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Einer der Höhepunkte in ihrem künstlerischen Schaffen war zweifellos die Aufstellung der Büste Maximilian Kallers, des letzten deutschen Bischofs von Ermland, in Frauenburg und in Allenstein. Jetzt fand im September ein drittes Exemplar der Büste auch einen würdigen Platz in Bergen auf Rügen, wo Kaller seine erste Pfarrstelle hatte. Die Terrakotta-Büste, nach der die Bronzeabgüsse gefertigt wurden, findet sich übrigens im Ermlandhaus in Münster. Geschaffen wurde sie von der Bildhauerin Erika Maria Wiegand, die am 5. Dezember ihren 80. Geburtstag begehen kann.
Man mag es kaum glauben - so jung und frisch klingt ihre Stimme, wenn man mit der Künstlerin telefoniert. Viel hat sie zu erzählen aus ihrem reichen Leben, von ihrer Heimat in Fischhausen, von Allenstein, wo sie aufwuchs, zur Schule ging und ihr Abitur machte. An der Königsberger Kunstakadmie studierte sie bei Prof. Hans Wissel Bildhauerei. Noch im Krieg heiratete sie den Allensteiner Gerhard Wiegand; drei Kinder wurden geboren. Da blieb nicht viel Zeit für die Kunst. Und doch gelang es Erika Maria Wiegand, alle Anforderungen zu bewältigen.
Nach der Flucht gelangte sie zunächst nach Haldensleben bei Magdeburg, wo sie schon bald erste Aufträge erhielt und Kunstunterricht für junge Lehrer gab. Kassel war schließlich die nächste Station im Leben der Ostpreußin; dort lebt und arbeitet sie noch heute unermüdlich. Mehr als acht Jahre lang gab sie Kurse an der Volkshochschule; sehr wichtig aber war ihr das Arbeiten als freie Künstlerin. - „Beim Schaffen ist man ganz allein“, hat sie einmal gesagt. „Der Künstler muß sich in das darzustellende Geschehen hineinfühlen und versuchen, diese Empfindungen durch den Druck der eigenen Hand dem noch weichen Tonmaterial einzuprägen. Nur so kann das Kunstwerk davon künden, was es ausdrücken und vermitteln soll.“
Viele einfühlsame Arbeiten hat Erika Maria Wiegand, geborene Lindner, im Laufe ihres reichen Lebens geschaffen. Ihre Porträtbüsten, meist sparsam gestaltet, zeigen den Charakter, die Seele des Dargestellten. Und in ihren religiösen Werken gelingt es ihr, das Wesentliche prägnant darzustellen. Beeindruckend zum Beispiel das 3,25 Meter hohe Altarkreuz, das sie für die Kirche „Herz Mariä“ in Kassel-Harleshausen schuf und das durch einen Kreuzweg mit 15 Relieftafeln ergänzt wurde. Ihren tiefen ostdeutschen Humor schließlich kann sie ausleben beim Gestalten von so zauberhaften Plastiken wie der von dem gestiefelten Kater und dem Rumpelstilzchen, Märchengestalten, die sich ebenso in ihrem Œuvre finden wie ein Denkmal für die Gebrüder Grimm in Kassel, eine Porträtbüste von Wilhelm Busch für die Gedenkstätte in Ebergötzen oder eine Büste und eine Statuette der Märchenerzählerin Dorothea Viehmann.
Erika Maria Wiegand ist eine Künstlerin, die es versteht, mit ihren Arbeiten die Herzen der Menschen anzusprechen, ihre Seele zu rühren. Und das ist viel in dieser Zeit.
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