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Während sich Mecklenburg traditionell eher gen Westen orientiert, ist das preußisc geprägte Vorpommern geistig wie wirtschaftlich stärker auf den Berliner Raum im Süde sowie Stettin und Hinterpommern im Osten ausgerichtet.
Nach dem Umbruch 1989 erwies sich diese historische Mitgift zusammen mit der große Bedeutung der Landwirtschaft zunächst als eine Bürde für den Wiederaufstieg der durc die Vertreibung (Mecklenburg-Vorpommern hatte nach dem Zweiten Weltkrieg mit 43,3 Prozen den höchsten Flüchtlingsanteil) und die Teilung Pommerns sowieso schon hart getroffene Region zwischen Darß und Usedom.
In der Zeit zwischen 1989 und 1997 brachen hier 80 Prozent der Arbeitsplätze in Industrie und Landwirtschaft weg. Der Greifswalder Geographie-Professor Helmut Klüte stellte im Rahmen einer Tagung der Ostsee-Akademie über "Vorpommern. Zehn Jahre nac der Wende" am 13. Februar fest: "Von einst 200 000 Arbeitsplätzen in de Landwirtschaft sind heute in ganz Mecklenburg-Vorpommern nur noch 17 000 vorhanden."
Zusammen mit dem äußerst strukturschwachen Gebiet der Mecklenburgischen Seenplatt ist das 6764 qm große Vorpommern mit seinen 529 000 Einwohnern heute der ärmst Landstrich in der Bundesrepublik. Die Bruttowertschöpfung liegt bei unter 50 Prozent de nationalen Durchschnitts. Die reale Arbeitslosenquote beläuft sich auf etwa 27 Prozen und ist damit signifikant höher als in Mecklenburg. In manchen Gemeinden hat sie soga die 50-Prozent-Marke übersprungen.
Der florierende Tourismus in den Ostseebädern allein kann hier-an nichts Grundlegende ändern. Wenigstens sorgt er dafür, daß an der Küste die Abwanderung der Arbeitskräft deutlich geringer ausfällt als südlich der Peene . Dennoch wird in eine Bevölkerungsprognose bis zum Jahre 2010 insgesamt ein erheblicher Rückgang de Einwohnerzahl um acht Prozent vorausgesagt.
Ein Grundübel der regionalen Wirtschaftsentwicklung ist die miserable Infrastruktur Städte wie Stralsund, Greifswald, Bergen, Wolgast oder Anklam liegen zwischen 60 und 9 Kilometer von der nächsten Autobahnanschlußstelle entfernt. Die Kosten für de Straßenbau in der stark zergliederten Küstenregion sind immens. Hinzu kommt, daß jede vierte Bürger auf einer Insel wohnt.
Dennoch: Die Zeit läuft für Vorpommern, und die ökonomische Talsohle dürft mittlerweile durchschritten sein. Die Perspektive ist klar: Aus der "Not" de Randlage im äußersten Nordosten der Republik gilt es einen Standortvorteil zu machen Das heißt, daß sich Vorpommern im Zuge des immer intensiveren Handels mit der Republi Polen und den baltischen Staaten an die Spitze der Entwicklung stellen muß.
Erste Schritte sind mit dem Ausbau des für die Verbindungen ins Baltikum wichtige Hafens Saßnitz-Mukran auf Rügen sowie der vorpommerschen Wünschen entgegenkommende Streckenführung der neuen A 20 samt Anschluß an die A 10 Prenzlau-Berlin bereits geta worden. Diskutiert wird ferner über eine Verbesserung der Schienenanbindung zwische Berlin und Usedom, wobei auch ein Ausbau bis Swinemünde möglich erscheint.
Der vorpommersche Protest gegen Benachteiligungen und die weitgehend Machtkonzentration im mecklenburgischen Landesteil hat dazu beigetragen, daß die jetzig SPD-Regierung unter Ministerpräsident Ringstorff spezielle Strukturhilfen für Vorpommer gutheißt. Wie die "Pommersche Zeitung" berichtete, war eine solche regional Sonderförderung unter Ringstorffs Amtsvorgänger Seite stets abgelehnt worden.
Anfang Februar hob der Mecklenburger Ringstorff in Greifswald bei einem Zusammentreffe mit vorpommerschen Arbeitgebern, Gewerkschaftern und dem Rektor der örtliche Ernst-Moritz-Arndt-Universität eine Arbeitsgruppe "Regionale Entwicklun Vorpommern" aus der Taufe. Diese gliedert sich in sechs Projektgruppen zu de Bereichen regionales Marketing, Uni/Fachschule, Vorpommernbahn, Energiestandort Lubmin touristische Infrastrukturmaßnahmen und eigene Präsenz im Internet.
