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bezeichnet jenen lebensgeschichtlichen Prozeß, in dem sich eine genetische Population, d. h. eine im Erbanlagenbestand (G e n o t y p) noch überwiegend einheitliche Fortpflanzungsgemeinschaft über differenzierende Änderungen in zwei oder mehrere genotypisch unterscheidbare Fortpflanzungsgemeinschaften aufspaltet. Die dafür maßgebenden genetischen Vorgänge und dahinterstehenden Faktoren sind unter Populationsgenetik ausführlich dargestellt. Wir müssen hier nur festhalten, daß im Bereich des Lebendigen die vorherrschende Grundtendenz die Erhaltung der Konstanz im Erbanlagenbestand ist. Demgegenüber besteht ein gewisses Angebot von Änderungsmöglichkeiten (Mutationen, spontane M u t a t i o n s r a t e), die gemeinsam mit der Neukombination der vorhandenen Anlagen über sexuelle Vermehrung durch die Verteilungsmechanismen in der M e i o s i s ständig innerhalb einer genetischen Population ein gewisses Neuangebot ermöglichen. Über entsprechend lange Zeitspannen ergibt sich daraus durch Selektion und Isolation die Evolution. Evolutionsgenetisch wichtig sind dabei die kleinen (Gen- und Chromosomen-) Mutationen, da nur diese der Grundtendenz: Konstanz über vom Organismus zu bewältigende Kleinstschritte ein zugleich tragbares Maß an neuen, erblich fixierten Kombinationsmöglichkeiten hinzufügen. Diese können dann nach erfolgter Ausbreitung innerhalb einer genetischen Population über verschiedene weitere Faktoren eine langsame Entwicklung im Zusammenspiel mit Änderungen in der Umwelt ermöglichen. Zu beachten ist dabei, daß P o l y rn e r i e und P I c i o t r o p i e wie Koppelung von Genen mit dafür sorgen, daß nicht nur ein besonders günstiges Merkmal ausgelesen wird, sondern mit diesem eine ganze Reihe weiterer angereichert werden können, die für die genotypische Unterscheidung von Wichtigkeit zu werden vermögen, ohne einen speziellen Auslesewert zu besitzen. Nachstehend sollen die maßgebenden Faktoren für die Rassengenese, die zugleich auch bei der Entwicklung höherer systematischer Ordnungen beteiligt sind, kurz dargestellt werden.
DIE SELEKTION. Jedes Individuum, unter biologischen Gesichtspunkten richtiger gesagt, jede genetische Population lebt in einer gegebenen Umwelt. In dieser muß sie sich mit den darin vorhandenen Lebensbedingungen auseinandersetzen. Unter diesen wären als einflußreichste äußere Faktoren anzuführen: das Klima (Temperatur, Feuchtigkeit), das N a h r u n g s a n g e-b o t (vor Seßhaftwerdung des Menschen über Jagd und Sammeln von Wildfrüchten usw.), der Raumanspruch und Nahrungsbedarf- gleichartiger Populationen oder tierischer Nahrungskonkurrenten im gleichen Raum und schließlich allgemeine Gefährdungen (z. B. Krankheiten, Raubtiere u. a.). Das Überleben, die Daseinsbehauptung in der gegebenen oder einer neu zu erschließenden Umwelt (Wanderung), ist dabei imrrier nur den Individuen bzw. ihren Gruppen möglich, die sich gegen alle potentiellen Gefährdungen und Gegner durchzusetzen vermögen sowie genügend Nachkommenschaft erzeugen und aufziehen können (Survival of the fittest). Ungeeignete sowie kranke, schwache oder sonstig behinderte Individuen werden dabei relativ rasch entweder völlig ausgeschialtet bzw. über eine viel geringere Nachwuchsrate im Gruppenanteil stetig zurückgedrängt. Dieser spezielle Vorgang wird auch als A u s -m e r z e, bezeichnet. Beim Menschen werden allerdings mit steigender Organisation und Kulturleistung über das soziale Empfinden und Gefüge Wege eröffnet, einem immer größeren Anteil von partiell leistungsschwächeren Individuen eine Lebensmöglichkeit zu sichern, was sich dann auch in zunehmend wachsenden Bevölkerungszahlen unbeachtet der Nahrungsbasis bemerkbar macht. Unter den harten natürlichen Bedingungen bleiben aber innerhalb einer genetischen Population nur die Erbanlagenträger als potentielle Eltern übrig, die sich dem scharfen Daseinskampf .in jeder möglichen Situation gewachsen zeigen. Durch die begrenzte Nahrungsbasis werden zugleich die genetischen Populationen relativ klein gehalten, und alle greifbaren Belege sprechen dafiir, daß auch bei .einer tatsächlich hohen Geburtenrate nur ein sehr begrenzter Teil der Kinder jeweils das zeugungsfähige Alter erreichen konnte. Während beim Tier dann noch als zusätzliche innere Selektion innerhalb der genetischen Population der Kampf um den Geschlechtspartner hinzukommt, wird man beim Menschen dies wohl nur in begrenztem Maße in Rechnung stellen dürfen. Auch bei ihm spielt noch die Tatsache eine Rolle, daß ein Teil der Männer mehrere weibliche Geschlechtspartner für die Fortpflanzung zur Verfügung haben kann. Aber nach unserer Kenntnis der Verhältnisse bei Naturvölkern wird man schließen können, daß die Einehe schon frühzeitig eine entscheidende Rolle gespielt haben dürfte. Allerdings muß man in Betracht ziehen, daß nur die Elternpaare eine ausreichende bzw. durchschnittlich größere Nachkommenschaft aufziehen konnten, die imstande waren, den entsprechenden Nahrungsbedarf zu beschaffen (Kulturanthropologie).
Die Kleinheit der genetischen Populationen hat nun auch zur Folge, daß bei der beschränkten Zahl von Paarungsmöglichkeiten neu auftretende Mutationen sich in einer entsprechend geringeren Zahl von Generationen über die gesamte Population ausbreiten können. Damit wird eine relativ hohe Änderungsgeschwindigkeit gewährleistet, wenn der Selektionsdruck durch die sich wandelnde Umwelt stark ist. Den gesamten, sehr komplexen Vorgang bezeichnet man mit dem deutschen Wort ,Auslese,.
