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Neue Hetzkampagne gegen Jünger

 
     
 
Wenn heute eine Arbeit aus der Feder Ernst Jüngers gefunden wird, dann ist das allemal ein Ereignis, das Aufsehen erregt, gilt doch gemeinhin das Werk eines der bedeutendsten deutschen Dichter des 20. Jahrhunderts als abgeschlossen. Nun ist ein solches Papier aufgetaucht, das eine literarische Arbeit zu nennen nicht angebracht wäre, das aber trotzdem weite Beachtung findet. Es handelt sich um eine Denkschrift, die der zur Wehrmacht eingezogene Hauptmann und Pour-le-Mérite-Träger Ernst Jünger als Verwaltungsreferent im Stab des Militärbefehlshabers in Frankreich, General Otto von Stülpnagel, im Frühjahr 1942 im Auftrage des Chefs des Kommandostabes, Hans Speidel, über die Erschießung
von 48 Geiseln als Repressalie für die Ermordung des deutschen Feldkommandanten von Nantes, des Oberstleutnant Hotz, verfaßte.

Die deutsche Besatzungspolitik im besiegten Frankreich war auf eine Versöhnung angelegt - zum einen aus Zweckmäßigkeitsgründen, um Ruhe und Ordnung zu bewahren und die Wirtschaftskraft auch für Deutschland zu nutzen, zum anderen aber auch in der Hoffnung, die Franzosen als Partner zu gewinnen. Es gab auch nicht wenige bedeutende französische Intellektuelle und Politiker, die den Kurs der Kollaboration mehr oder weniger intensiv unterstützten. Das galt für die Zeit bald nach dem Abschluß des Waffenstillstandsabkommens zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich, und erst recht, nachdem ein britisches Kriegsschiffgeschwader im Juli 1940 die im Hafen von Mers-el-Kebir (Algerien) vor Anker liegenden Kriegsschiffe ihres französischen Verbündeten zusammengeschossen hatte, wobei weit über 1.000 französische Seeleute ums Leben gekommen waren.

Die Ruhe in Frankreich wurde beendet, als nach dem Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges die französische Kommunistische Partei von Moskau aus aktiviert wurde und nun Sabotageakte gegen die deutsche Besatzungsmacht verübte. Deutsche Soldaten wurden aus dem Hinterhalt erschossen, und diese Fälle häuften sich.

Die deutsche Besatzungsmacht tat, was alle Besatzungsmächte in solchen Fällen tun: Sie kündigte Sühnemaßnahmen an, die völkerrechtlich zulässig waren, und drohte, für jeden ermordeten deutschen Soldaten französische Geiseln zu erschießen, wenn die Täter nicht gefaßt werden konnten. Aber gerade das war es, was die kommunistischen Attentäter bezweckten, nämlich die Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Franzosen zu stören, möglichst gar zu beenden.

Es folgten weitere Anschläge, in deren Folge dann als Repressalie für jeden ermordeten deutschen Soldaten drei Geiseln erschossen wurden.

Der deutsche Militärbefehlshaber Otto von Stülpnagel sah die Entwicklung mit Besorgnis. Er wollte an seinem Kurs festhalten und da konnten die Geiselerschießungen nur stören.

Als zum ersten Mal ein hoher deutscher Offizier einem kommunistischen Partisanenanschlag zum Opfer fiel, nämlich als der besagte Feldkommandant von Nantes am 20. Oktober 1941 auf offener Straße erschossen wurde, wobei die Täter entkamen, gab das Oberkommando der Wehrmacht einen Befehl Hitlers nach Paris weiter, daß nunmehr härtere Sühnemaßnahmen zu erfolgen hätten. Es sollten 50 bis 100 Geiseln erschossen werden.

In verschiedenen französischen Gefängnissen saßen inhaftierte kommunistische Abgeordnete, Gewerkschaftssekretäre, kommunistische Agitatoren, Freischärler, wegen Waffenbesitzes zu Zuchthaus Verurteilte, wegen Gewalttaten gegen deutsche Soldaten Festgenommene. Aus diesen Gruppen wurden 48 Personen ausgewählt, die erschossen wurden.

