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Sudetenland: Schmuck aus Kartoffelteig

 
     
 
Der Name Neugablonz in Bayern steht für Modeschmuck und Glas. Aufgebaut wurde die dortige Industrie von Heimatvertriebenen aus Gablonz an der Neiße (Jablonec nad Nisou) im nordböhmischen Isergebirge.

Das "Isergebirgs-Museum" Neugablonz, das am 1. Juni eröffnet wird, befaßt sich mit diesem besonderen Beispiel eines sudetendeutschen Neuanfangs. Zugleich beleuchtet es seine Vorgeschichte: rund 400 Jahre deutsch geprägte Kultur und Industrie im Isergebirge und ihr abruptes Ende durch die Vertreibung.

Das Isergebirgs-Museum geht aus zwei bereits 1976 vor Ort eingerichteten Sammlungen hervor: dem Gablonzer Heimatmuseum
und dem Neugablonzer Industrie- und Schmuckmuseum. Gemeinsam mit dem Egerland-Museum in Marktredwitz und dem geplanten Sudetendeutschen Museum in München soll es Aufgaben eines "dreiteiligen Landesmuseums der Sudetendeutschen" übernehmen. Getragen von einer eigenen "Stiftung Isergebirgs-Museum" wird es vom Freistaat Bayern institutionell gefördert.

Die Museumsbesucher erwarten fünf Themenräume sowie ein Raum für Sonderausstellungen. Auf ihrem Rundgang werden sie von drei prominenten Zeitzeugen begleitet: Der Schriftsteller Otfried Preußler, der Glasmacher Claus Josef Riedel und der Mundartdichter Heinz Kleinert berichten via Hörstation über eigene Erfahrungen.

Abteilung 1 stellt das Isergebirge vor, das als westlicher Ausläufer des Riesengebirges die natürliche Grenze zwischen Böhmen und der Lausitz bildet. Steinige Böden und ein rauhes Klima erschwerten in dieser reizvollen Mittelgebirgslandschaft Ackerbau und Viehzucht. Handwerk und Industrie fanden dagegen günstige Bedingungen vor.

So entwickelte sich das Isergebirge zu einer der frühesten Industrieregionen Europas. Tuche aus Reichenberg und Friedland und Glas- und Schmuckwaren aus Gablonz waren vom 19. Jahrhundert an weltweit begehrte Exportartikel.

Abteilung 2 befaßt sich mit der Wirtschaftsgeschichte. Ein Tuchwebstuhl aus dem 19. Jahrhundert steht zum Beispiel für die Textilherstellung. Albrecht von Wallenstein, Herzog von Friedland, war es, der den Friedländer Tuchmachern mit Aufträgen für Uniformtuche im Dreißigjährigen Krieg eine erste Hochkonjunktur bescherte. Im 19. Jahrhundert bildete die Region um Reichenberg das Textilzentrum der Donaumonarchie.

Aus dem mit dieser Produktion verbundenen Maschinenbau entwickelten sich Pionierleistungen der Fahrzeugtechnik. Baron Theodor von Liebig, der 1894 von Reichenberg aus die erste Fernfahrt der Automobilgeschichte unternahm, gab 1907 den Anstoß zum Bau der Reichenberger Automobilfabrik. Auch einer der bekanntesten Autokonstrukteure stammt aus dem Isergebirge: Ferdinand Porsche. Ein VW-Käfer von 1954 erinnert an den Erfinder des Volkswagens.

Mit dem Alltag, dem kulturellen und dem gesellschaftlichen Leben im Isergebirge befaßt sich die dritte Abteilung. Sie ist ebenso noch nicht ganz fertig wie der vierte Themenraum zu den historischen Ereignissen der Vertreibung.

Wie aus einem Trümmergelände der florierende Stadtteil Kaufbeuren-Neugablonz wurde, schildert schließlich die Abteilung 5. Schmuckstücke aus den 40er Jahren, hergestellt aus amerikanischen Konservendosen und Glasscherben oder Kartoffelteig, belegen die Findigkeit und den ungebrochenen Unternehmungsgeist der Vertriebenen. Eva Haupt (DOD)

Isergebirgs-Museum, Marktgasse 8, 87600 Kaufbeuren-Neugablonz, Tel.: 08341-965018, www.isergebirgs-museum.de 
 
     
     
 
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