Der Selektionsdruck richtet sich dabei jeweils nach der gegebenen Umwelt. Diese ist über längere Zeiträume nicht gleichbleibend statisch, sondern in ständigem langsamem Wandel begriffen. In der speziellen Entwicklungsgeschichte des Menschen (Paläanthropologie) spielt dabei der Wechsel von Warm- und Kaltzeiten (Eiszeiten) eine entscheidende Rolle. Unter deren Einfluß haben sich die Klimazonen und mit ihnen die darin beheimatete Tier- und Pflanzenwelt mehrfach großräumig über die Kontinente hin und her geschoben wie auch zugleich ausgedehnt oder verengt. Bei dem geringen Verschiebungstempo dieses Wandels war es dem Menschen dabei wohl immer möglich, durch entsprechende Verlagerung der Beutereviere mit seinem Standort den ihm zusagenden Klima- und Lebensbedingungen zu folgen, soweit bei einer Einengung der Klimazonen die damals mögliche Bevölkerungsdichte dafür Raum bot. Das Verschwinden des Neandertalers nach dem ersten Abschnitt der letzten Eiszeit (Würm I und IIII) dürfte nicht zuletzt dadurch bedingt worden sein, daß er in Europa vom Homo sapiens in unwirtlichere Gebiete abgedrängt wurde. Mit zunehmenden Bevölkerungszahlen mußten dann auch vom Homo sapiens laufend neue Lebensräume erschlossen werden, die neue Anforderungen an die physische Reaktionsfähigkeit des Körpers stellten. Darunter sind etwa zu rechnen höhere oder geringere Einstrahlungsintensität der Sonne wie der ultravioletten Strahlung, stärkere oder schwächere Luftfeuchtigkeit, höhere oder niedrigere Durchschnittstemperaturen, Ausmaß der täglichen Temperaturschwankung, Widerstandsfähigkeit gegen endemische Krankheiten (Schlafkrankheit, Malaria, Gelbfieber u. a.), geänderte Nahrungsbasis usw. Klimaanpassungen z. B. sind möglich über stärkere oder geringere Farbstoff dichte in der Haut (Pigmentierung), Regelung der Empfindlichkeit gegenüber Luftfeuchtigkeit oder Temperaturschwankungen (Eury- oder Stenothermie der Haut), Sonderbildungen an der Lidspalte des Auges (Blendschutz), um nur einige Beispiele zu nennen. Soweit wir aus der Verteilung der kulturellen Hinterlassenschaft auf Siedlungsplätzen wie auch bis zu einem gewissen Grade den erhaltenen menschlichen Skelettresten schließen können Rassengeschichte), hat der Mensch auf seinen Frühstufen wie auch noch der Homo sapiens zunächst mehr die offenen Landschaften bevorzugt und ist erst relativ spät auf die Dauer in die geschlossenen Waldgebiete wie besonders die tropischen Urwaldregionen, aber auch die Mittel- und Hochgebirgszonen vorgedrungen. Die wechselnde Abschließung bestimmter geographischer Großräume im Eiszeitalter und deren regionale Untergliederung hat zweifelsohne schon bei den Frühformen des Menschen zu ausgeprägt unterschiedlichen Auslesebedingungen für die damals lebenden genetischen Populationen geführt. Allerdings wird man annehmen können, daß vom Frühmenschen zunächst überwiegend ähnliche Lebensräume und -bedingungen aufgesucht wurden. Die zahlenmäßig geringen Reste von menschlichen Schädeln und Körperskeletten wie ihre Verteilung über große Zeitspannen des Hauptteils der Eiszeitenperiode lassen aber nur eine Großgliederung zu. Wir können dabei zwar einen räumlich deutlicheren Zusammenhang zwischen den vorliegenden Fundgruppen aufweisen, sind aber nicht in der Lage, speziellere Rückschlüsse auf unterschiedliche Umwelt und danach auf Auslese zu ziehen. Dazu ist allerdings zu bedenken, daß das Skelett wesentlich langsamer und gröber auf von außen kommende Ausleseeffekte ansprechen wird. Wir können also nur theoretisch voraussetzen, daß bei den damals lebenden Menschen ähnliche selektive Effekte spezieller Umweltwirkungen aufgetreten sind, wie wir sie beim Jetztmenschen fassen können. Dabei wird zugleich klargestellt, daß wir bei der Selektionswirkung unterscheiden müssen zwischen einem sich ständig vollziehenden, aber langsamer in Erscheinung tretenden Dauereffekt, der sehr komplex die Gesamteignung des Organismus überprüft, und kleineren, rascher faßbaren Teileffekten, die sich nach besonderen Anforderungen spezieller Umweltbedingungen ausrichten. Diese werden in erster Linie vorn Klima gesetzt und erscheinen so in deutlicherem Maß als gerichtet , wobei aber das Gerichtetsein nicht das Ergebnis gerichteter Mutationen ist, sondern eben nur der Erfolg einer Auslese und Förderung bestimmter, geeigneterer Mutanten aus dem allgemeinen, völlig urgerichteten und breiten Angebot der gesamten Mutationsrate einer Population. Für diese Teileffekte können beim Menschen angeführt werden etwa die Hautfarbenverteilung, Strahlendurch- bzw. Strahlenundurchlässigkeit der Haut, Temperaturempfindlichkeit, oder aber als Ergebnis unregelmäßigen Nahrungsangebotes in Mangelgebieten die Bildung von Fettpolstern (Fettsteiß = Steatopygie der Khoisaniden), der bei Tieren etwa der Fettschwanz bei Schafen oder der Fetthöcker verschiedener anderer Gattungen entsprechen.
Insgesamt aber muß festgestellt werden, daß jede komplexe und ausgeprägte Spezialanpassung eine Einschränkung des potentiellen Lebensraumes darstellt und weniger spezialisierte Arten, die u b i q u i t n r sind, d. h. überall leben können, auf die Dauer die besten Überlebenschancen haben. Der Mensch zeigt in dieser Hinsicht nur geringe Grade von Spezialanpassungen, sein lebensgeschichtlicher Erfolg ist, seine besonderen geistigen Fähigkeiten außer acht gelassen, insbesondere das Ergebnis seiner körperlich-organischen Unspezialisiertheit. Man muß bei dem Ausmaß der spezielleren Selektionseffekte allerdings die Generationsdauer, d. h. die Länge der Jugendzeit bis zur Geschlechtsreife und der ersten faßbaren Nachwuchsrate berücksichtigen. Diese stellt beim Menschen mit etwa 20-25 Jahren in seinem für uns überschaubaren Entwicklungszeitraum nur eine entsprechend begrenzte Anzahl von Mutationsraten (einmal je Generation) zur Auswahl für die Selektionswirkung zur Verfügung. Trotzdem können wir aber auch beim Menschen mit zunehmender Funddichte, und je mehr wir uns der Jetztzeit nähern, deutlichere Gruppenunterschiede fassen. Für deren Ausbildung ist nun ein weiterer Faktor bei der Rassengenese wesentlich, die Verhinderung eines ständigen Genflusses zwischen den verschiedenen genetischen Populationen, also die Isolierung in relativ abgeschlossene Zeugungskreise .