Der Militärbefehlshaber gab den Befehl, eine Denkschrift über die Erschießung anzufertigen mit Schilderung der Vorgeschichte und der Folgen, und der Chef des Kommandostabes, Hans Speidel, der nach dem Krieg einmal Oberbefehlshaber der NATO-Landstreitkräfte in Mitteleuropa werden sollte, gab dem in seinem Stabe dienenden 46jährigen Hauptmann Ernst Jünger den Auftrag, diese Denkschrift zu verfassen. Jünger tat das in der ihm eigenen Sachlichkeit, aber offenkundig ohne literarischen Ehrgeiz - eben so, wie jeder der deutschen Sprache Mächtige ein derartiges Vorkommnis protokolliert hätte. Offenbar von sich aus fügte er deutsche Übersetzungen von Abschiedsbriefen einiger Erschossener bei, wohl um die menschliche Seite dieser zwar völkerrechtlich nicht zu beanstandenden, dennoch aber harten Maßnahme deutlich zu machen.

Die "Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte" haben dieses jetzt aufgefundene militärische Protokoll in der Juli-Ausgabe veröffentlicht, und einige Journalisten haben es zum Gegenstand einer beflissenen Vergangenheitsbewältigung gemacht.

Die Süddeutsche Zeitung versucht, Ernst Jünger, der bei der Erschießung nicht anwesend war, zu einem Komplizen des Judenmordes zu machen, weil unter den 48 kommunistischen Geiseln auch einige Juden waren - ein absurdes Unterfangen. In der Welt behauptet ein offenbar mit Kenntnissen der Zeitgeschichte, geschweige denn des Völkerrechts kaum belasteter Redakteur, Jüngers Text dokumentiere "eines von vielen deutschen Kriegsverbrechen in Frankreich", und stellt damit die Dinge auf den Kopf. Ein Völkerrechtsverstoß war die Ermordung des deutschen Feldkommandanten von Nantes durch einen offensichtlichen französischen Kommunisten. Frankreich hatte mit dem Deutschen Reich ein Waffenstillstandsabkommen geschlossen. Verstöße dagegen waren Kriegsverbrechen. Sühnemaßnahmen entsprachen hingegen dem Völkerrecht. Der Welt-Redakteur schließt seinen Beitrag mit der Behauptung, der Text bestätige "alle Urteile und Vorurteile, die für und gegen Ernst Jünger im Umlauf sind. Der Autor [Jünger] bleibt umstritten."

Wenn der Journalist sich mit einem namhaften Schriftsteller befassen möchte, der in der Tat ein Kriegsverbrecher war, dann möge er Ernest Hemingways Buch "Selected Letters 1917 - 1961" lesen. Der spätere Nobelpreisträger, der am Ende des Krieges als ziviler Zeitungsreporter in Frankreich war, schrieb (in der Übersetzung von Franz Uhle-Wettler in seinem Buch "Der Krieg"): "Einmal legte ich einen sehr frechen SS-Kraut um. Als ich ihm sagte, ich würde ihn töten, wenn er seine Fluchtmarkierung nicht preisgäbe, sagte der Kraut: ‚Sie werden mich nicht töten. Denn Sie haben Angst davor und weil Sie einer Rasse von degenerierten Mischlingen angehören. Außerdem ist es gegen die Genfer Konvention. - ‚Was für einen Fehler hast Du gemacht, Bruder , sagte ich ihm und schoß ihm dreimal schnell in den Bauch. Dann, als er in die Knie ging, schoß ich ihn in die Birne, so daß sein Gehirn aus dem Mund kam, oder ich glaube, es war die Nase. Der nächste SS-Mann sagte dann wundervoll aus ... Ich habe 122 sicher getötet ... der letzte war ein Soldat in deutscher Uniform mit Helm ... Ich sagte, laßt mich ihn nehmen, und erschoß ihn mit einer M 1. Es war ein Junge, und ich hatte ihn durch das Rückgrat geschossen und die Kugel war durch die Leber herausgekommen." Darüber hat man bislang in der Welt noch nichts gelesen.
 
     
     
 
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