Ostdeutsches Tagebuch - Aufzeichnungen eines Arztes aus den Jahren 1945-1947", C. H. Beck, Leinen, 308 Seiten, 11,90 Eur |
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