DIE ISOLATION. Bei der Erläuterung des Rassenbegriffs war herausgestellt worden, daß eine Rasse eine Gruppe in Fortpflanzungsgemeinschaft darstellt, die sich durch den Besitz bestimmter Gene von entsprechenden genetischen Populationen der gleichen Art unterscheidet. Über die individuelle Mutations-rate werden zusätzlich zum Ausgangsbestand in einer genetischen Population ständig neue Erbanlagenänderungen angeboten, von denen sich durch die Selektionswirkung nur ein begrenzter Teil auf die Dauer behaupten kann. Um nun eine überdurchschnittliche Anreicherung bevorteilter (z. T. neuer) Gene innerhalb einer Population zu erreichen, die schließlich für diese kennzeichnend werden kann, ist es notwendig, daß die Zeugungsbeziehungen für eine gewisse Zeit auf eine begrenzte Zahl von Individuen = genetische Population oder Zeugungskreis, beschränkt werden, der Genfluß zwischen benachbarten genetischen Populationen also weitgehend unterbunden wird. Diesen Vorgang bezeichnet man als die Isolation, dessen Ergebnis je nach der Dauer wie dem Grade der Abschließung, d. h. der tatsächlich erreichten Unterbindung von Genaustausch über den betroffenen Zeugungskreis hinaus, mehr oder minder deutlich faßbar wird. Dabei wird zugleich eine wesentliche Grundbedingung für jede Rassenbildung herausgestellt. Es ist nicht möglich, daß aus der gleichen Ausgangspopulation gleichzeitig im selben Lebensraum, d. h. s y M p a t r i s c li , mehrere neue Rassen entstehen. Eine Rassenbildung kann in jedem Falle nur in getrennten Lebensräumen (I s o 1 a t e n), also a l l o p a t r i s c h erfolgen. Dabei hat die ursprüngliche Ausgangspopulation vor der Aufspaltung in Tochterpopulationen und deren Isolierung einen im Sinne der Rassendefinition überwiegend gleichen Genbestand besessen, die Tochterpopulationen kommen aus dem gleichen G e n p o o l . Den danach über die Isolation einsetzenden Aufgliederungsprozeß bezeichnet man als D i f f e r ,e n z i e ru n g . Setzt sich. diese Differenzierung gleichsinnig über längere Zeitspannen und entsprechende Generationenzahlen fort, ergibt sich daraus in stammesgeschichtlicher Sicht die ›Evolutionsrichtung.
Die Isolation von Populationen wird nun in erster Linie durch geographische Schranken bedingt: Meere, Trockensteppen oder Wüsten, schwer passierbare Wald- oder tropische Urwaldzonen, schließlich Randlagen (auf Halbinseln oder Kontinent-spitzen). Besonders deutlich wird die Isolationswirkung auf Inseln sichtbar, die nur zeitweise einer Besiedlung offenstanden. Während der Eiszeiten wurde dies mehrfach durch die Absenkung und dann den Wiederanstieg des Meeresspiegels erreicht, Schwankungen bis zu soo m und darüber im Vergleich mit dem heutigen Stand. Dadurch wurde die Flachsee vor den Kontinenten trockengelegt (z. B. Landbrücke von Hinterindien über Indonesien bis nach Australien mit nur wenigen schmalen Meeresarmen), während etwa die Erstbesiedlung Amerikas durch den Menschen höchstwahrscheinlich entlang einer Eisbrücke über die Beringstraße erfolgte. Die geographischen Großräume der Kontinente zeigen dann in sich eine weitere Untergliederung in größere Tallandschaften von Flußgebieten mit höhergelegenen Zwischenriegeln wie den Klimazonen überhaupt. Über diese vielseitigen Isolationsmöglichkeiten hat sich dann auch die Differenzierung des fossilen Homo sapiens in die modernen Großrassen und ihre Untergliederung vollzogen. Neben die großräumige, geographisch gegebene Isolation tritt nun eine zweite, die man als ö k o 1 o g i s c h e bezeichnet. Sie wird dadurch wirksam, daß im gleichen geographisch abgrenzbaren Raum je nach der Höhenverteilung verschiedene Biotope gemäß den jeweiligen Klimazonen mit danach ausgerichteter Vergesellschaftung von Tieren und Pflanzen vertreten sind, also etwa eine offene Tallandschaft, mittlere Höhenlagen mit dichter Bewaldung und höhere, weitgehend unbewaldete Gebirgsregionen. Entsprechend dem Biotop bieten sich für den Menschen unterschiedliche Nutzungs- und seit Beginn der Seßhaftwerdung Wirtschaftsmöglichkeiten an, die ihrerseits zunächst die Trennung der in den einzelnen ökologischen Zonen lebenden Populationen verschärfen können, wobei die weniger günstigen Regionen zunächst als Rückzugsgebiete für primitivere Wirtschaftsweisen gedient haben (-4 Rassengeschichte).
Beim Menschen treten zu den für alle Lebewesen wirksamen Isolationsschranken noch weitere hinzu, die sich aus den Formen seiner Vergesellschaftung ergeben (Kleingruppenbindungen, Heiratsgebote bzw. -verbote, Tabus), wie auch Stammes-oder Sprachgrenzen. Diese sind zwar nur zu einem gewissen Grade wirksam, tragen aber auch dazu bei, daß unter ursprünglicheren Bedingungen der Genfluß zwischen den verschiedenen genetischen Populationen und den daraus entstandenen ethnischen Einheiten verlangsamt wird (Sozialanthropologie).
