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Putin hat Kaliningrad aufgegeben

 
     
 
Nach den ersten überwiegend positiven russischen Pressemeldungen über die auf dem EU-Rußland-Gipfel gefundene Lösung des Königsberger Problems ist inzwischen in der Russischen Föderation auch Kritik an Wladimir Putins Zustimmung zum gefundenen Kompromiß zu vernehmen. Während der Präsident erklärt hat, daß die gefundene Lösung zwar nicht "ideal", aber doch immerhin zufriedenstellend sei und er auf eine weitere Zusammenarbeit mit der EU in der jetzt eingeschlagenen Richtung setze, bewerten seine Gegner das Verhandlungsergebnis als eine derbe Niederlage des russischen Staatsführers sowie der gesamten Delegation des Landes. Die "gazeta.ru", eine der wichtigsten russischen online-Agenturen, titelt gar mit "Putin hat Kaliningrad aufgegeben".

Der Argumentationsstrang ist folgender: Statt die uneingeschränkte Reisefreiheit der Russen sicherzustellen, habe Putin ihrer Beschränkung durch die EU zugestimmt. Von einem "visumfreien" und "ungehinderten" Grenzübertritt zu sprechen sei nur eine Finte, da es sich in Wirklichkeit bei dem FTD, dem sogenannten Vereinfachten Transitdokument, das die Russen ab dem 1. Juli 2003 bei der Durchreise durch Litauen bei sich führen müssen, um ein "Ersatzvisum" handele. An der mehrfach nutzbar
en Version des FTD wird kritisiert, daß seine Erlangung kompliziert sei, da sich russische Bürger hierfür an das litauische Konsulat wenden müßten. Außerdem wird bemängelt, daß auf dem Gipfel keine konkrete Entscheidung über die Kostenverteilung gefallen ist. So sei noch ungeklärt, ob das Transitdokument für Russen nun kostenlos sei oder nicht. Daß Litauen die Kosten für den durch die Einführung des FTD nötigen erhöhten Personalaufwand in seinem Konsulat tragen wolle, sei wohl kaum anzunehmen. Auch zu dieser Frage habe der Gipfel keinen Beschluß gefaßt.

Im Vertrag, den Putin unterzeichnet hat, verpflichtet Rußland sich, Personen die Ausgabe von Zugfahrkarte und FTD zu verweigern, wenn die litauische Seite sich gegen eine Einreise der Person ausspricht. Damit sei willkürlichen Entscheidungen Tür und Tor geöffnet, und Rußland mache sich von Litauen abhängig, eine Konstellation, gegen die sich sämtliche russischen Beamten seit über einem halben Jahr gewehrt hätten.

Auch die Tatsache, daß Rußland vor dem Bahntransit eine Liste der Mitfahrenden an die litauischen Behörden übermitteln müsse, erschwere einen umkomplizierten Grenzverkehr. Reisen von weniger als zwei Tagen seien dann kaum mehr möglich, weil die Übermittlung und Überprüfung der Personendaten einige Zeit in Anspruch nähme.

Litauen habe zwar als Zugeständnis an Rußland die Anerkennung russischer Inlandspässe für Transit-reisen zugesagt; da diese Regelung aber nur für zwei Jahre Geltung habe und ab dem 1. Januar 2005 von allen Transitreisenden Reisepässe verlangt würden, müßten die Russen im Königsberger Gebiet, die keinen Reisepaß besitzen, wohl oder übel auf Flug- oder Fährverbindungen ausweichen, wenn sie nach Rußland reisen möchten. Ab diesem Zeitpunkt sei Königsberg de facto Ausland.

Die Realisierung der von Putin vorgeschlagenen Einführung von Hochgeschwindigkeitszügen, die einen Verzicht auf Transitpapiere ermöglichen würden, halten seine Gegner für unwahrscheinlich. Pläne für Hochgeschwindigkeitszüge gebe es schon seit dem Beginn des Handels zwischen Rußland und dem Westen. Darüber sei schon viel geredet worden, eine Umsetzung sei allerdings unrealistisch, da die hierfür notwendigen Mittel für Dringenderes benötigt würden.

 
     
     
 
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