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Politik lebt auch von Konsequenz

 
     
 
Konrad Weiß ist einen konsequenten Schritt gegangen. Am 18. Juni 2001 hat der frühere DDR-Bürgerrechtler, der bis 1994 für die Grünen/Bündnis 90 im Bundestag saß, seine Partei verlassen. Er wolle, so begründet er, die "politische Zusammenarbeit und angestrebte Koalition von Grünen und SPD mit der PDS in Berlin – und erkennbar auch auf Bundesebene" weder gutheißen noch hinnehmen.

Der Gründer der DDR-Oppositionsgruppe "Demokratie jetzt
" läßt es nicht an klaren Worten fehlen: "Die PDS ist die Nachfolgepartei der SED, und sie schleppt das Erbe des Totalitarismus mit sich. Ihre wortreich beteuerte Wandlung ist nicht glaubhaft, denn sie hat so gut wie nichts für die Wiedergutmachung an den Opfern ihrer Herrschaft getan." Tatsächlich hat sie sich nur für den Erhalt oder sogar die Wiederherstellung der Privilegien ihrer Klientel, SED-Kader, Begünstigte, Stasi-Mitarbeiter, eingesetzt.

Konrad Weiß fährt in seinem Offenen Brief fort: "Der Kandidat der PDS für das Amt des Regierenden Bürgermeisters, Gysi, wurde vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR als Informeller Mitarbeiter geführt und ist schwer belastet."

Den Grünen wirft Weiß Verrat an den Idealen der friedlichen Revolution und der Menschen- und Bürgerrechtsbewegung der DDR vor. Durch die Zusammenarbeit mit der PDS kündigten die Grünen den antitotalitären Konsens in Deutschland auf und gefährdeten die Demokratie. Er, Weiß, "kann und will diese Politik nicht mitverantworten".

Überraschend aber ist, daß nicht mehr Grüne – egal ob aus Ost oder West – den gleichen Schritt gegangen sind. Als ich 1996 die Bundestagfraktion der Grünen verließ, war mir ein Irrtum klargeworden: Die Grünen waren und sind eine durch und durch linke Partei, der – das wird jetzt deutlich – ideologische Gemeinsamkeit über politische Moral geht.

Schon deshalb sind die Grünen nicht die legitimen Erben der DDR-Bürgerrechtsbewegung, im Gegenteil. Sie bewahren jene Ideen, derentwegen die DDR zugrunde gegangen ist. Allzu lange hat eine politisch isolierte, intellektuell abgeschnittene Bürgerrechtsbewegung in der DDR der utopischen Antipolitik der Grünen angehangen.

Zu stark aber ist jüngster Zeit die aggressiv-linksalternative Ausrichtung dieser Partei klargeworden, um Moralisten wie Konrad Weiß noch halten zu können.

Ergänzt wird die ideologische Offenbarung der Grünen vom reinen Karrierewillen der Fischers und Trittins. Die Argumentation der Parteispitzen gibt sich immer unverschämter ausschließlich machtpolitisch. Es zeigen sich jetzt tiefgehende sozialistische Affinitäten, die unter antiautoritären Schlagworten verborgen waren. Die Grünen haben sich, entgegen aller Rhetorik, die PDS klein halten zu wollen, entschieden: für das Bündnis mit der in ihren Augen nunmehr "normalen" Partei PDS.

Die jüngsten Einlassungen der grünen Bundesministerin Künast gegen die PDS, eine in ihren Augen "konservative Partei", sind völlig unentschieden. Sie warnt, ohne wirkliche Gründe zu nennen, die Wähler davor, PDS zu wählen, während ihre Partei mit dieser Partei de facto koaliert. Und sie läßt keinen Zweifel daran, daß die PDS nicht "verteufelt" werden dürfe.

Auch der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Rezzo Schlauch, gab bloß einen machtpolitischen Grund für seine Skepsis gegenüber der Zusammenarbeit mit der PDS an: Er fürchtet um den Zuspruch für die Grünen.

Die Grünen-Sprecherin Claudia Roth wiederum wendete sich ganz ungeniert gegen eine Kampagne wider die PDS. Fritz Kuhn schließlich verlor sich ganz im Ungefähren, Unbestimmten: Seine "Abgrenzung" zur PDS, einer – und mehr zu kritisieren fand der Grünen-Sprecher offensichtlich nicht – "staatskonservativen" Partei, verdient den Namen nicht.

In Berlin geht es nun tatsächlich um die Existenz der Grünen. Die ehemals bloß alternative Partei, deren Milieu sich verbürgerlicht hat, wird es schwer haben, von der PDS überhaupt noch unterschieden zu werden, es sei denn durch den Unterschied West-Ost.

Werner Schulz, der letzte Bürgerrechtler, der noch der Bundestagsfraktion der Grünen angehört, rechtfertigte die Zusammenarbeit mit den PDS-Genossen kürzlich in der Zeitung "Die Welt" besonders dürftig. Er schrieb, Politik lebe "von Krampfbekämpfung und der Würgekraft des Runterschluckens".

Das ist nicht mehr nur Anpassung, das ist Preisgabe. Politik lebt vielmehr von einer gewissen Konsequenz. Und konsequent wäre es, die Grünen würden den Zusatz "Bündnis90" nunmehr aus dem Parteinamen streichen.

 
     
     
 
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