Die oben umrissenen Isolationsmöglichkeiten führen also dazu, daß nach einer gewissen Zahl von Generationen innerhalb eines isolierten Zeugungskreises bestimmte Gene und daraus Merkmale durch Selektion überdurchschnittlich häufig werden. Sie ergeben dann für den Beurteiler, in der Zusammenschau der von den Nachbarpopulationen abweichenden Merkmale, die für jede einzelne kennzeichnende Merkmalskombination‹. Dabei muß natürlich berücksichtigt werden, daß nicht sämtliche Erbanlagenträger innerhalb eines Isolates gleichermaßen an der Gesamtheit des rassenkennzeichnenden Merkmalskombinats beteiligt sind nur im theoretischen Idealfalle wären sie darin identisch. Die Dichte und Häufigkeit der möglichen Zeugungsbeziehungen aller potentiellen Partnerlinien ist eben auch innerhalb eines Isolates nicht gleich, da die Erbanlagenträger am Rande dieses, Gebietes schon durch die größere Entfernung zur Mitte prozentual weniger Paarungsmöglichkeiten mit denen des Zentralraumes haben werden. Es kann also unter natürlichen Bedingungen keine für das gesamte Merkmalskombinat ,reinen Rassen, geben. Aber auch wenn die verschiedenen Erbanlagenträger eines Isolates an der Angleichung des Merkmalskombinats in verschiedenen Prozentsätzen beteiligt sind, bleibt es für die Gesamtheit doch rassenkennzeichnend . Denn der unter natürlichen Bedingungen mögliche Reinheitsgrad darf nicht an dem gemessen werden, der von uns über bewußte und sorgfältigste Zuchtwahl bei Tieren oder Pflanzen erreicht werden kann. Je länger nun eine Isolierung entwicklungsgeschichtlich andauert, um so umfangreicher wird das gegenüber der ursprünglichen Ausgangspopulation abweichende Merkmalskombinat. Dieser Vorgang findet seinen Abschluß im Erreichen der nicht mehr nur räumlichen, sondern trotz Aufhebung der geographischen Isolationsgrenzen nunmehr dauernden, endgültig nur noch biologisch bedingten Zeugungsschranke, der Artsterilität. Eng verwandte Arten können dann wieder im gleichen geographischen Raum, ohne spezielle Isolatsgrenzen, zusammentreffen, wenn aus zwei ursprünglich noch miteinander fruchtbaren Rassen einer Art über die Zwischenschaltung sehr langer Isolierung zwei selbständige neue Arten geworden sind.
Biologische Zeugungsschranken haben beim Menschen vermutlich niemals bestanden, es haben mit hoher Wahrscheinlichkeit in jedem Abschnitt der menschlichen Entwicklungsgeschichte (j Paläanthropologie) zur gleichen Zeit auf der Erde immer nur Angehörige einer Art gelebt. Für die jetzt lebende Species Homo sapiens bestehen auch nur Kassenunterschiede geringeren oder höheren Grades, die sich in der heute faßbaren Ausprägung vermutlich erst seit dem Ende der letzten Eiszeit herausgebildet haben. Wir können dabei aus der Konzentration bestimmter besonders kennzeichnender Merkmale den vermutlichen Kernraum der Isolation für die Großrassen rekonstruieren, aus dem während verschiedener Abschnitte des Isolationsprozesses immer wieder Populationswellen in umgebende Räume vorgestoßen sind und von später aus dem Kernraum nachkommenden Schüben nach außen weitergedrängt wurden, was sich besonders gut z. B. bei den Mongoliden verfolgen läßt (Rassengeschichte). Der Wirkzusammenhang der für die Rassengenese maßgebenden Faktoren läßt sich dabei nur dann sinngerecht erfassen, wenn man sich stets vor Augen hält, daß wir es nicht mit starren Schemata zu tun haben, sondern mit Entwicklungsabläufen, die sich beweglich über Raum und Zeit vollziehen. Die verschiedenen genetischen Populationen haben nicht in gleichem Maße die Isolationswirkung eines bestimmten Raumes erlebt, die Harte des Selektionsdruckes war nicht überall gleich groß, die Kontaktmöglichkeiten zwischen den Populationen unterschiedlich. So finden wir heute durch ungleich hohe Vermehrungsraten, die gleichzeitig zu Bevölkerungsdruck und Bevölkerungsverlagerungen (Wanderungen ) führen, ein vielgestaltiges Bild von ineinander übergehenden wie ii b e r e i mm -andergeschichteten Populationen vor,dienichtmehr dem ursprünglichen Zustand der Rassenverteilung während ihres Entstehens entsprechen. Trotzdem sind die wissenschaftlichen Beurteilungsgrundlagen für eine Rassenunterscheidung gegeben, auch wenn wir heute durchweg nur mehr oder weniger große Rassengemische vorfinden. Es muß aber in diesem Zusammenhang noch einmal betont werden, daß »Rassen ein Prozeß« sind und wir auch vor einigen Jahrtausenden keine reinen Rassen vorliegen hatten, sondern nur Populationen auf ver-. schiedenen Stufen der Rassenentwicklung bzw. -mischung. Unsere Erfahrungen über die Vererbung von Merkmalen und deren großräumige Verteilung unter der Erdbevölkerung zeigen, daß der Prozeß der Rassengenese ständig im Gange war und sich auch heute noch, wenn auch unter erschwerten Bedingungen, weiter vollzieht.
