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Freigeister und Künstler" nennt sie die Wolken. "Wenn ich Wolken zeichne, zeichne ich das Unmögliche, das Unerreichbare, das Verhältnis zwischen luftig und fest, da und nicht da, ein Dazwischensein, vielleicht eine Sehnsucht." Nanne Meyer versucht mit Worten das auszudrücken, was sie mit dem Zeichenstift festgehalten hat: den Augenblick, das Momenthafte eines luftigen Gebildes. Zu sehen sind die "Luftblicke" noch bis zum
15. September (dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr) im Saal der Meisterzeichnung der Hamburger Kunsthalle.
Es ist das erste Mal, daß die Künstlerin in einem Museum ihrer Vaterstadt mit einer großen Einzelausstellung geehrt wird. Als Tochter einer Ostpreußin und eines Hamburgers 1953 in der Hansestadt geboren, studierte Nanne Meyer in Hamburg und London. Stipendien führten sie nach Rom an die Villa Massimo und nach Nürnberg . 1990 wurde sie mit dem Märkischen Stipendium für bildende Kunst ausgezeichnet. Seit 1994 lehrt die Hamburgerin an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.
England, Italien, USA, Japan - auf der ganzen Welt hat die Künstlerin haltgemacht und ihre Eindrücke gesammelt. Immer war sie mit dem Flugzeug unterwegs, mit dabei der Skizzenblock. "Zeichnen ist ständiges Weglassen", sagt sie, und so sind die im Flugzeug entstandenen Skizzen nur die Grundlage für größere Arbeiten, die später im Atelier entstehen. Doch auch diese wirken wie mit leichter Hand hingeworfen. Der Betrachter der Blätter meint durch ein Flugzeugfenster zu blicken, unter ihm Wolkenfetzen, die hin und wieder den Blick freigeben auf tief unten liegende Straßen, Felder, Städte. Beim genaueren Hinsehen entdeckt man Höhenlinien, die auf einer alten Landkarte vermerkt sind, andere Untergründe erinnern an Schnittmusterbögen. Wie wahr! Denn Nanne Meyer benutzt in der Tat immer wieder einmal als Grundlage ihrer feinen Zeichnungen ausgediente Buchseiten, Landkarten, Löschblätter oder Ansichtskarten. Mit Buntstift, Wachskreide, Schellack, Tusche oder Dispersionsfarbe setzt sie feine Akzente. Sogar "Nachtansichten" sind unter den Blättern. Man meint zartschimmernde Lichterketten zu entdekken wie beim abendlichen Anflug auf eine Großstadt. - Und man kommt sich ungeheuer klein vor ...
"Was mich bei den Luftblicken umtreibt, ist die Faszination des Blicks auf die Welt von oben, verbunden mit der enormen Geschwindigkeit", bekennt die Künstlerin. "Es ist die Gleichzeitigkeit von Bewegung und verschiedenen Blickachsen und die sich vor den Augen immer wieder neu entfaltende Ausdehnung von Ereignissen und Möglichkeiten. Letztlich ist es das Abenteuer des Zeichnens, mit den Möglichkeiten der Linie Raum und Zeit zur Anschauung zu bringen."
Nanne Meyer: Luftblicke (Bleistift und Dispersionsfarbe, 2002) |
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