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Die politische Partei heutigen Zuschnitts mit ihrer hierarchischen Struktur, ihrem Verwaltungsapparat und ihrem politischen Programm gab es in Rom nicht. Das, was einen Politiker mit denen verband, die seine Kandidatur unterstützten, war vor allem ein äußerst kompliziertes Beziehungsgeflecht, das auf der fides beruhte und Vertrauen, Loyalität, Achtung vor dem gegebenen Wort, Schutz, Unterstützung und überhaupt jegliche Art stillschweigender Verpflichtung umfaßte. Der Kandidat, für den man stimmte, war weniger derjenige, der die eigenen politischen Vorstellungen verkörperte, denn der, mit dem man durch wechselseitige Bande verbunden war. Die fides war die Grundlage der Freundschaft zwischen zwei Menschen oder zwei politischen Gruppierungen ebenso beim Bündnis wie bei der Verschwörung. Ungeachtet dieser Geflechte gab es dennoch politische Gruppen oder Strömungen. Um sie zu bezeichnen, besitzt das Latein im wesentlichen zwei Begriffe: Zum einen factio, ein gebräuchliches Wort von begrenzter Bedeutung, das alle die meint, die durch die Bindungen der Verwandtschaft oder Klientel mit dem verknüpft sind, der als ihr Anführer angesehen wird und ihre Einzelinteressen vertritt; zum anderen partes, das weitaus größere Gruppen als die factiones meint und deren Mitglieder miteinander in ihren politischen Interessen übereinstimmen. In gewissem Sinne sind die partes sehr verwandt mit dem heutigen Begriff ’Standpunkte’. Der Begriff kann recht unterschiedliche politische Prägungen meinen, so etwa die ’Partei’ des Marius , des Pompeius oder des Caesar . Der Anführer nannte sich auctor (Gründer, Bürge), dux (Führer) oder auch princeps (Erster).
Die unterschiedlichen Parteien stützten sich auf den einen oder anderen Stand, auf die eine oder andere Schicht (Adel , Ritter , Plebs ). Doch gab es keine genaue Übereinstimmung von Stand und Partei; die jeweiligen Beziehungen waren hingegen äußerst vielfältig. So entstammten etwa die Gracchen , die Anführer der populares , dem Hochadel, und Pompeius, der ebenfalls Adliger war, stützte sich lange Zeit auf die populares, neigte aber gelegentlich, wenn es ihm gut schien, auch den optimates zu. Unter diesen findet man weit mehr Adelige als Ritter.
Die Bedeutung der Parteien verlor zur Kaiserzeit rasch an Gewicht, da die politischen Laufbahnen nunmehr direkt vom Kaiser abhingen. |
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