RASSENMERKMALE. Unter der Vielzahl der für die gesamte Species Homo sapiens typischen finden sich nun in unterschiedlicher Häufigkeit und Verteilung charakteristisch e E i g e n b i l d u n g e n, die in ihrer Kombination mit einer Reihe anderer für eine Untergruppe der Art, die R a s s e, jeweils besonders kennzeichnend sind. Dabei ist von vornherein zu beachten, daß im Gesamtbereich einer Art gleichartige Mutationen möglich und grundsätzlich zu erwarten sind und immer wieder neu auftreten können. Das läßt sich besonders gut an dem unter sämtlichen Rassen des Homo sapiens verbreiteten Auftreten der Mutante helle Haarfarbe verfolgen. Die Konzentrierung einer deutlich abzugrenzenden kennzeichnenden Merkmalskombination unter den Populationen bestimmter geographischer Räume läßt sich aber nur zu einem Teil mit einem speziellen Auslesewert (besonders auffällig bei Klimaanpassung) parallelisieren. Bei den meisten anderen, wie etwa unterschiedlichen Rumpf- und Gliedmaßenproportionen, breitem oder schmalem, hohem oder niedrigem .Gesicht, geradem, ausgebogenem (konvexem) oder eingebogenem (konkavem) Nasenrücken, breiten oder schmalen Lippen, vorspringendem, neutralem oder gar zurückweichendem Kinn ist über den theoretisch möglichen Auslesevorteil nichts auszusagen. Das wird noch besonders augenfällig bei extremen Eigenzügen wie etwa der sog. Achselstiindigkeit der Brust bei der Frau (Brust in Nähe und Höhe der Achselhöhle) oder dem aufgestellten Penis beim Mann der Khoisaniden. Wir müssen uns also von der irrigen Vorstellung frei machen, daß die Ausbildung und Häufung bestimmter Formcharaktere unbedingt aus der Voraussetzung eines speziellen Auslesevorteils erklärbar sein müßte, der direkt mit dieser rassencharakteristischen Sonderbildung verbunden gewesen wäre. Tatsächlich prüft aber der S e 1 e k t i o n s d r u c k jeweils besonders die Gesamteignung eines Organismus, für den spezielle Einzelzüge nur unter bestimmten Voraussetzungen ausschlaggebend sein können. Die Selektion kann daher im Rahmen eines Isolates scheinbar völlig unwesentliche Eigenheiten überdurchschnittlich mit bevorteilen und anreichern, da die Einzelmerkmale unter natürlichen Bedingungen nicht unabhängig vom. gesamten Merkmalskomplex gewogen werden und dementsprechend auch von uns betrachtet werden müssen. Man wird dabei zu einem Teil allerdings auch in Rechnung stellen dürfen, daß bestimmte Formzüge auch über ,Schönheitsvorstellungen, bei der Gattenwahl mit bevorzugt werden konnten, die dabei durchaus irrational werten dürften. Wie sehr sich zunächst gar nicht aus Schönheitsgründen geübte Bräuche über Tradition einfahren können, zeigt uns die Völkerkunde für ethnische Einheiten mit vielen Beispielen. Man nimmt u. a. dabei an, daß etwa der Brauch des Einführens großer Holzscheiben oder Pflöcke in die Lippen bei bestimmten Negerstämmen darauf zurückzuführen ist, daß man mit dieser Verunstaltung zunächst Frauen und Mädchen vor Entführung (Frauenraub durch Nachbarstämme, Sklavenhandel) schützen wollte. Obwohl beide Gefahren nach Einsetzen der Kolonialherrschaft sehr rasch unterbunden wurden, lebt das Brauchtum Lippenscheibe oder -pflock bei diesen Stämmen nunmehr aus Traditionsgründen weiter, obwohl der vermutlich zuerst dafür maßgebende Grund heute nicht mehr vorhanden ist. Auf welche speziellen Eigenheiten sich die jeweils gültigen Vorstellungen über schön oder angenehm erstrecken können, läßt sich auch aus dem Beispiel des Körpergeruchs entnehmen. Es ist dabei nicht nur so, daß etwa ein Europäer sich nur sehr schwer mit dem Körpergeruch bestimmter Eingeborenengruppen abfinden kann, sondern daß umgekehrt auch diese den Körpergeruch des Europäers als unerträglich empfinden, diesen auch offen so bezeichnen und ihm möglichst auszuweichen suchen. Diese speziellen Beispiele sollen dabei für das Problem Rassenmerkmal nur unterstreichen, daß innerhalb einer Fortpflanzungsgemeinschaft beim Menschen nicht nur die natiirlichen Auslesebedingungen allein bei der Anreicherung eine Rolle spielen können, sondern daß darüber hinaus innerhalb der Gruppe entwickelte Vorstellungen über schön und angenehm zusätzlich wirksam werden und dann über die Gattenwahl zur Häufung bestimmter Züge innerhalb einer Population beitragen können. Daneben muß weiterhin berücksichtigt werden, daß ganz verschiedene Merkmale genetisch miteinander verbunden sein können (z. B. Pleiotropie der Vielfachwirkung eines Gens, Koppelung von Genen entsprechend der Locusverteilung auf dem Chromosom) und so die natürliche Auslesebevorteilung eines einzelnen Merkmals so und so viele andere mit anreichern kann.
Im großen Rahmen finden wir nun auf der Erde einmal Zonen bestimmter Farbverteilung von Haut, Haaren und Augen (K o nn p 1 e x i o n, P i g m e n t i e r u n g), die sich großräumig abzeichnen und in keiner festen Beziehung zu den übrigen rassentypischen Merkmalen stehen müssen. Das ergibt sich, wie schon oben kurz gestreift, allein daraus, daß der Auslesevorteil bestimmter Farbwerte (Helligkeit oder Dunkelheit mit entsprechenden Zwischenstufen) nach Klimazonen wechselt. Deshalb ist es grundsätzlich falsch, einen Menschen überwiegend dunkler Komplexion nur deshalb genetisch mit der Großrasse Negride in Verbindung zu bringen. Finden wir doch in der Großrasse der Europiden alle Farbvarianten von rosig-weißer Haut, blonden Haaren und blauen bzw. grauen Augen bis zu sehr dunkler Haut, schwarzen Haaren und tiefbraunen Augen vertreten. Die Verteilung und Anteilsverschiebung der Komplexion läßt sich ohne scharfe Grenzen in fließenden Übergängen verfolgen und zeigt die höchsten Dunkelwerte an der Südgrenze der Europiden in Afrika, aber auch in Südindien, wie weiterführend nach Indonesien, Neuguinea und Australien (sog. Australneger). Wir haben damit ein Musterbeispiel gerichteter Selektion vorliegen, wobei in Nord-, Nordwest-, Mittel- und Teilen Osteuropas die begrenzte ultraviolette Höhenstrahlung eine höhere Strahlendurchlässigkeit der Haut und damit die Hellmutante bevorzugte (D e p i g m e n t a t i o n, Rassengeschichte), während unter den südlichsten Rassen der Europiden der Selektionsvorteil die vor Strahlungsschäden schützende Dunkelkomponente anreicherte. Bei den Mongoliden ist die Haut wahrscheinlich insgesamt strahlungsunempfindlicher und deshalb der Farbunterschied innerhalb der Großrasse wesentlich geringer, obwohl auch hier ein gewisser Trend für relativ dunklere Farbwerte unter südlichen Breiten faßbar wird. Nur die Negriden als ausgesprochene Tropenrasse zeigen das eindeutige Vorherrschen der Dunkelkomponente, wobei aber auch bei ihnen eine vielfältig differenzierte Farbabstufung vorliegt. Allein schon das Beispiel der Hautfarbe und ihr Verhalten gegenüber wechselnder Strahlungsintensität macht dabei eindringlich klar, daß wir auch hier sehr komplexe Regelungen vorliegen haben und die Reaktionsfähigkeit.der Haut gegenüber der Einstrahlungsin.tensität nicht nur über die Pigmentierung antworten muß, sondern noch eine ganze Reihe weiterer Ausgleichsmöglichkeiten besitzt.
