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Schon lange bevor die Welt das zum Qualitätsmerkmal gewordene "Made in Germany" kannte, war das Territorium der heutigen Bundesrepublik, nein, das des deutschen Kaiserreiches, für ein Produkt berühmt: jenes, was sich zwischen zwei Buchdeckeln befindet. Hierin verewigten deutsche Dichter und Denker, aber auch Forscher jeglicher wissenschaftlicher Fachbereiche Dinge, die die Welt bewegten.
Inzwischen wird immer wieder angemahnt, daß Deutschland als Land der Dichter und Denker auf dem absteigenden Ast sei. Bei international en Bildungsvergleichen wie "Pisa" schneidet die Bundesrepublik eher kläglich ab. Und die berühmtesten, mit zahlreichen Buchpreisen geehrten Träger der deutschen Literaturszene wie beispielsweise Günter Grass, Martin Walser, Siegfried Lenz und Walter Kempowski stehen vor ihrem Abgang von der Literaturbühne.
Wer steht bereit, ihren Platz einzunehmen?
Welcher etwa 50jährige Schriftsteller, der sich schon in den letzten Jahren oder Jahrzehnten bei Kritikern wie Lesern Achtung errungen hat, steht bereit, um das Zepter als Literat der Nation zu übernehmen und in nicht allzu weiter Ferne, den Literaturnobelpreis wieder nach Deutschland zu holen?
Fragt man bei den Verlagen an, bekommt man zwar Namen genannt, aber hinterfragt man diese, dann fällt auf, daß die Mehrzahl der Genannten in aller Regel nur einen, höchstens zwei Titel publiziert hat. Diese haben zwar die Aufmerksamkeit der Kritiker, des Lesepublikums und der Medien auf sich gezogen, doch wie oft war es schon so, daß Autoren gefeiert und als Hoffnungsträger hochgehalten wurden und man wenige Jahre später nicht mehr wußte, wer sie waren.
Eintagsfliegen gibt es auch in der Literaturszene.
Ein Blick ins Ausland, welche deutsche Autoren dort gern gekauft werden, hilft auch nicht. "Es gibt derzeit eine Konjunktur für das Unterhaltsame", so heißt es aus der Presseabteilung des renommierten Kölner Verlages "Kiepenheuer & Witsch". Leider sind in Deutschland "unterhaltsam" und "Literatur" aus Sicht der Kritiker selten miteinander zu vereinbaren. Daß die deutschen Unterhaltungsliteraten von ihnen trotz durchaus vorhandenen Talents Beachtung erhalten, ist selten. "Der deutsche Literaturkritiker ist bedeutungsgeil", so Herbert Debes von "Glanz & Elend", einem Magazin für Literatur und Zeitkritik. Überall müsse das Moralische eine Rolle spielen. Für den Redakteur ist Gerd Neumann der Hoffnungsträger. Wer zum Teufel ist Gerd Neumann? "Gert Neumann (* 2. Juli 1942 in Heilsberg, Ostdeutschland) ist ein deutscher Schriftsteller." Dies ist dem Internetlexikon "Wikipedia" zu entnehmen, wo neben einer Kurzvita auch eine Vielzahl an Publikationen aufgeführt ist, doch unter der Rubrik Preise ist nur der "Uwe-Johnson-Preis" aus dem Jahre 1999 zu finden. Zu wenig, um Aussichten auf literarische Anerkennung zu haben. Abgesehen davon ist Neumann auch nicht mehr ganz jung.
Etwas hilfreicher ist ein Blick auf die Liste der Literaten, die für den erst 2005 aufgelegten "Deutschen Buchpreis" in die engere Wahl gekommen sind. Der im Rahmen der Frankfurter Buchmesse verliehene Preis soll der Literatur des deutschen Sprachraums größere internationale Aufmerksamkeit verschaffen. 2005 kamen Autoren wie Arno Geiger, Daniel Kehlmann, Thomas Lehr, Gert Loschütz, Gila Lustige und Friederike Mayröcker in die engere Auswahl. Der 1968 geborene Arno Geiger holte sich den Preis. In diesem Jahr heißen die Nominierten der Endrunde Katharina Hacker, Thomas Hettche, Ingo Schulze, SasŠa StanisŠic´, Ilija Trojanow und Martin Walser. Außer Walser sind alle Autoren in den 60er oder sogar 70er Jahren geboren. Einige von Ihnen haben auch schon mehrere beachtete Romane geschrieben, wer von ihnen jedoch Anfang Oktober ausgezeichnet wird und ob er dann die in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllt, bleibt abzuwarten. Noch haben sie es jedenfalls schwer, sich gegen die dominante Altherrenrige der deutschen Großliteraten durchzusetzen.
Erwähnenswert ist, welche Verlage 2005 und 2006 einen Nomminierten stellten. Rowohlt, Hanser, Suhrkamp und der Berlin Verlag waren beide Male mit von der Partie. |
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