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Nächster Albtraum

 
     
 
Am 13. Oktober schwappte das US- Wahlkampffieber kurz nach Berlin über. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hatte zu einem Symposium geladen, das unter dem Motto "Amerika vor der Wahl" stand. Wer aber eine realistische Analyse des bevorstehenden Urnenganges erwartete, wurde enttäuscht. Den Besuchern der SPD-Stiftung ging es augenscheinlich darum, sich gegenseitig Mut zuzusprechen. Wem bloßes Daumendrücken für Kerry nicht mehr reichte, der kam, um sich von USA-Experten versichern zu lassen: Am 2. November endet der Albtraum der europäischen Linken. Dieser Albtraum heißt George W. Bush. "Ich mache mir große Sorgen, falls George W. Bush wiedergewählt wird", mit diesem Satz brachte Gesine Schwan die Empörung der Anwesenden auf den Punkt. Bush ist böse und muß weg - so einfach ist das. Die ganze Widersprüchlichkeit der Person Kerry kam nicht zur Sprache: Er tritt auf als Volkstribun der Armen, während er selber schwerreich ist. Er verspricht Haushalts- sanierung und Steuersenkungen, hat aber immer für das Gegenteil gestimmt. Der wichtigste Punkt: Kerry macht sich über die Verbündeten der USA im Irak lustig, behauptet aber eine bessere Koalition zimmern zu wollen. Denn obwohl der Krieg falsch sei - dem er dennoch selbstredend zugestimmt hat - will Kerry den Krieg fortsetzen. Und hier ist auch der Grund, warum wenige Kilometer von der Ebert-Stiftung in der Hiroshimastraße entfernt Gerhard Schröder
heimlich auf einen Wahlsieg George W. Bushs hofft. Würde Kerry gewählt, dann wird er schleunigst versuchen, das "Alte Europa" ins Boot zu holen. Wie soll Schröder reagieren, wenn Kerry mit einer Uno-Resolution in der Tasche ans Kanzleramt klopft? Entweder sagt er (nach Überflugrechten, Polizistenausbildung und Schuldenerlaß) noch mehr Hilfe zu und riskiert damit seinen Rückhalt beim deutschen Volk. Oder er blamiert den neuen US-Präsidenten und riskiert gleich neue Spannungen im transatlantischen Bündnis, obwohl doch ein Demokrat im Weißen Haus sitzt. Diese neue Situation könnte zu einem neuen Albtraum für die Bundesregierung werden. Strucks Äußerungen hinsichtlich eines Irak-Einsatzes belegen dies. Mit so kniffligen Überlegungen mußten sich zum Glück weder die 200 Teilnehmer noch Gesine Schwan herumschlagen. Gut, daß sie sich in Frankfurt/Oder weiterhin der Freiheit von Lehre und Forschung widmen darf, statt uns als Präsidentin mit ihren Sorgen zu malträtieren.

 
     
     
 
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