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Schöne neue Bankenwelt

 
     
 
Du deutsh?" fragt der Geldautomat am Schloßplatz in Warschau in vertraulichem Ton. "Dejtsche Sprache, schwere Sprache", murmle ich vor mich hin, gebe die Geheimnummer ein und die gewünschte Summe.

Es rattert lange, dann schießt das Geld in einer Metallschublade heraus, zugleich blinkt ein rotes "Achtung! Achtung!" auf. Irritiert sehe ich nach oben. Stimmt etwas nicht? "Entfernen Sie sofort das Geld! Sie haben sechs Sekunden Zeit!" Hektisch raffe ich die Scheine an mich, schon ratscht die Lade zurück. Ich atme tief durch. Noch mal Glück gehabt. Das Geld ist da, die Karte auch, und selbst die Finger sind noch alle dran.

Auf meine Schulter legt sich eine Hand. Vor mir stehen zwei Korea
ner: "Money?" fragt mich einer hoffnungsvoll. Ich krampfe meine Hand um die Zlotyscheine, nicke vorsichtig-zweifelnd und halte gleichzeitig nach einem möglichen Fluchtweg Ausschau.

Einer der Koreaner deutet die größte Flanierstraße Warschaus hinunter, wo ein zweiter "bankomaty" steht: "Out of work" zitiert er dessen Blinkanzeige. Mein Nervensystem schaltet auf "Entwarnung". Wieder nicke ich und erkläre das polnische Bankensystem: "Es regnet. Dann gibt es kein Geld."

Meine Gesprächspartner gucken mich verdutzt an, langsam und andächtig wiederholen sie: "Es regnet. Dann gibt es kein Geld."

Immer wenn über Warschau Wolken aufziehen, werfen Einheimische einen sorgenvollen Blick ins Portemonnaie. Manche steuern dann rasch einen der zahlreichen "bankomaty" an, bevor diese wieder mal durch marode Datenleitungen außer Fassung gebracht werden. Denn wenn es regnet, kriegen polnische Geldautomaten die Krise. Und mit ihnen viele Touristen.

Statt des vertrauten Ratatata hören sie ein Ratakrtsch-krtsch, und statt des erwarteten Bargeldes erscheint nicht einmal mehr das Plastikgeld, dafür aber die Mitteilung: "Aus Sicherheitsgründen mußten wir Ihre Kreditkarte einziehen."

Als gelernte Einheimische empfehle ich den Koreanern: "Gehen Sie besser in eine Bank." Aber sie wollen nicht. Entschlossen schiebt einer der beiden seine Karte in den Automaten und liest die englischsprachige Botschaft: "Ihre Bank existiert nicht." "Krieg in Korea?" fragt mich der arme Mann. Beruhigend winke ich ab: "Nein, es regnet bloß."

Am Bahnhof will ein Rucksacktourist das Geld für die Jugendherberge abheben. Entgeistert starrt er auf den Kartenschlitz, aus dem quälend langsam, ruckartig und fiepend die in zwei Teile zerschnittene Kreditkarte herauskommt. Auf dem Bildschirm liest er: "Bitte beehren Sie uns recht bald wieder."

Nur wenige Schritte weiter, in einem Luxushotel, macht eine ele-gant gekleidete US-Amerikanerin einen Satz nach hinten und bricht sich fast das Bein, als der Automat ihr mit menschlicher Stimme zuschreit: "Ich habe keine Geld! Nie mam pieniedzy! No money!"

 
     
     
 
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