Optimisten sehen in der Schaffung der Arbeitsgruppe bereits eine erste wichtige Antwor auf die Kritik an der Verwaltungsmisere, die Professor Klüter auf der Tagung de Ostsee-Akademie wie folgt bilanzierte: "Der Geburtsfehler des Landes, der Verzich auf eine starke, kompetente, aktive mittlere Ebene, müßte korrigiert werden. Die könnte mit der Einrichtung eines Regierungspräsidiums oder eines Landschaftsverbande geschehen." Letzteres sei durch den Artikel 75 der Verfassung vom 14. Mai 1993 in Anlehnung an die Vorbilder Preußen und Nordrhein-Westfalen rechtlich abgesichert.
Die Beschwerdeliste der vorpommerschen Bürgermeister und Landräte, die bis auf die Ausnahme einer parteilosen Landrätin auf Rügen ausschließlich der oppositionellen CD angehören, ist lang: Man wehrt sich gegen die Zuweisung des südlichen Vorpommerns an die Industrie- und Handelskammer im mecklenburgischen Neubrandenburg sowie den Anschluß de Nordens an die IHK in Rostock. Unbeliebt ist auch die bei der Kreisreform von 199 vorgenommene Koppelung des vorpommerschen Demmin mit dem mecklenburgischen Malchin zu einem gemeinsamen Landkreis sowie der ähnlich gelagerte Zusammenschluß von Dammgarte und Ribnitz.
Das Eigenbewußtsein der Pommern findet seinen Ausdruck nicht zuletzt in dem in November 1998 offiziell begonnenen Bau des Pommerschen Landesmuseums in Greifswald (s. O 49/98, S. 6) und der bereits 1992 entstandenen "Kommunalgemeinschaft Pomerania e V.". Dieser gehören die Hansestädte Stralsund und Greifswald sowie die Landkreis Rügen, Nordvorpommern, Ostvorpommern, Uecker-Randow, Uckermark und Barnim an. Im Lauf dieses Jahres soll außerdem die südschwedische Region Skane in die Kommunalgemeinschaf aufgenommen werden. Neben dem Hauptsitz in Löcknitz unterhält die "Pomerania e V." weitere Beratungszentren in Pasewalk, Wolgast und Schwedt.
Hinsichtlich jenes ostpommerschen Landesteils, der 1945 der polnischen Verwaltun übergeben wurde und den bis 1950 insgesamt knapp 1,5 Millionen Deutsche verlasse mußten, ist die jüngst erfolgte Abschaffung der ahistorischen Aufteilung unter die Wojewodschaften Stettin, Köslin, Danzig und Posen bemerkenswert. Seit der am 1. Januar in Kraft getretenen Regionalreform gibt es statt dessen eine Wojewodschaf "Westpommern" sowie eine Wojewodschaft "Pommern". Da Regionalbewußtsein wird dadurch ähnlich wie in Schlesien weiter gestärkt
Die bundesdeutsche "Pomerania" hat in einem gleichnamigen Zusammenschluß de Gemeinden der Wojewodschaft "Westpommern" ein polnisches Gegenstück gefunden Zusammen mit der Stadt Stettin bilden die beiden Kommunalverbände seit 1995 die von de EU sowie von Bund und Land geförderte "Euroregion Pomerania", die sich vo allem für eine bessere Infrastruktur einsetzt.
Im Kulturbereich gibt es beispielsweise die bildungspolitische Kooperation in Form de Deutsch-Polnischen Gymnasiums in Löcknitz sowie der Deutsch-Polnischen Gesamtschule in vorpommerschen Gartz an der Oder, das heute allerdings Teil des Bundeslandes Brandenbur ist. Beide Schulen erfreuen sich unter polnischen Kindern aus den grenznahen Gebiete großer Beliebtheit, da sich hier eine gute Möglichkeit zum Erlernen der deutsche Sprache bietet und das deutsche Abitur abgelegt werden kann.
Deutlichen Nachholbedarf gibt es allerdings noch in bezug auf da Geschichtsbewußtsein. In den öffentlichen Verlautbarungen der Deutsch-Polnischen Schule wird bedingt auch durch die Praxis in der DDR die Verwendung de historischen deutschen Ortsnamen für die Nachbarregion jenseits der Staatsgrenz peinlichst vermieden
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