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Schneiderhan folgt Kujat als Generalinspekteur

 
     
 
Nach zwei Jahren an der Spitze der Bundeswehr ist Generalinspekteur Harald Kujat von Verteidigungsminister Rudolf Scharping in Berlin mit einem Großen Zapfenstreich - umrahmt von den lauten Klängen der Fanfare "Star Wars" (Krieg der Sterne) - im Berliner Bendlerblock verabschiedet worden. General Kujat trat am 1. Juli sein neues Amt als Vorsitzender des Militärausschusses der Nato in Brüssel an. Sein Nachfolger an der Seite des Verteidigungsministers
ist General Wolfgang Schneiderhan.

Der Verschleiß der Generalinspekteure an der Spitze der Bundeswehr ist offensichtlich groß. Innerhalb von nur vier Jahren folgte auf den Ostdeutschland General Bagger der General Hans Peter von Kirchbach, der sich durch den Einsatz der Bundeswehr gegen das Hochwasser im Oderbruch 1997 ähnlich verdient gemacht hatte wie 1962 Helmut Schmidt bei der Flut in Hamburg, und dann Harald Kujat, den sich der Minister persönlich ausgesucht hatte und dem er die größte Umstrukturierung der Bundeswehr seit 1955 anvertraut.

Der Fliegergeneral Kujat, dem nun der Heeresgeneral und Truppenführer Wolfgang Schneiderhan folgt, schien dem Minister aus vielen Gründen für das Amt des Generalinspekteurs besonders geeignet. Er verband die in hohen Stabsverwendungen gewonnenen Erfahrungen mit einer besonderen Nähe zur Politik, was Rudolf Scharping für die Reform günstiger erschien als ein Verbleiben des Generals von Kirchbach.

Kujat, der zuweilen etwas grob und westpreußisch dickköpfig erscheint, konnte sich auf das Vertrauen seines Ministers stützen, das bis an die Grenze der Kumpelhaftigkeit ging. Man kannte sich gut, bis der Minister nach einigen kritischen Ausführungen von Kujat bei der letzten Kommandeurtagung im April in Hannover etwas mißtrauisch wurde. Er ließ sich sogar den Mitschnitt der Diskussion von Kujat mit seinen Generalen im Bendlerblock vorspielen.

General Kujat ließ keinen Zweifel an seiner Loyalität gegenüber dem Minister aufkommen. Gleichwohl konnte er vor den Generalskameraden nicht verschweigen, daß die Bundeswehrreform aus Gründen, die die Politik zu vertreten hat, in eine Sackgasse gefahren war. Es mangelt am Geld für die notwendigen Reformen, und Finanzminister Hans Eichel denkt trotz der steigenden Anforderungen an die Armee nicht daran, diesem Mangel abzuhelfen.

Der Generalinspekteur mußte erkennen, daß die von ihm geplante und in Ansatz gebrachte Erneuerung der Bundeswehr "von Grund auf" nicht zu realisieren war. Kujat mußte begreifen, daß die Auslandseinsätze der Bundeswehr seine Vorstellungen, für die Reform eine Investitionsquote von 30 von Hundert zu erreichen, nicht mehr zuließen.

General Kujat realisierte im Frühjahr dieses Jahres, daß er die weit auseinanderklaffende Schere von Auftrag, Mittel und Fähigkeiten der Bundeswehr unter den gegebenen Bedingungen nicht mehr schließen konnte. Er warf nicht das Handtuch, aber das Verhältnis des Soldaten zu seinem Minister war im Frühsommer dieses Jahres doch nicht mehr so wie vor zwei Jahren, als der General für den Minister das Ass war.

Die Harmonie von politischer Führung und militärischem Gehorsam, für die Kujat einst Minister Scharping die Gewähr bot, war zwar noch nicht verschlissen, aber ein Wechsel an der Spitze der Bundeswehr kam beiden, Minister wie Generalinspekteur, wohl nicht ungelegen. Harald Kujat übernimmt den höchsten Dienstposten, den die Nato einem Soldaten anbieten kann. In Brüssel mag er sich nun in seinem komfortablen Chefsessel zurücklehnen, seine "Monte Christo No. 4" genießen und beobachten, wie sein Nachfolger Wolfgang Schneiderhan mit den Problemen, die Kujat erzwungen hinterläßt, fertig wird.

General Schneiderhan ist mehr Truppenführer als ein Mann der Hohen Stäbe. Wenn er zur Politik eine angemessene Distanz hält und loyal seine Pflicht gegenüber unserem Land und unseren Soldaten erfüllt, wird der Wechsel im Kommando für die Truppe von Nutzen sein.

Zur Person: Wolfgang Schneiderhan - Karriere im Eiltempo

General Wolfgang Schneiderhan, dem neuen Generalinspekteur der Bundeswehr, ist, wie seinen Vorgängern, kein Soldat unterstellt. Des Generalinspekteurs Hauptaufgabe ist es, als erster militärischer Berater des Verteidigungsministers und der Bundesregierung tätig zu sein.

General Schneiderhan hat eine für den Dienstposten ausgesprochen günstige Karriere hinter sich. Seine besonderen militärischen Fähigkeiten als Kommandeur auf wichtigen Führungsebenen in Zusammenhang mit Erfahrungen im Stabsdienst und in der Nato lassen ihn für diesen Dienstposten besonders prädestiniert erscheinen. Er ist 1946 in Riedlingen/Donau geboren, trat 1966 in Dornstadt bei Ulm in die Bundeswehr ein und durchlief die Ausbildung zum Panzeroffizier. Drei Jahre war er Kompaniechef in Stetten am Kalten Markt, war danach Teilnehmer am 20. Generalstabslehrgang der Bun-

deswehr an der Führungsakademie in Hamburg und sammelte anschließend seine ersten Erfahrungen im Verteidigungsministerium als Referent im Führungsstab der Streitkräfte. Hier war er für das militärische Nachrichtenwesen zuständig.

Im Wechsel zwischen Truppenverwendungen und herausgehobenem Stabsdienst - er war in seinem alten Verband Kommandeur des Panzerbataillons 553 in Stetten am Kalten Markt - qualifizierte er sich für herausgehobene Verwendungen auf der Ebene der höheren Führung. So war er Chef des Stabes der 4. Panzergrenadierdivision in Regensburg, Stabsoffizier für Rüstungskontrolle im Nato-Hauptquartier in Brüssel und Fachbereichsleiter Führungslehre Heer an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg-Blankenese. 1997 wurde er als Stabsabteilungsleiter "Bundeswehrplanung" im Führungsstab der Streitkräfte nach Bonn geholt, wo er anschließend die Aufgaben des Stabsabteilungsleiters "Militärpolitik und Führung" übernahm. Hier werden in der Regel die künftigen Generalinspekteure "gemacht".

In dieser Dienststellung wurde der General, der keiner politischen Partei angehört, von Minister Scharping "entdeckt", der ihn im Jahr 2000 zum Leiter seines Planungsstabes ernannte. Damit war der Weg für die höchste Verwendung, die die Bundesrepublik einem Militär übertragen kann, vorgezeichnet. 1999 war Schneiderhan noch Generalmajor, ein Jahr später wurde er zum Generalleutnant befördert und am 1. Juli 2002 zum General. Schneller geht es nicht.

Der neue Generalinspekteur ist verheiratet und hat drei Söhne und zwei Töchter. Privat interessieren ihn Zeitgeschichte und Musik. G.H.K.

Neu an der Seite des Ministers: Wolfgang Schneiderhan, Generalinspekteur.
 
     
     
 
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