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Die römische Religion ist eine Synthese indo-europäischer und mediterraner Elemente, wobei eine herausragende Rolle den Etruskern zufällt, von denen die Römer insbesondere rituelle Praktiken übernahmen. Archaische Züge haben sich bis in die Zeit der Republik erhalten, so etwa die Vorstellung von wirkmächtigen Kräften (numina ), das Bedürfnis nach Reinigung (lustratio) oder althergebrachte Landbräuche, wie sie sich noch in manchen Festen (Parilia, Lupercalia , Arvalia) manifestierten. Doch mit der Zeit wurde der griechische Götterhimmel romarisiert. Zur Zeit der Republik war es Aufgabe der Pontifices , die Staatsreligion zu überwachen und zu bewahren, wenn auch sich schon durch die quindecemviri Erneuerungstendenzen abzeichneten, die auch fremdländische Kulte und Gottheiten integrieren wollten. Gerade diese beiden Gremien verdeutlichen bestens, daß die römische Religion keine statische, endgültig festgelegte Einheit darstellte, sondern immer empfänglich für Entwicklungen und Anpassungen war, und somit soziale und geistige Veränderungen in sich aufzunehmen vermochte. Mit dem Ende der Republik gewannen philosophische Strömungen und fremdartige Kulte an Einfluß auf die hergebrachten Glaubensvorstellungen, woraus gelegentlich originelle Verschmelzungen entstanden. Auf der anderen Seite führte die Annahme, daß manche Personen Träger einer Mission sind und viel näher der Gottheit stünden, zum mißbräuchlichen Kaiserkult . Immerhin bereiteten derartige Heilsvorstellungen und monotheistisch orientierte religiöse oder philosophische Ansichten den Nährboden zur Aufnahme des Christentums in Rom. Da das Christentum sich als Universalreligion darstellte und andere Kulte ausschloß, war weder eine Synthese möglich, noch konnte die römische Religion diese ’neue Religion’ in sich aufnehmen. Für zweieinhalb Jahrhunderte wechselten sich Verfolgung und Duldung ab. Erst 313 wurde die allgemeine Religionsfreiheit gesetzlich verankert; im Jahre 394 wurde das Christentum zur offiziellen Religion.
Oftmals betrachtet man die römische Religion als eine leblose formalistische Religion, doch muß man hierbei unterscheiden zwischen den Riten, von denen manche auch bereits in historischer Zeit nicht mehr verstanden wurden, die man aber bewahrte, weil sie ja einstmals Träger heiliger Gefühle waren, und den Verhaltensweisen im täglichen Leben, die öfter von einem tiefen Glauben an eine übernatürliche Ordnung künden, von der zu einem Großteil die irdische Welt abhängt. |
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