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Die große Aufgeregtheit, mit der Politiker nach den beiden mißglückten Bahnattentaten über Sicherheitskonzepte verhandeln, hat einen tieferen Grund: Deutschland ist knapp einer Terror-Katastrophe entgangen, nur weil den Bombenbauern ein handwerklicher Fehler unterlaufen war. Von einer auf der politischen Ebene organisierten Gefahrenabwehr kann keine Rede sein: Der in Kiel gefaßte Libanese und seine Mittäter konnten frei schalten und walten, als lebten wir nicht im Jahrzehnt des El-Kaida-Terrors. Inzwischen kann niemand mehr behaupten, Deutschland sei allenfalls als Rückzugsraum für Terroristen interessant.
Der Streit unter den Parteien, ob und, wie viele Videokameras wie viel mehr Sicherheit vor Terroristen bieten können, ist müßig: Die Überwachungstechnik hat weder in New York noch in London oder Madrid Attentäter zurückhalten können - und auch die Bombenleger von Dortmund und Koblenz hatten keinen Respekt vor den installierten Kameras - sie marschierten quer durch die Überwachungszonen. Die Diskussion um die Kamera-Dichte hat nur Alibi-Charakter.
Wichtig ist ein Kurswechsel in der Sicherheitspolitik, weg von dem Dogma, öffentliche Einrichtungen wie Flughäfen oder Bahnhöfe zu schützen. Die Abwehr muß sich täterorientiert auf die möglichen Risikogruppen konzentrieren. Schon lange könnten die Sicherheitsdienste effektive Aufklärungsmethoden einsetzen, wenn sie nicht durch ideologisch begründete Leitlinien behindert würden; da muß noch viel Ballast abgeworfen werden.
Die Vorgabe in der Kriminalitätsbekämpfung, daß alles zu unterlassen ist, was Ausländer diskriminieren und deren Integration behindern könnte, war gut gemeint, geht aber inzwischen an der Sache vorbei. Eine zentrale Fahndungsdatei zur Terrorabwehr kann natürlich nicht darauf verzichten, auch die Risikomerkmale bestimmter Personenkreise weiterzureichen: ethnische Zugehörigkeit, Herkunft aus Gefahrengebieten, Bekenntnis zur radikalen Form des Islam. Die Vorbeugung muß dort beginnen, wo sich Verdachtsmomente sammeln.
Der Generalsekretär der brandenburgischen CDU, Sven Petke, will noch einen Schritt weitergehen. „Im Bereich der Hochschulen haben wir ein enormes Sicherheitsleck“, kritisierte er in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“. Petke verlangte deutlich höhere Zulassungshürden bei Studenten aus Krisengebieten. Der tatverdächtige Bahn-Bombenleger hatte sich als Student in Kiel eingeschrieben, die Attentäter vom 11. September und die Hintermänner des Anschlags auf Touristen auf Djerba waren in Deutschland immatrikuliert.
Jetzt muß sich auch die oft beschworene friedliche Mehrheit der Muslime in Deutschland zu diesem Staat bekennen und den Sicherheitsbehörden zuarbeiten. Das offene Bekenntnis ist zugleich der beste Schutz vor falschen Verdächtigungen. Die entscheidenden Hinweise auf drohende Terrorakte können schließlich nur aus den Kreisen kommen, hinter denen radikale Islamisten sich verstecken. |
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