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Ohnmächtige Wut

 
     
 
Auf einmal ahnten selbst Jüngere, wie sich die Berliner am 13. August 1961 gefühlt haben müssen. Dienstag früh wurde die Mauergedenkstätte am Checkpoint Charlie abgerissen - die Berliner mußten ohnmächtig zusehen.

Es war alles angekündigt: Am 5. Juli um 4.00 Uhr endete die letzte Gnadenfrist für Alexandra Hildebrandt und das Denkmal für die Maueropfer. Der Gerichtsvollzieher erschien und überreichte im Auftrag der besitzenden Bank, der BAG, den Räumungsbefehl. Nur aufgrund der Intervention amerikanischer Auslands-Republikaner war es zu verdanken, daß nicht schon am Vortag die Räumung erfolgte. Am US-National
feiertag das Denkmal für die Mauertoten zu beseitigen, trauten sich die Banker nicht. Den amerikanischen Nationalfeiertag respektieren sie, die Ehre der Maueropfer ist ihnen nichts wert. Wobei dieses "Nichts" immerhin 14.500 Euro Pacht eingebracht hat - Monat für Monat, denn Alexandra Hildebrandt zahlte pünktlich.

Bei Morgengrauen rückte gegen 5.00 Uhr die Polizei an und sperrte das Grundstück weiträumig ab. Damit die Öffentlichkeit nichts mitbekommt. Als nächstes wurden Mannschaften und Gerät angekarrt. Um 6.00 begannen die Abräumarbeiten. Der Protest der Mahnmal-Beschützer auf der anderen Straßenseite ("Aufhören!") verhallte ungehört. Die Berliner Polizei mußte sich vorkommen wie ehedem die DDR-Grenzpolizei, als sie an der selben Stelle den Stacheldraht durch Deutschland ausrollte. "Wir tun hier nur unseren Job", war die hilflose Entschuldigung der Uniformierten. Die angereiste CDU- Prominenz (meist Kandidaten bei der anstehenden Bundestagswahl) zog sich sofort zurück. Der Generalsekretär der Berliner Union, Frank Henkel, erklärte das urplötzliche Verschwinden der Christdemokraten in kleinem Kreis: "Wir sind eine staatstragende Partei." Und nahm dies zum Anlaß, ausgerechnet über den Polizei-Lautsprecher das Ende der CDU-Beteiligung an der Demonstration bekanntzugeben. Dafür erntete er Pfiffe und Buhrufe - selbst die der eigenen Leute.

Am Ende machte die Staatsmacht kurzen Prozeß und vertrieb sogar die angeketteten SED-Opfer, die das Mahnmal bis zuletzt verteidigten. Und das alles im Auftrag der BAG, einem Kreditinstitut, das dem Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken angehört. "Wir machen den Weg frei", lautet deren Werbespruch. Wofür? Für die Verdrängung der kommunistischen Gewalttaten?

Im Morgengrauen abgeräumt: Bis zuletzt hatte Alexandra Hildebrandt (Foto) gegen die Beseitigung des Mauermahnmals am Berliner Checkpoint Charlie gekämpft. Vergeblich: Am Dienstag wurden die über tausend Holzkreuze unter Polizeischutz planiert.
 
     
     
 
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