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Trittin oder Tritt ihn nicht das ist nun, frei nach Shakespeare, endlich auch für Gerhard Schröder eine ernsthafte Frage. Bis vor wenigen Tagen war ein Rücktritt Trittins für den Kanzler überhaupt kein Thema; er stand in Nibelungentreue fest zu seinem Minister für Umwelt (oder für geistige Umweltverschmutzung?). Immerhin benötigte er "nur" eine knappe Woche, um sich vom jüngsten Tiefpunkt Trittinscher "Streitkultur" behutsam zu distanzieren.
Nach allem, was dieser Minister sich allein in den letzten Wochen geleistet hat und was in dieser Zeit alles über seine extremistische Vergangenheit in Erinnerung gerufen wurde (nichts Neues, alles längst bekannt!), wäre ein Politiker in einer Demokratie mit normalen Moralmaßstäben längst zurückgetreten beziehungsweise "zurückgetreten worden". So aber konnte Trittin bislang die eher halbherzig vorgetragenen Attacken der Opposition abwehren, mit einem Maß an Arroganz, wie man es im Deutschen Bundestag noch nicht erlebt hat.
Was mag Trittins Chef nur bewogen haben, einen dermaßen unsäglichen Mitarbeiter so lange an seinem Kabinettstisch zu dulden? Es kann, bei Abwägung aller denkbaren Motive, nur Machtkalkül sein.
Schröder weiß, nicht zuletzt aufgrund früherer Erfahrungen in Niedersachsen, daß Trittin gerade deshalb gefährlich ist, weil er hohe Intelligenz verbindet mit eiskalter Skrupellosigkeit und blankem Haß auf jeden, der nicht in sein ideologisches Schema paßt. Seine politische Herkunft deutet zudem darauf hin, daß er sein Handeln stets an langfristigen strategischen Entwürfen orientiert und klare Ziele verfolgt, die er auch dann nicht aufgibt, wenn er kurzfristig strategische Rückzieher macht.
Zugleich weiß Schröder aber auch, daß er Trittin braucht. Zumindest bis die beiden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg vorüber sind, wo die links-alternative Klientel im rot-grünen Sinne bei Laune gehalten werden muß. Und erst recht bis nach den nächsten Castor-Transporten. Trittin, der jahrelang zu den erbittertsten ideologischen Gegnern jeder Nutzung von Atomkraft zählte und bei vielen Aktionen an vorderster Front stand (nicht nur bei sogenannten "gewaltfreien"), muß nun die politische Verantwortung für diese Transporte übernehmen. Natürlich ist er intelligent genug, um das tatsächliche Gefahrenpotential einschätzen zu können. Es bewegt sich nahe null, und alles, was Trittin in der Vergangenheit an Katastrophenängsten verbreitet hat, tat er wider besseres Wissen. Nun, als zuständiger Fachminister, mußte er den wenig überzeugenden Frontwechsel vollziehen, was ihm der harte Kern der ideologischen Atomkraftgegner wohl nie mehr verzeihen wird.
Offenbar gehört auch das zu Schröders Kalkül: Trittin soll so- lange wie möglich den linken Fundi-Flügel ruhigstellen. Wenn er schließlich auch in Sachen Castor seine Schuldigkeit getan hat, kann er gehen. Zu fürchten ist er dann nicht mehr: Er wird auch im ultralinken Lager kaum noch Freunde haben. Und der Rest der grünen Stammwählerschaft läßt sich auch ohne Trittin leicht bei Laune halten: Man muß eben an den Schalthebeln der Macht sitzen, dann kann man der eigenen Kundschaft den Staat als Selbstbedienungsladen präsentieren, an dessen Kassen man sogar noch Geld herausbekommt. Die Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren auf allen Ebenen von den Kommunen bis hin zum Bund mit den unglaublichsten "alternativen Projekten", mit durch "Staatsknete" finanzierten Selbstverwirklichungen und Aktionen (in aller Regel "gegen Rechts") machten, bestätigen, wie gut diese politisch verbrämte Abzocker-Mentalität inzwischen funktioniert. Ob mit oder ohne Trittin Hauptsache, die Kasse stimmt! Auch das gehört zur politisch korrekten 68er-Moral.
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