Aus diesen begrenzten Beispielen geht bereits klar hervor, warum bei der Beurteilung des Aussagewertes von Rassenmerkmalen und ihrer Anwendung zur Rassenbestimmung niemals nur einzelne bzw. einige wenige herangezogen werden dürfen, sondern jederzeit eine umfassende kennzeichnende Merkmalskombination als Arbeitsgrundlage dienen muß. Die weite Verbreitung der Dunkelkomponente bei der Hautfarbe zwischen dem 20. Breitengrad nördlich und südlich des Äquators (Afrika, Südasien, Pazifik), die nur in Australien, Tasmanien und Neuseeland noch geschlossen weiter südlich auftritt, unterstreicht, daß wir dabei gleichlaufende Entwicklungen (K o n -v e r g e n z e n) in der Merkmalsanreicherung feststellen müssen, die eine Herkunft aus einem einzigen und einheitlichen Genzentrum ausschließen. Das kann man zum Teil sogar durch Direktbeobachtung des Erbgangs bestimmter Merkmale belegen. So wissen wir, daß sich die Sonderform der Deckfalte des Augenlids bei den Mongoliden (Mongolenfalte) bei Kreuzung dominant vererbt, während eine äußerlich ziemlich ähnliche Bildung bei den Khoisaniden nur rezessiv weitergegeben wird, also genetisch anders, durch eine spezielle Mutante, gesteuert wird (Rassengeschichte).
Die Zusammenfassung einer Reihe von Merkmalen zu einer rassenkennzeichnenden Merkmalskombinat i o n stellt nun in erster Linie das Ergebnis von Beobachtung und Auswahl durch den Beurteiler dar. Sie besagt niemals, daß alle diese Merkmale in sich genetisch fest verbunden auftreten müssen und im Erbgang als Einheit weitergegeben werden. Vielmehr setzt sich das von den Beurteilern jeweils gewählte Merkmalskombinat durchweg aus im Erbgang von einander (weitgehend) unabhängigen Merkmalen bzw. Merkmalskomplexen wie Eigenschaften zusammen, die nur während der Isolation durch die ständigen Zeugungsbeziehungen innerhalb der genetischen Population des Isolates überdurchschnittlich angereichert wurden. Diese Tatsache mag den biologisch ungeschulten Laien zunächst überraschen, ist aber nach allen Erfahrungen der experimentellen Genetik gar nicht anders zu erwarten. Das kommt z. B. besonders eindrucksvoll zum Ausdruck, wenn wir die Verteilung der Blutgruppen unter der gesamten Erdbevölkerung mit dem Ergebnis der Rassenverteilung nach dem äußeren körperlichen Befund vergleichen. Die Verteilung der Blutgruppen ist sicher schon bei den Ausgangspopulationen unserer heute lebenden Großrassen nicht einheitlich, aber auch nicht gleichsinnig verschieden gewesen und hat dann im Laufe der Entwicklung eine selbständige Ausleseverteilung in den Isolaten der verschiedenen Rassen erfahren, die nicht mit der unterschiedlichen Anreicherung im äußeren Merkmalskombinat gleichlief. Wenn wir daher heute bei jetzt weit voneinander lebenden Rassen einen überdurchschnittlich hohen Anteil der gleichen Blutgruppe vorfinden, besagt das allein noch gar nichts über eine mögliche engere Herkunftsverwandtschaft beider Fortpflanzungsgemeinschaften. Rassengeschichtliche Zusammenhänge können nur nach dem gesamten greifbaren kennzeichnenden Merkmalskombinat beurteilt werden.
Die rassentypische Merkmalskombination setzt sich also aus einer ganzen Reihe von Fall zu Fall verschiedener Merkmale, Formbildungen, Farben und Eigenschaften zusammen, wobei der Aussagewert von Einzelzügen nur dann für die Ableitung von Zusammenhängen herangezogen werden kann, wenn fließende Übergänge das Ergebnis einer gerichteten Selektion sind (z. B. Farbverteilung bei den Europiden) oder ein morphologisches Merkmal bzw. Merkmalskomplex(e) sich kontinuierlich von einem Zentrum aus nach außen abschwächt oder verändert. Rassentypisch sind dabei auch auffällige Merkmale und Formzüge nur im Rahmen des Kombinats und bei Auftreten eines ähnlichen Merkmals in weitem Abstand von seinem Hauptverbreitungsgebiet kann nur eine Nachprüfung des Vererbungsmodus zu begründeten Aussagen führen (unterschiedlicher Erbgang der Liddeckfalte bei Mongoliden und Khoisaniden!). Im allgemeinen werden zur Beurteilung nur körperliche Merkmale verwendet, da nur diese objektiv mel- und bestimmbar wie in sich statistisch vergleichbar sind. Diese Verfahren sind aber allein auch nicht tragfähig, sondern müssen durch eine entsprechende Zusammenschau, durch Sehen , ergänzt werden.
Ein Blick auf die reichen Ergebnisse. der Konstitutionsforschung (Konstitution) lehrt im Hinblick auf unsere Fragestellung eindringlich, daß die dabei ausgegliederten Typen im Gesamtbereich der Species Homo sapiens auftreten und nur in Grenzen bei einzelnen Rassen auffälliger gehäuft erscheinen. Ein Einteilungsversuch nur auf Grund der Konstitutionstypen läßt wohl gleichfalls erblich fixierte Komplexe und daraus Unterschiede erfassen, die sich auch mit bestimmten Verhaltensweisen in großen Zügen parallelisieren lassen. Sie können aber als Gemeinbesitz der poly typischen Art Homo sapiens nicht für die Charakterisierung und Unterscheidung ihrer Großrassen und Rassen herangezogen werden oder diese gar ersetzen, da sich die Rassenmerkmale unabhängig von der Konstitution ausgebildet haben, ausgelesen werden und vererben. Rasse wie Konstitution bezeichnen zwei genetische Syndrome, die unabhängig voneinander betrachtet werden können, wobei zu beachten ist, daß wir über ihre gegenseitige Abhängigkeit noch nicht genügend unterrichtet sind. Man wird aber bereits sagen können, daß die Konstitution als außerordentlich vielseitig zusammengesetzter und erblich fixierter Merkmalskomplex dem Selektionsdruck und der differenzierenden Isolationswirkung weniger Ansatzflächen bietet als die spezielleren Rassenmerkmale. Sie wird sich dementsprechend über die Mutationsrate wesentlich langsamer gruppenkennzeichnend verändern. Rasse und Konstitution schließen sich also nicht aus, sondern überschneiden sich.
