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Nach Jahren der Klagen über eine viel zu geringe Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern gibt es erste Meldungen, die darauf hinweisen, daß der Anteil der über 50jährigen in der Erwerbsbevölkerung angeblich zugenommen hat. Personalchefs großer Unternehmen betonen plötzlich, wie wichtig es sei, auch ältere Beschäftigte im Betrieb zu haben, daß man ihre Erfahrungen schätze und mit Gesundheitsprogrammen, Fitneß-Räumen und gesonderter Weiter-bildung diese Gruppe besonders bedenke.
Tatsächlich ist in Deutschland laut dem europäischen Statistik-amt "Eurostat" der Anteil der 55- bis 64jährigen, die erwerbstätig sind, von 37,9 Prozent im Jahr 1996 auf 41,8 Prozent im Jahr 2004 gestiegen. Doch handelt es sich hier wirklich um eine Trendwende oder sind nur geburtenstarke Jahrgänge über die magische Altersgrenze gerutscht?
Das Nürnberg er "Institut für Ar-beitsmarkt- und Berufsforschung" (IAB) sieht hier mehrere Faktoren zusammenkommen.
Für Dr. Johann Fuchs vom IAB ist der demographische Faktor keineswegs zu unterschätzen. So wird allein aufgrund von starken Geburtsjahrgängen der Anteil der älteren Arbeitnehmer zunehmen. 2020 wird der Höhepunkt aller-dings erreicht sein, da nach dem Geburtsjahrgang 1964 alle folgenden schwächer sind. Da die jetzige mittlere Generation auch als am besten qualifiziert gilt, die Jüngeren also nicht nur in ihrer Anzahl, sondern auch in ihren Fähigkeiten schwächer sind, ist es im Interesse der Arbeitgeber, diese Jahrgänge so lange wie möglich im Betrieb zu halten.
Auch der Staat will aus finanzi-ellen Beweggründen heraus die Menschen länger in Beschäftigungsverhältnissen sehen und hat daher die seit Jahrzehnten falschen Anreize der Frühverrentung so weit gekappt, daß schon jetzt aufgrund zu hoher Abschläge bei ihrer Rente immer weniger Ältere freiwillig den Schritt in den Ruhestand vorverlegen.
Doch obwohl Betriebe immer wieder die Berufserfahrung, das hohe Verantwortungsgefühl und das gute Qualitätsbewußtsein älterer Arbeitnehmer loben, ist Deutschland bei der Beschäfti-gung der 55- bis 64jährigen bei den OECD-Ländern Schlußlicht, denn deren Durchschnitt liegt bei 50,8 Prozent. Die skandinavischen Länder haben mit 70 Prozent in Schweden und 60 Prozent in Dänemark eine noch bessere Erwerbsquote Älterer. Vor allem bei Neuanstellungen steht Deutschland schlecht da, denn nur zwölf Prozent der Personen, die bei einem Arbeitgeber neu anfangen, haben das 50. Lebensjahr überschritten.
Betrachtet man die Betriebe, die ältere Arbeitnehmer beschäftigen, nach ihren Größen, fällt auf, daß vor allem kleine Betriebe wenig ältere Menschen zu ihren Mitarbeitern zählen. Doch auch viele größere Betriebe haben von den staatlich geförderten Vorruhestands-Programmen profitiert, indem sie auf diese Weise sozialverträglich Personal abgebaut haben.
Auffällig ist, daß die Erwerbsquote Älterer bei Männern mit geringer Ausbildung erheblich niedriger ist, als bei gleichaltrigen Männern mit Universitätsabschluß. Dies ist darauf zurückzuführen, daß gering qualifizierte Arbeitskräfte häufig körperlich schwerere Arbeit verrichten und somit früher nicht mehr voll einsatzfähig sind. Auch hat die Technisierung des Ar-beitslebens dazu geführt, daß immer weniger der 55- bis 64jährigen den Anforderungen des Stellenprofils entsprechen, zumal viele Unternehmen gerade bei der Weiterbildung älterer Beschäftigter sparen. Häufig wird einfach davon ausgegangen, daß Menschen ab einem gewissen Alter schlechter lernen und weniger leistungsfähig sind. Zwar haben gerontologische Studien ergeben, daß dies nur ein Vorurteil ist, doch die Personalverantwortlichen lassen sich nicht durch Fakten in ihrem Denken beeinflussen. Viele achten zudem auf ihr Image. Und während in der Bauwirtschaft aufgrund von schwerer Arbeit verständlicherweise der Anteil Älterer nicht so hoch ist, beschäftigt das Kredit- und Versicherungsgewerbe aufgrund einer ausgeprägten Jugendkultur deutlich weniger Ältere. Anders im kündigungssichereren Öffentlichen Dienst, hier ist der Anteil Älterer überproportional, obwohl gerade hier nach Altersgruppen entlohnt wird, somit Ältere teurer sind als Junge.
Auch wenn es positiv zu bewerten ist, daß der Anteil Älterer am Arbeitsmarkt gestiegen ist, so kann noch keineswegs von einer Trendwende gesprochen werden. Die Gründe, die jedoch für ältere Arbeitnehmer sprechen, dürften allein aufgrund äußerer Zwänge wie Nachwuchsmangel und Qualifikationsdefizite bald zu einer Wende auf dem Arbeitsmarkt führen. |
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