Abschließend muß noch kurz auf Rassenunterschiede im Bereich des Verhaltens wie des Geistig-Seelischen eingegangen werden (- Rassenpsychologie). Auch dieser Bereich unterliegt beim Menschen eindeutig der Vererbung. Er kann daher grundsätzlich nicht aus der Rassendefinition ausgeklammert werden. Dazu ist zunächst festzustellen, daß die intellektuelle Kapazität und Leistungsfähigkeit bei der Aufgliederung in die Einzelrassen des Homo sapiens in gleicher Weise vorhanden gewesen sind. Die tatsächlich faßbaren Unterschiede in der bis jetzt gezeigten Kultur- und Zivilisationsleistung der Rassen und daraus ethnischen Einheiten können nicht unter allgemeinverbindlichen Maßstäben beurteilt und bewertet werden, da sie nicht objektiv meßbar und danach zu vergleichen sind. Auch Testversuche versagen hier, weil die Ausgangsbasis niemals gleich sein kann, weil der Lebensstil der zu untersuchenden Gemeinschaften von vornherein spezielle Bereiche anspricht und fördert und sich in ihm nicht nur die grundsätzliche Kapazität an Fähigkeiten ausdrückt, sondern diese jeweils durch die Tradition wesentlich mit in bestimmter Richtung beansprucht bzw. überlagert werden. Was getan wird und wozu Fleiß und Ausdauer aufgewandt werden müssen, richtet sich außerdem auch nach der im Einzelfalle gegebenen Umwelt. Die rassentypischen Verhaltensweisen dürften dabei zu wesentlichsten Teilen mit durch Selektionswirkung angereichert worden sein. So können Europide auch in tropischer Umwelt für bestimmte Fristen ein Maß von Energie und Arbeitsleistung vollbringen, das annähernd dem ihrer Heimat entspricht. Auf die Dauer werden aber auch von ihnen nur die Erblinien überleben, deren Kraftaufwand nicht das dem Klima entsprechende Maß überschreitet, wobei auch die moderne Technik nur einen Teil des lähmenden Klimaeffekts kompensieren kann. Daneben bestehen weitere auffällige Unterschiede etwa im Temperament, der Reaktionsbreite und dem Behauptungswillen, die erblich fixiert sind und jedem greifbar werden, der einmal über längere Zeit unter Menschen anderer Rasse gelebt hat. Grundsätzlich falsch ist dabei nur die Auffassung, daß sich darin absolute Wertunterschiede manifestieren, die nach einem allgemeinverbindlichen Maßstab beurteilt werden könnten. Dieser muß ja, je nach der persönlichen Auffassung wie dem angeborenen Empfinden des Beurteilers, verschieden sein und ist genauso irrational und inkommensurabel wie ein rassentypisch geprägtes Schönheitsideal. Deshalb müssen die erblichen Unterschiede in diesen Bereichen bei der Rassenbeurteilung ausgeklammert bleiben und können nicht in das metrisch-morphologisch-statistisch faßbare kennzeichnende Merkmalskombinat einbezogen werden. Das aber nicht darum, weil sie nicht vorhanden wären, sondern nur, weil sie sich einer objektiven Erfassung und Beurteilung entziehen.
DIE RASSEN. Wir haben im Verlaufe unserer Ausführungen ge- sehen, welche verschiedenen Faktoren an der Rassengenese beteiligt sind, und dabei erkannt, daß jeder zu einer bestimmten Zeit faßbare Querschnitt durch eine genetische Population nur eine einzige Momentaufnahme auf dem ablaufenden Film ständiger Entwicklungsablauf = Rassenbildung darbietet. Rassen umfassen als Prozeß jederzeit eine begrenzte Zeitspanne im Rahmen der Stammesgeschichte von Art und Gattung. Die verschiedenen an der Rassenbildung beteiligten Elemente und Faktoren, wie Mutation von Genen und individuelle Mutationsrate, Selektion und Isolation, sind ständig wirksam, greifen aber an den über den gesamten Erdkreis verteilten Populationen unserer Art jeweils nach Maßgabe der regionalen Bedingungen mehr oder weniger deutlich an. Da die einzelnen genetischen Populationen, die sich im Laufe der Zeit aus dem ursprünglichen G e n -p.o o l des fossilen Homo sapiens ausgegliedert und in verschiedener Richtung ausdifferenziert haben, niemals gleichlang den gleichen Bedingungen unterworfen blieben, sondern bei ihrer langsamen Ausbreitung über die Erde ständig neue Siedlungsräume erschlossen haben und sich in ihnen neuen Selektionsbedingungen und wechselnden Isolaten aussetzten, kann der Rang und erreichte Ausformungsgrad der verschiedenen Rassen nicht gleichwertig sein.
Wir unterscheiden daher einige wenige Großrassen, die nomenklatorisch mit Subspecies (Unterart) parallelisiert werden können, selbst aber wiederum aus einer wechselnden Anzahl von Varietäten (Rassen) zusammengesetzt sind. Die Varietäten können ihrerseits in kleinere Untergruppen (Lokalrassen oder Gauschlüge) aufgegliedert werden, wobei sich das Ausmaß der möglichen Feinunterscheidung aus dem Grade der anthropologischen Bestandsaufnahme ergibt. Der innere Zusammenhang zwischen niedrigeren und höheren Untergruppen ist dabei kontinuierlich und ergibt sich aus den jeweils vorhandenen Isolationsräumen wie der Dauer ihrer Wirksamkeit, innerhalb deren die für jede Rassengenese maßgebenden Faktoren ihren Einfluß ausüben konnten.
Gegenüber vergleichbaren Vorgängen bei der Tierwelt erwachsen nun für den Menschen besondere Bedingungen aus der Tatsache, daß er infolge seiner Unspezialisiertheit ein ausgesprochenoffener Ö k o t y p o s ist. Er kann sich in jeder Klimazone behaupten und verfugt dank seiner Ausrichtung auf pflanzliche wie tierische Kost über einen sehr breiten Nahrungsspielraum. Bei dieser Unabhängigkeit von Klima und Ernährungsbasis verbunden mit großer Beweglichkeit ist er jederzeit in der Lage, relativ rasch große Distanzen zu überwinden. Das könnte auf der einen Seite weitgehend zu einer Nivellierung von Rassenunterschieden beitragen, wenn nicht andererseits beim Menschen vor den zivilisatorischen Epochen nur ihm eigene zusätzliche Binnenschranken (Demographic, Sozialanthropologie) konservierender Wirkung auftreten würden. Diese tragen zur Erhaltung der Zeugungskreise und darin der räumlich kleineren Heiratskreise bei. Spezielle Heiratsgebote wie Endo- und Exogamie und Tabus richten die Auswahl der Ehepartner auf bestimmte Gruppen aus, Stammes-und Sprachgrenzen wirken in größerem Rahmen, Standesgrenzen konservieren die einzelnen Schichten bei Einwanderungsüberlagerungen. Diese Binnenschranken bleiben allerdings nicht dauernd in Kraft, unterbinden oder verlangsamen aber über kürzere oder längere Fristen den Genaustausch und Genfluß von Fortpflanzungsgemeinschaft zu Fortpflanzungsgemeinschaft. Mit zunehmender Bevölkerungsdichte auf der Erde werden dabei die Isolatsgrenzen immer unwirksamer, Beim Menschen haben wir außerdem über den natürlichen Fortpflanzungseinheiten (Zeugungskreisen) als Grundlagen der Rassenbildung neue, speziell menschliche Großgruppierungen vorliegen: die ethnischen Einheiten, d. h. S t ii in m e oder V ö 1 k e r. Sie können mehrere Rassen enthalten, erscheinen durch gemeinsame Sprache, Geschichte und Kultur verbunden und sind gegenüber den natürlichen Einheiten wandelbarer (politische Staatenbildung, Sprachübernahmen, Umvolkung usw.). Sie sind zugleich Abbild geschichtlicher Prozesse wie Ergebnis der ständigen Wanderungsbewegungen des Menschen auf der Erde, zeigen Überschichtungsvorgänge wie Verdrängungen. Dies alles kann die Erfassung der in den ethnischen Einheiten vorliegenden Rassen bzw. Rassengemische und die Klärung der ursprünglichen Verhältnisse erschweren. Es ergeben sich daraus aber für die Darstellung der Rassengeschichte des Menschen keine unüberwindbaren Schwierigkeiten, da wir in kulturellen Hinterlassenschaf ten im Boden wie Relikten in Kultur, Sprache und Brauchtum, besonders aber auch in schriftlich fixierten oder aus mündlicher Überlieferung faßbaren Angaben zusätzliche Quellen vorliegen haben. Darüber hinaus geben uns die Anteile erblich fixierter Rassenmerkmale in den einzelnen Bevölkerungen wie ihre teilweise noch faßbare ständisch unterschiedliche Verteilung wesentliche Kriterien zur Hand. In gut erforschten Gebieten können wir diese Befunde nach rückwärts durch Skelettserien historischen oder prähistorischen Alters ergänzen, die uns über Rassenverteilung wie Rassenentwicklung unterrichten.
Wir können auf der Erde zur Zeit in unserer polytypischen Art Homo sapiens drei Großrassen (Subspecies) unterscheiden: die Europiden, Mongoliden und Negriden. Ihnen werden zum Teil noch als Subspecies die Ureinwohner Amerikas (I n d i a n i d e n) und die Ureinwohner Australiens (Australiden) angeschlossen. Bei den letzteren dürfte es aber biologisch sinnvoller sein, sie als Altform noch an die Großrasse der Europiden anzuschließen (–÷ Rassengeschichte).
Zwischen den Großrassen bestehen nun mehr oder weniger breite und ausgeprägte Kontaktzonen, deren Varietäten (Rassen) von den verschiedenen Beurteilern wechselnd der einen oder der anderen Großrasse zugesprochen werden. Das erklärt sich außer durch Wanderungsverlagerung und Überschichtungs- und daraus Mischungsvorgänge und dadurch in diesen Zonen tatsächlich vorliegende Übergänge methodisch ganz einfach daraus, daß der Aussagewert der vorhandenen Rassenmerkmale im Rahmen des gesamten kennzeichnenden Kombinats verschieden beurteilt wird. In biologischer Sicht ist das kein Widerspruch gegenüber der Voraussetzung genetischer Fixierung der Rassenmerkmale, zumal ja auch durch Auslesebevorteilung auf beiden Seiten der Grenze innerhalb einer Kontaktzone ähnliche Merkmale angereichert werden können (z. B. Dunkelpigmentierung bei Europiden wie Negriden in Afrika). Darüber hinaus besteht eben auch ein Genaustausch durch Zeugungsbeziehungen, der mit zunehmendem Bevölkerungsdruck wie ständiger Nachbarschaft jederzeit in gewissem Grade gegeben ist und so bei längerer Dauer im kennzeichnenden Merkmalskombinat relativ indifferente Zwischenstufen ergeben kann. Darüber hinaus ist zu beachten, daß sich gerade in den Kontaktzonen vielfach Fortpflanzungsgemeinschaften begegnen, die an der Ausformung des für den Kernraum der Großrasse kennzeichnenden Merkmalskombinats weniger intensiv teilgenommen haben. Durch Expansionsdruck aus dem Kernraum heraus werden immer wieder zuerst die von vornherein in seinen Randzonen lebenden Teile der Fortpflanzungsgemeinschaft weiter nach außen geschoben. Allein deshalb werden im Berührungsbereich zweier Großrassen zumeist für beide weniger typische Varietäten miteinander in Kontakt kommen. Das gilt in besonderem Maße für sog. Altformen , die in Refugialräume abgedrängt wurden. Insgesamt ist zu diesem Problemkreis abschließend zu bemerken, daß unsere Methodik als System notwendigerweise starr sein muß, also der geschichtlichen , ständig abrollenden Entwicklung als lebendigem Bewegungsvorgang eben nur in Grenzen gerecht zu werden vermag. |
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